Q-Verträge und Inventarerhebung

Spielregeln in letzter Minute geändert

FMH
Ausgabe
2022/17
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.20740
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(17):533

Affiliations
Dr. med., Vizepräsident der FMH, Departementsverantwortlicher Daten, Demographie und Qualität

Publiziert am 26.04.2022

Vor vier Jahren hat die Schweizer Nationalmannschaft das Finalspiel der Eishockey-WM äusserst knapp ver­loren. Dementsprechend gross war die Enttäuschung, aber etwas später auch der Stolz auf das Erreichte.
Bezüglich der Verhandlungen des Qualitätsvertrags ­gemäss Art. 58a KVG müssen wir nach Ablauf der vom Gesetzgeber definierten Frist nun feststellen, dass wir das Ziel einer fristgerechten gemeinsamen Einreichung des Qualitätsvertrags zusammen mit unseren Vertragspartnern der Versichererverbände nicht erreichen können. Nach intensiven Verhandlungen, in welchen die Verhandlungsdelegationen Lösungen gefunden haben, die mit einer deutlichen Annahme der FMH-Delegiertenversammlung bestätigt wurden, wurde das Resultat dann leider von den Versichererverbänden ­abgelehnt. Dieser Schiffbruch in letzter Minute unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt vom eingangs genannten Beispiel: In letzter Minute wurden nämlich vom Bundesrat die Spielregeln geändert! Nachdem die Ressourcenfrage wiederholte Male auch gegenüber dem BAG als ungelöste Heraus­forderung thematisiert wurde, konnten in den ­Verhandlungen mit den Versichererverbänden Lösungen aufgezeigt werden. Mit grosser Befremdung mussten wir allerdings am 11. März 2022 zur Kenntnis nehmen, dass sich die durch die Qualitätsstrategie vorgegebenen Spielregeln, durch das BAG initiiert und durch den Bundesrat verabschiedet, rund zwei Wochen vor Ablauf der Frist zur Eingabe dermassen geändert haben, dass dadurch ein Abschluss der Vertragsverhandlungen bzw. eine fristgerechte Einreichung des Vertrags beim Bundesrat verunmöglicht respektive massgeblich verzögert wurde. Dies betrifft primär die Formulierung in Kapitel 4 auf Seite 19 der bundesrät­lichen Qualitätsstrategie (www.bag.admin.ch/bag/de/home/strategie-und-politik/nationale-gesundheitsstrategien/qualitaetsstrategie-krankenversicherung.html), welche wie folgt lautet und aus Sicht der FMH wie auch zahlreicher weiterer Leistungserbringerverbände ersatzlos gestrichen werden soll: «Damit Leistungen von der OKP vergütet werden, wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt, dass diese die notwendige Qualität aufweisen. Die notwendige Qualität schliesst auch die Qualitätsentwicklung ein. Die Qualitäts­entwicklung ist somit bereits Teil der durch die OKP ver­güteten Leistungen. Eine zusätzliche Finanzierung von Qualitätsmassnahmen auf der Meso- und Mikroebene ist damit nicht vorgesehen.» Diese Passage war so in den bisherigen Versionen der Qua­litätsstrategie nicht enthalten und verändert die Rahmenbedingungen erheblich. Und dies in einer inhalt­lichen Art und Weise, die für die FMH schlicht nicht nachvollziehbar ist. Wenn behauptet wird, dass die Qualitätsentwicklung bereits Teil der durch die OKP vergüteten Leistungen ist, und damit die Finanzierung von entsprechenden Qualitätsmassnahmen nicht vorgesehen wird, so ist dies nicht korrekt, ausser der ­Gesetzgeber hätte ohne Notwendigkeit und Inhalt legiferiert. Auf Seite 18 des Kapitels 4 wird festgehalten: «Die Leistungserbringer tragen auf der Mikroebene die Verantwortung für die Durchführung einer qualitativ hochstehenden Leistung. Gleichzeitig werden sie durch die neuen Bestimmungen zur Qualitätsentwicklung ebenfalls stärker in die Pflicht genommen.» Neu geforderte Massnahmen und Verpflichtungen auf Basis eines neuen gesetzlichen Artikels können unmöglich im bereits seit Jahren bestehenden Tarif (bzw. in den Krankenpflege-Leistungsverordnung[KLV]-Beiträgen) abgebildet und eingepreist sein. Die Leistungserbringerverbände bestreiten in keiner Art und Weise, dass die Qualität der erbrachten Leistungen geschuldet ist. Die Umsetzung der Qualitätsverträge generiert jedoch bei den ­einzelnen Leistungserbringern (Mikroebene) wie auch bei deren Verbänden (Mesoebene) erhebliche Mehraufwände, sowohl inhaltlich wie auch administrativ, welche zusätzlich vergütet werden müssen, wenn die Ziele des Bundesrates erreicht werden sollen.
Die reichhaltigen Qualitätsaktivitäten der Organisa­tionen der FMH finden Sie, sehr verehrte Leserinnen und Leser, in dieser Ausgabe der Schweizerischen Ärztezeitung ausgewiesen. Die FMH setzt sich damit für sinnbildende Lösungen ein und zählt auf den Realitätssinn der Politik, diese mit tragbaren Rahmenbedingungen auch für eine Umsetzung möglich zu machen. Damit wir wieder im Spiel sind und irgendwann ­einmal auch hier über das schliesslich gemeinsam ­Erreichte stolz sein können!