Als die Swiss Federation of Clinical Neuro-Societies (SFCNS) vor sieben Jahren gegründet wurde, war eines der Hauptanliegen, nicht nur der zunehmenden Fragmentierung innerhalb der klinischen Neurowissenschaften entgegenzuwirken, sondern die Interaktion unter den proliferierenden Teilgebieten der modernen klinischen Neurowissenschaft zu stärken. Man wollte klinischen Neurowissenschaftlern die Möglichkeit geben, sich vermehrt über gemeinsame Interessen auszutauschen, ohne dabei der nötigen Spezialisierung im Weg zu stehen. Interdisziplinärer Austausch steckt der SFCNS also im Blut. Schon alleine aus diesem Grund fühlt sich die Föderation in der Verantwortung, regelmässig einen Kongress durchzuführen, an dem ein solches Zusammenkommen möglich ist. Vom 28. bis 30. September 2016 fand deshalb zum dritten Mal der SFCNS-Kongress in Basel statt, wo bereits die erste der drei bisherigen Tagungen organisiert wurde.
Wachsendes Themenspektrum
Rund 670 Fachleute aus dem Gesamtgebiet der klinischen Neurowissenschaften und Interessierte haben Ende September an diesem alle drei Jahre stattfindenden Kongress teilgenommen. Seit der ersten Durchführung des Kongresses im Jahr 2010 ist das Themenspektrum kontinuierlich gewachsen. Für den Präsidenten der SFCNS, Anton Valavanis aus Zürich, widerspiegelte das diesjährige Kongressprogramm, zusammengestellt durch das wissenschaftliche Komitee unter der Leitung von Claudio Bassetti aus Bern, durchaus die Vielseitigkeit der SFCNS, in der insgesamt 14 neurowissenschaftliche Gesellschaften zusammengeschlossen sind. Neben medizinischen Schwerpunktthemen wie Neurogenetik, Schlaf und Epilepsie, Neuroimmunologie, Neuroonkologie, Schlaganfall und Schmerz ging es in teilweise sechs parallel stattfindenden Veranstaltungen auch in diesem Jahr darum, zu diskutieren, wie die fachliche, aber auch gesundheits- und standespolitische Zukunft der klinischen Neurowissenschaften in der Schweiz aussehen könnte oder sollte.
In seiner letzten Eröffnungsrede präsentierte Anton Valavanis, der an der Generalversammlung der SFCNS als Präsident der Gesellschaft von Karl Schaller aus Genf abgelöst wurde, eine Vorschau auf ebendiese Zukunft, indem er aktuelle und kommende Projekte der Föderation vorstellte.
Common Trunks: Sammelbecken klinischer Neurodisziplinen
Eines der grossen Vorhaben der SFCNS, das ganz in der interdisziplinären Tradition der Föderation als Vermittlerin steht, ist die Einführung eines sogenannten Common Trunks in der klinisch-neurowissenschaftlichen Weiterbildung. So sollen junge Neurowissenschaftler in der Schweiz bereits zu Beginn ihrer Weiterbildung mit den zahlreichen Subdisziplinen der klinischen Neurowissenschaften in Berührung kommen. Von Neurologie über Neuroradiologie und Neurochirurgie bis hin zu Neuropädiatrie, alle klinischen Neurodisziplinen sollen in diesem Common Trunk in geeigneter Form vertreten sein. Ziel ist es, die besten Fachkräfte weiterzubilden. «Es ist klar, dass erst die zukünftigen Generationen klinischer Neurowissenschaftler von diesem Angebot profitieren werden, doch es ist unsere Aufgabe, das Fundament für ein solches Projekt zu legen», betont Anton Valavanis.
Ein weiterer Schritt zur effizienten Nachwuchsförderung ist die Gründung einer Federation for Young Clinical Neuroscientists, in der sich die heranwachsende Generation klinischer Neurowissenschaftler austauschen kann. Arseny Sokolov aus Lausanne, amtierender Präsident der Swiss Association of Young Neurologists (SAYN), übernimmt den Vorsitz dieses Netzwerks. Die im August des kommenden Jahres an der Universität Zürich zum ersten Mal stattfindende Summer School der SFCNS soll einen Austausch zusätzlich fördern. Dabei werden Themen wie Neuroimmunologie, neurovaskuläre Erkrankungen, Neurodegeneration und Neuroonkologie im Zentrum stehen.
Ein Projekt, das die SFCNS ebenfalls bald lanciert, ist das Online Journal Clinical and Translational Neuroscience, das von zahlreichen Schweizer Neurozentren, von Neurogesellschaften wie auch von einigen Stiftungen sowie Partnern aus der Industrie unterstützt wird. Dieses neue und kostenlose Journal, das jährlich in vier bis sechs Ausgaben erscheinen soll, richtet sich an alle Akteure der klinischen Neurowissenschaften.
Mehr gesundheitspolitische Anerkennung für Neuroradiologie
Mit den Jahren ist aus einer eher kontemplativen klinischen Neurowissenschaft eine geworden, in der Notfälle wie intrakranielle Blutungen und Hirnschläge häufig den Alltag in einer Klinik bestimmen. Die SFCNS hat schon 2011 das Mandat erhalten, die Zertifizierungsprozesse für hochspezialisierte Hirnschlag-Kompetenzzentren, sogenannte Stroke Centers und Stroke Units, zu koordinieren. Eine eigens hierfür entwickelte Taskforce der SFCNS widmet sich nun künftig ausschliesslich der Neuro-Intensiv-Medizin. Auch diese Arbeitsgruppe wird – ganz im Stil der SFCNS – von Grund auf interdisziplinär angelegt sein.
Es ist schon seit geraumer Zeit eine der Hauptbestrebungen der SFCNS, der Neuroradiologie, einer der Kerndisziplinen der klinischen Neurowissenschaften und einer der Gründerdisziplinen der Föderation, zu mehr gesundheitspolitischer Anerkennung zu verhelfen. Dass die Neuroradiologie als Fach mit steigender Bedeutung und unbestritten hohem Stellenwert auch heute noch über keinen eigenen Facharzttitel verfügt, ist nicht zeitgemäss und entsprechend unbefriedigend. Die SFCNS will sich in der kommenden Zeit noch stärker dafür einsetzen, dass schon bald die ersten jungen Neuroradiologinnen und -radiologen Facharztprüfungen in dieser etablierten und für den Nachwuchs attraktiven Neurodisziplin absolvieren können.
Korrespondenz
Swiss Federation of Clinical Neuro-Societies (SFCNS) c/o IMK Institut für Medizin und Kommunikation AG Münsterberg 1 CH-4001 Basel sfcns[at]imk.ch