Wann die Grippe kommt…wehe dann!

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2017/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2017.05320
Schweiz Ärzteztg. 2017;98(03):64

Publiziert am 17.01.2017

Wann die Grippe kommt … 
wehe dann!

In der Gesundheitssendung Puls vom 17. Oktober 2016 wurde ausgeführt, wann der ideale Zeitpunkt für die Grippeimpfung sei, nämlich zwischen Mitte und Ende November, da die Grippeviren in den ersten 4 Monaten des ­Jahres anrücken und ihr Unwesen treiben würden und der Aufbau des Impfschutzes 
2 bis 4 Wochen beansprucht.
Die Patienten schauen solche Gesundheitssendungen und kommen dann teils vollkommen verunsichert in die Praxis mit der Feststellung, sie seien zu früh, nämlich schon im Oktober, geimpft worden.
Wir pflegen dann jeweils zu antworten, dass die Experten, die in Puls auftreten und auch das BAG, in dessen Geschäftsleitung genau null Ärzte residieren, keine Hellseher seien. Grippeviren kommen mit der Kälte und da haben ja schon die Meteorologen ihre liebe Mühe, die Prognosen über 5 Tage hinaus sicher zu machen.
Wir impfen seit Beginn unserer Praxistätigkeit jedes Jahr Hunderte von Patienten, beginnen im Oktober, da es aus rein logistischen Gründen ja vollkommen unmöglich ist, alle Impfungen in einem Zeitfenster von 14 Tagen zu bewerkstelligen und wir haben damit durchaus gute Erfahrungen gemacht. Zugegeben, Impfversager hat es immer gegeben, aber ein zeitlicher Zusammenhang mit der Verabreichung der Grippeimpfung ist schlicht nicht gesichert und war für uns nie evident.
Der nationale «Grippeimpftag», an dem man sich in vielen Praxen ohne Voranmeldung impfen lassen konnte, war am 11. November angesetzt. Ganz entgegen den Erwartungen ist die Grippewelle nun schon im Dezember des vergangenen Jahres gekommen und vielleicht haben sich ja nun auch Menschen zu spät impfen lassen. Rasch wurde die Schwelle überschritten, ab welcher man von einer ­Grippeepidemie spricht, was dafür sprechen könnte. Natürlich spielt auch eine Rolle, dass sich viele Menschen gar nicht impfen lassen. Es gibt ja kaum ein anderes Thema in der ­Medizin, in dem die Diskrepanz zwischen wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen und Aberglauben grösser sein könnte.
Wie dem auch sei, Botschaften der Sendungen zum Thema Gesundheit werden von den ­Zuschauern, unseren potentiellen Patienten, eins zu eins genommen und verunsichern oft die Betroffenen mehr, als dass sie aufklären.
Deshalb könnte es möglicherweise von Nutzen sein, wenn die Macher solcher Gesundheitssendungen nicht einfach einen Apo­theker und einen Mikrobiologen zu Wort kommen lassen, sondern erfahrene Praktiker, die viele Jahre Impferfahrungen überblicken.