SwissDRG 7.0

SwissDRG Version 7.0

FMH
Ausgabe
2017/3031
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2017.05701
Schweiz Ärzteztg. 2017;98(3031):935–936

Affiliations
Leiterin Abteilung Stationäre Versorgung und Tarife

Publiziert am 26.07.2017

Mit der SwissDRG-Version 7.0 hat die SwissDRG AG wiederum zahlreiche nützliche Umbauten vorgenommen. Um ein mögliches Eingreifen des Bundesrates zu vermeiden, ist für künftige Versionen jedoch die Erarbeitung einer Gesamtstrategie mit klaren Zielen wichtig. Zudem muss neben der ökonomischen vor allem auch die medizinische Homogenität von DRGs beachtet werden.
Der Bundesrat kam bei seiner Analyse der letzten beiden SwissDRG-Versionen jeweils zum Schluss, dass die Tarifstruktur weiterhin nicht ausreichend differenziert sei. Er forderte deshalb eine Strategie und einen Aktionsplan, «um entweder die Tarifstruktur soweit zu differenzieren, dass eine einheitliche Baserate möglich wird, oder aber um unterschiedliche Baserates geordnet anwenden zu können».1 Zur Verbesserung der Tarifstruktur hat die SwissDRG AG deshalb letztes Jahr einen Aktionsplan erarbeitet, welcher einen «Richtwert für einen Korridor der kalkulatorischen Durchschnittsfallkosten von +/–5%» vorsieht.2 Dieses Ziel will die SwissDRG AG bis Ende 2019 erreichen. Kritisch äusserte sich daraufhin der Bundesrat, da unklar sei, wie die SwissDRG AG dieses Ziel erreichen wolle. Bei fehlender Einigung der Tarifpartner empfiehlt der Bundesrat, die Tarifstruktur SwissDRG mittels der Spitalklassifizierung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) differenziert anzuwenden.3 Aus Sicht der FMH gilt es zu vermeiden, dass dieses komplexe Modell des BAG zur Anwendung kommt und den Tarifpartnern das Heft aus der Hand genommen wird. Inwieweit die SwissDRG AG dem Ziel eines «Richtwerts für einen Korridor der kalkulatorischen Durchschnittsfallkosten von +/–5%» mit der SwissDRG-Version 7.0 näher gekommen ist, bleibt offen.
Die detaillierte Analyse zur SwissDRG-Version 7.0 finden Sie in der FMH-Stellungnahme: www.fmh.ch → Stationäre Tarife →  ­Positionen → Stellungnahmen.

Gesamtstrategie und transparente ­Dokumentation notwendig

Unklar bleibt auch mit der SwissDRG-Version 7.0, welche Entwicklungsrichtung die SwissDRG AG insgesamt verfolgt und wie die verschiedenen Umbauten in einem Gesamtkontext zu sehen sind. Deshalb ist die SwissDRG AG nun gefordert, unter Einbezug ihrer Partner eine Gesamtstrategie mit klaren Zielen zu erarbeiten. Diese soll unter anderem auch aufzeigen, mit welchen Massnahmen die SwissDRG AG das Ziel eines «Richtwerts für einen Korridor der kalkulatorischen Durchschnittsfallkosten von +/-5%» erreichen möchte. Eine klare Entwicklungsstrategie und eine transparente, übersichtliche Dokumentation durchgeführter Arbeiten und (nicht) erreichter Entwicklungsziele wären für die Anwender hilfreich.

Zahlreiche nützliche Umbauten 
und mehr Zusatzentgelte

Die SwissDRG AG hat erneut diverse hilfreiche Umbauten vorgenommen. Dabei wurden 72 DRGs gelöscht und 75 DRGs neu aufgenommen. Insgesamt weist die SwissDRG-Version 7.0 nun 1041 DRGs auf. Positiv ist, dass sich die SwissDRG AG bei den Anpassungen nicht nur auf die Ebene der einzelnen DRGs beschränkte, sondern den Kontext der gesamten MDC4 mit einbezog. Die SwissDRG AG hat bei fast allen MDCs Anpassungen vorgenommen.
Allerdings sollten Umbauten aus Sicht der FMH nicht aufgrund geringfügiger statistischer Schwankungen vorgenommen werden. Denn solche führen dazu, dass Änderungen im Folgejahr je nach Datenlage wieder rückgängig gemacht werden müssen. Es entstehen häufige Schwankungen beispielsweise bei den Kostengewichten, die vermeidbar wären. Hier wäre eine noch­malige Erhöhung der Anforderungen an die Datenqualität hilfreich. Positiv ist, dass die SwissDRG AG für die Kalkulation einiger fallzahlschwacher DRGs die Daten mehrerer Jahre miteinbezieht: Dieses Vorgehen könnte die SwissDRG AG auch für DRGs mit häufigen Schwankungen der Kostengewichte prüfen.
Erfreulich ist zudem, dass die Anzahl der Zusatzentgelte für teure Medikamente, Blutprodukte und Verfahren auf insgesamt 93 anstieg. Diese tragen zu einer sachgerechten Vergütung bei, ohne dass die Gesamtkosten steigen.

Auf medizinische Nachvollziehbarkeit achten

Werden DRGs umgebaut, sollen neben ökonomischen Gesichtspunkten auch medizinische Kriterien ein­fliessen. Zwar berücksichtigt die SwissDRG AG teilweise medizinische Aspekte: So werden beispielsweise bei den Umbauten der MDC 05, Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems, medizinisch vergleichbare Eingriffe sinnvoll und übersichtlich zusammengefasst.5 Aber es gibt auch Beispiele, bei welchen die medizinische Sachlogik ausser Acht gelassen wurde: Bei diesen waren vergleichbare Kosten und Verweildauern die alleinigen Gründe für einen DRG-Umbau.6 Für zukünftige SwissDRG-Versionen empfiehlt die FMH, nicht nur auf die ökonomische, sondern auch auf die medizinische Homogenität der DRGs zu achten.

Abbildung der Hochdefizitfälle ­weiter ­verbessern

Im vergangenen Jahr hat der Verwaltungsrat der SwissDRG AG entschieden, teure und hochdefizitäre Behandlungen innerhalb des SwissDRG-Systems durch Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung abzu­bilden. Den Fokus legte die SwissDRG AG für die ­SwissDRG-Version 7.0 auf die Abbildung von IPS- und IMCU-Fällen, von mehrzeitigen Eingriffen sowie von aufwändigen Behandlungen. Sie verwendete für ihre Auswertung Fälle mit einem Defizit >40 000 CHF und berücksichtigte das Gesamtkostenvolumen des jeweiligen Falls richtigerweise nicht. Sowohl die Anzahl der Hochdefizitfälle aller Spitäler insgesamt als auch das daraus resultierende Defizitvolumen sind rückläufig. Dieses gesamte Defizitvolumen aller Spitäler sank von SwissDRG Version 5.0 zu SwissDRG-Version 7.0 um knapp einen Viertel. Betrachtet man die Hochdefizitfälle der Universitätsspitäler gesondert, dann ist das Defizitvolumen im selben Zeitraum ebenfalls um einen Viertel gesunken, beträgt aber trotzdem noch rund 100 Mio. CHF. Auch bei anderen Spitalkategorien ist das Problem nach wie vor ungelöst. Deshalb gilt es, die sachgerechte Abbildung der Hochdefizitfälle weiter voranzutreiben.

Fazit und Empfehlungen 
für künftige Versionen

Mit ihren zahlreichen Umbauten konnte die SwissDRG AG die Tarifstruktur SwissDRG weiter verbessern. Dabei waren Kosten und Verweildauer häufig Treiber der Anpassungen. Medizinische Aspekte rückten bedauerlicherweise in den Hintergrund. Diese gilt es für künftige Versionen wieder vermehrt zu beachten.
Offen ist, welches Gesamtkonzept die SwissDRG AG bei ihren Umbauten verfolgte. Zwar erarbeitete die SwissDRG AG letztes Jahr auf Druck des Bundesrates einen kurzen Aktionsplan. In diesem legte sie den «Richtwert für einen Korridor der kalkulatorischen Durch-schnittsfallkosten von +/–5%» fest. Mit welchen Massnahmen die SwissDRG AG dieses Ziel bis Ende 2019 erreichen möchte, ist hingegen unklar. Die FMH empfiehlt deshalb, dass die SwissDRG AG unter Einbezug ihrer Partner eine Gesamtstrategie mit klaren Zielen erarbeitet, in welcher auch dieses Ziel berücksichtigt und die vorgesehenen Massnahmen aufgezeigt werden. Zudem sollte die SwissDRG AG regelmässig darlegen, inwieweit sie bzgl. der Zielerreichung auf Kurs ist. Es besteht klarer Handlungsbedarf, um ein allfälliges Eingreifen des Bundesrats auch im stationären Sektor zu vermeiden.
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