Leserbriefe zur Anpassung des TARMED

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2017/23
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2017.05745
Schweiz Ärzteztg. 2017;98(23):720

Publiziert am 07.06.2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen
Nachfolgend finden Sie in verschiedenen Leserbriefen ein wahres Potpourri von offenen Fragen, Meinungen, Interpretationen, aber auch Vorwürfen und Gegenvorschlägen zum vielfach kommentierten und kritisierten Vorschlag des Bundesrates zur Anpassung des TARMED-Tarifs 1.08_BR (Tarifeingriff) per 1.1.2018.
Eines ist sicher. Alle Voten in diesen Leserbriefen drücken unisono die tiefe Sorge aus, dass durch diesen Tarifeingriff unser unbestritten gutfunktionierendes Gesundheitswesen durch diesen rein politischen Eingriff enormen Schaden nehmen wird. Diese Sorge teilen wir, und sie ist aus Sicht der FMH auch sehr ernst zu nehmen. Entgegen der landläufigen Meinung, dass hier nur persönliche Gewinnorientierung und Eigennutz im Vordergrund stehen, zeigen die Beiträge klar, dass ein solcher Tarifeingriff viel weitergehende Auswirkungen auf unser Gesundheitswesen hätte. Das Departement Ambulante Versorgung und Tarife hat in den letzten Wochen den Tarifeingriff und dessen Auswirkungen akribisch analysiert und aufgearbeitet. Wir kommen zum Schluss, dass dieser Tarifeingriff weder sach­gerecht noch betriebswirtschaftlich ist, wie dies eigentlich das Gesetz fordert.
Der Tarifeingriff dient einzig und allein einer einseitigen Kostensenkung. Insbesondere kommt es bei vielen Massnahmen zu einer überproportionalen Absenkung der Abgeltung für die Ärztliche Leistung (AL) gegenüber der Technischen Leistung (TL). Gerade die Spezialisierung des nichtärztlichen Personals hat in den letzten Jahren zu einem starken Kostenschub innerhalb der Arztpraxen und Spitäler geführt. Da seit dem Jahre 2004 keinerlei Ausgleich durch Anpassung der Tarife im Bereich der TL erfolgte, wird bereits heute diese Kostenzunahme durch die «Ärztliche Leistung» quersubventioniert, da die Personalkosten nur ungenügend in den veralteten Kostenmodelldaten abgebildet werden. Massnahmen, welche zur Korrektur von zu tief bewerteten und nicht mehr sachgerechten Leistungen und damit zu einer Aufwertung der TARMED-Leistung führen würden, fehlen gänzlich. So zum Beispiel die Aufhebung der Halbierung des Kostensatzes der letzten 5 Minuten (Position 00.0030) oder die Einführung einer Inkonvenienz-Pauschale während der Sprechstunde.
Die vorgeschlagenen Massnahmen führen insgesamt zu einer deutlichen Schwächung der ambulanten Medizin, setzen keine Anreize für die Erbringung der Leistungen im deutlich günstigeren und effizienteren ambulanten Bereich und gefährden damit die bereits jetzt schon problematische ambulante Versorgung der Bevölkerung in der Peripherie, ausserhalb der Ballungszentren.
Die FMH wird im Rahmen der Vernehmlassung dezidiert und ausführlich zu den geplanten Massnahmen und deren Auswirkungen Stellung nehmen.
Dr. med. Urs Stoffel
Departementsverantwortlicher Ambulante Versorgung und Tarife
Mitglied des ZV der FMH