Management des Mangels anstatt Massregelung der Manager?

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2017/40
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2017.06067
Schweiz Ärzteztg. 2017;98(40):1298

Publiziert am 04.10.2017

Management des Mangels anstatt Massregelung der Manager?

Brief zu: Plagge H, Zeggel S. Lieferengpässe – Wie steht es um die Arzneimittelversorgung in Schweizer Spitälern? Schweiz Ärztezeitung.2017;98(33):1040–2.
Fahrlässig oder gar absichtlich verzögerte ­Lieferungen von Antibiotika, Impfstoffen, Analgetika oder Krebsheilmitteln sind immer häufiger die Folgen einer ungebremst gewinnorientierten Geschäftspraxis einiger Pharmahersteller, die sich nicht um finanzielle oder gar letale Kollateralschäden ihrer Kunden kümmern.
Schon gut, wenn sich eine Arbeitsgruppe 
der Spitalapotheker um Schadensbegrenzung durch grössere Lagerbestände und Beschaffung von Ersatzpräparaten bemüht, die «dank» gezielter Verknappung aber oft viel teurer sind. Noch dringlicher wäre es, die Verur­sacher der Versorgungsengpässe mit Sanktionen zu massregeln.
In der am 20. Januar 2016 erteilten Antwort des Bundesrats auf das schon im Juni 2012 eingereichte Postulat von NR Bea Heim werden Lieferengpässe als weltweites Phänomen mit steigender Tendenz anerkannt. Auch in der Schweiz komme es gelegentlich zu Lücken. Das Problem wird heruntergespielt, obwohl es durchschnittlich in den 23 auskunftsbereiten CH-Spitälern alle 3 Tage zu Verzögerungen kommt, die im Mittel zwei Monate lang andauern. Die Ursachen werden schamhaft ­verschwiegen.
Ökonomische Beweggründe wurden aber schon 2012 in einer Publikation der erwähnten GSASA-Arbeitsgruppe als häufige Ursachen ­tabellarisch aufgeführt [1]:
«lean production» mit Reduktion von Lager­kapazitäten, Zusammenlegung von Produk­tionsstandorten im Zuge der Globalisierung, Verzögerungen und Qualitätseinbussen wegen Auslagerung der Produktion nach Asien, Einstellung der Produktion unrentabler Produkte.
Der Präsident des BRD-Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte war im ­Januar 2016 mutig genug, in einem Interview die wahren Hintergründe der Misere aufzu­decken. Eine zuerst vorgesehene Bestrafung der Verursacher sei im Gesetzgebungsprozess wieder gestrichen worden [2]. Alarmierend sind auch kürzliche Aussagen des Präsidenten der deutschen Krankenhausapotheker [3].
Wann endlich werden es Schweizer Spitäler oder die FMH wagen, gegen Verursacher von lebensbedrohlichen und kostentreibenden Lieferengpässen eine (Sammel-)Klage beim zuständigen Gericht einzureichen?