In memoriam Ursula Steiner

FMH
Ausgabe
2018/11
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.06501
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(11):338

Publiziert am 14.03.2018

Wir trauern um Dr. Ursula Steiner, die ehemalige Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Psychia­trie und Psychotherapie (SGPP).
Ursula war vorerst im Vorstand der kantonal bernischen Ärztegesellschaft, dann Präsidentin der SGPP (Vorgängerin von Dr. Hans Kurt) und später Vizepräsidentin und Mitglied des Zentralvorstandes der FMH. Sie war mit dem Ausland vernetzt, mit der WPA und EAP (European Association for Psychiatry).
Sie setzte sich mit Verve für den Erhalt der psychiatrischen Spitexpflege ein und blieb lange Jahre der Balintbewegung verbunden. Danach engagierte sie sich noch über zehn Jahre als FMH-Delegierte im Zentralkomitee des «Tag der Kranken», und sie hat tatkräftig dazu beigetragen, die Beziehungen zwischen Gesunden und Kranken zu stärken und Verständnis für die Bedürfnisse der Kranken zu mehren (siehe ihr Artikel zum Tag der Kranken 22.2.2017: «Schau mich an: Ich bin voll im Leben», https://doi.emh.ch/10.4414/saez.2017.05367).
Ursula blieb als Psychiaterin durchaus Ärztin, hielt aber auch den psychotherapeutischen Anteil hoch, so wie es unser Doppeltitel seit 1961 fordert. Folgerichtig wollte sie deshalb in den 90er Jahren auch den Namen unserer Fachgesellschaft ändern, was zur jetzigen ­Bezeichnung «Schweizerische Gesellschaft für Psychia­trie und Psychotherapie» führte. Erste Frau als Präsidentin, setzte sie sich unentwegt für unser medizinisches Fach im Rahmen der FMH ein, was nicht immer genügend verstanden wurde und manchmal Enttäuschungen einbrachte. Es ist einer ihrer Verdienste, dass die Psychiatrie als Fach und Arbeitsweise in der Medizin, aber auch in der Öffentlichkeit mehr Gewicht und Anerkennung bekommen hat. Auch nachdem sie ihre klinische Tätigkeit verlassen hatte und nach Basel, ­ihrem Studienort, übersiedelte, blieb sie weiterhin berufspolitisch tätig. Noch letztes Jahr sorgte sie sich um verlorene Archive der heute verschwundenen Schweizerischen Ärztegesellschaft für Psychotherapie (SAGP) und bat mich, ihr dabei zu helfen.
Ich kannte Ursula Steiner-König seit den 70er Jahren im Rahmen der Ausbildung zum Balintgruppenleiter in Sils. Sie führte damals ihre psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis in Lyss (BE), und zwar im statt­lichen Haus, wo ihr Vater früher als Hausarzt gewirkt hatte: Ich habe ihn, den Doktor König, in den 60er Jahren als Studentenvertreter in Kommissionssitzungen noch gekannt; er war damals Präsident der FMH und wirkte auf mich recht allmächtig und eher autoritär. Ich glaube, es war für seine Tochter Ursula nicht selbstverständlich, sich ihm gegenüber zu behaupten und als Frau die Ärzteanliegen auf ihre Art und in unserer Zeit weiter zu verteidigen und so sein Erbe zu verwalten. Sie hat dies mit viel Mut und manchmal auch mit einer gewissen Tendenz zur Selbstverleugnung getan. Dankbar erinnere ich mich, wie mich Ursula in den 90er Jahren als Präsidentin der SGPP tatkräftig in meiner nicht immer leichten Arbeit als Präsident der Ständigen Kommission für Weiter- und Fortbildung (der sie angehörte) unterstützt hat. Tapfer hat sie ihre Krankheit in den letzten Jahren ertragen. Die schöne Abdankungsfeier am letzten 13. September im Basler Münster erlaubte uns, von Ursula Abschied zu nehmen.
Sie bleibt für mich eine wertvolle berufliche und persönliche Erinnerung.
Dr. med. Franco Renato Gusberti, Genf,
Präsident SKWF 1988–1995
PS: Eine Aufgabe von Ursula Steiner-König übernehmend, wiederhole ich ihren Aufruf nach der Suche alter verlorener Archive der Schweizerischen Gesellschaft für Ärztliche Psychotherapie SAGP). Meine Adresse: frgusberti[at]hin.ch