Es wäre fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/17
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.06701
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(17):538

Publiziert am 25.04.2018

Es wäre fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen

Es wäre wohl fahrlässig, die Flinte bzw. das Stethoskop ins Korn zu werfen. Es gibt immer noch gute Gründe, eines bei sich zu haben, selbst im Spital.
– Angenommen das CT steigt in der Nacht aus und kann nicht umgehend repariert werden: Das Stethoskop kann zur Dia­gnose «Peritonismus» plötzlich sehr nützlich sein.
– Das anamnestische Gespräch, die Palpation und Auskultation begünstigen die Bildung des Beziehungshormons Oxytocin, das dämpfend auf die Amygdala wirkt, wodurch sich Stress und Angst verringern. Eine gewiss nicht unerhebliche Nebenwirkung.
– Besagte Trias (Gespräch, Palpation und Auskultation) stellt ein vertrautes ärzt­liches Ritual dar, das als Plazebo (über eine Endorphinausschüttung) zu einer Schmerzlinderung führt. Auch dieser Effekt darf sich sehen lassen.
– Was ich schliesslich als Unterassistent vor bald 40 Jahren gelernt habe: Die Auskultation gibt der Ärztin oder dem Arzt überdies entscheidende 10 bis 15 Sekunden Zeit, um über die Differentialdiagnose, Abklärungsmodalitäten und mögliche Therapien nachzudenken. Mehr noch: wertvollste ­Sekunden, die uns auch gestatten, auf unsere Intuition und unser Körpergefühl zu achten, was für die Entscheidungsfindung von erheblicher Bedeutung sein kann.
Fazit: So segensreich die Technik auch sein mag – den menschlichen Kontakt kann sie nicht verdrängen, und hierzu gehört u.U. nun mal auch das Stethoskop.