Replik

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/23
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.06822
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(23):751-752

Publiziert am 06.06.2018

Sehr geehrter Kollege Buess-Siegrist

Mit Recht bemängeln Sie den fehlenden Einbezug der Ärzteschaft in die eHealth-Strategie zur Umsetzung des elektronischen Patien­tendossiers (EPD) in der Schweiz, welche pa­ra­doxerweise und in diesem speziellen Fall streng Top-down erarbeitet wurde. Umgekehrt gesehen ist es anspruchsvoll, die Ärzteschaft miteinzubeziehen. Ärztinnen und Ärzte haben unterschiedliche Bedürfnisse, je nach Fachrichtung und Arbeitsort. Das Gesetz zum EPD ist ein Rahmengesetz für eine dezentrale, aber zugängliche Ablage von behandlungs­relevanten Dokumenten der Patientinnen und Patienten. Weder entspricht diese einem Praxis- oder Klinik-Informationssystem, noch wird sie diese ersetzen können. Das künftige schweizerische Patientendossier gibt es in keinem anderen Land. Es ist in Entstehung und wird frühestens 2020, voraussichtlich aber eher ein bis zwei Jahre später, für Patienten und Spitäler Realität.
Das Engagement der FMH im Gesetzgebungsprozess hat eine längere Geschichte. Als Teil der «Expertengruppe eHealth» hat die FMH bereits 2010 die Empfehlungen zur rechtlichen Regelung des EPD zuhanden des Eid­genössischen Departements des Innern mitgestaltet. Themen, für die sich die FMH damals eingesetzt hat, waren insbesondere die Aufrechterhaltung der doppelten Freiwilligkeit und, aus Datenschutzgründen, die strikte Ablehnung der Versichertennummer AHNN13 für die Identifikation der Patientinnen und Patienten im EPD.
Zum Punkt der doppelten Freiwilligkeit wurde im Expertenbericht unter Mitwirkung der FMH festgestellt, «dass sich dieses Ziel nicht mit rechtlichem Zwang, sondern eher mit entsprechenden Anreizen und der notwendigen Information und Kommunikation erreichen lässt: Für die Akzeptanz und den Erfolg des ePatientendossiers ist es wesentlich, dass 
sich eHealth-Anwendungen ohne rechtlichen Zwang entwickeln.»
Für die inhaltliche Ausgestaltung war es aufgrund der Initiative der FMH möglich, eine ­interprofessionelle Arbeitsgruppe (IPAG) zu gründen, bestehend aus Ärzten, Apothekern, Pflegefachpersonen und weiteren Vertretern von Gesundheitsfachberufen. Die IPAG hat ­einen Bericht über die eMedikation zuhanden des BAG und eHealth Suisse verabschiedet. Sowohl in der Erarbeitung als auch für die ­Finalisierung konsultierte die FMH ihre Mitgliedorganisationen. Aktuell arbeitet die IPAG am Dokument eToC (eTransition of Care), dem Überweisungsbericht.
In der SÄZ haben sich engagierte Ärztinnen und Ärzte ebenso wie die zuständigen Mitglieder des Zentralvorstandes wiederholt zum jeweils aktuellen Stand der Umsetzung des EPD geäussert. Sucht man im Archiv unter dem Begriff IPAG, finden sich 15 Artikel, unter dem Begriff EPD 55 Artikel. Urs Stoffel hat in seinem Artikel «Die FMH erschliesst mit der Plattform HIN den Nutzen der digitalen Zukunft» bereits 2013 auf die künftigen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem EPD hingewiesen. Die Health Info Net AG hat wegen ihrer Mehrheitsbeteiligung für die Ärzteschaft eine besondere Bedeutung. Sie strebt mit der AD Swiss eine nationale Gemeinschaft an mit dem Ziel, kleineren und ambulanten Leistungserbringern den EPD-kon­formen Zugang zu einer Plattform für den Austausch medizinischer Daten zu bieten.
Als Dachorganisation der Schweizer Ärzteschaft erachtet es die FMH nicht als opportun, für oder gegen einzelne private Anbieter von (Stamm-)Gemeinschaften Stellung zu beziehen. Auch hier haben die Mitgliedorganisationen der FMH unterschiedliche Bedürfnisse. Diese (Stamm-)Gemeinschaften werden die technische Infrastruktur, welche für das EPD notwendig ist, betreiben und zusätzlich pro­prietäre Zusatzdienste anbieten. Diese Zusatzdienste sind der FMH zum heutigen Zeitpunkt nicht einmal bekannt. Aufgabe der FMH ist es, grundsätzlich dem Thema Datenschutz und -sicherheit eine grosse Bedeutung beizumessen. Der Gesetzgeber regelt diese Vorgaben im Rahmen des EPD über die Zertifizierung. Jede (Stamm-)Gemeinschaft muss sich zertifizieren lassen. Die FMH ist überzeugt, dass die gewählten Regelungen betreffend Datenschutz und -sicherheit einen bestmöglichen Schutz vor Missbrauch bieten, auch wenn es eine hundertprozentige Sicherheit in der Praxis nicht geben kann. Neben strengen Rahmenbedingungen für die Zertifizierung im Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten fordert die FMH auch Kontrollmechanismen, welche die Umsetzung sicherstellen.