Weitere Organisationen und Institutionen
Aktionsplan für die Universitäre Allgemeine Innere Medizin
a Prof. Dr. med., Klinikdirektor und Chefarzt, Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Universitätsspital Bern; b Prof. Dr. med., Chefarzt Klinik
für Innere Medizin, Universitätsspital Basel; c Prof. Dr. med., Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin, Universitätsspital Zürich (USZ);
d Prof. Dr méd., Directeur, Médecin-chef, Policlinique médicale universitaire, Chef du Département universitaire de médecine et santé communautaire, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne; e Prof. Dr. med., Chefarzt Medizinische Poliklinik, Universitätsspital Basel; f Prof. Dr. med., Chefarzt Innere Medizin, Kantonsspital Baselland; g Prof. Dr. med., Leiter Medizinische Universitätsklinik, Bereichsleiter Medizin, Chefarzt Allgemeine Innere und Notfallmedizin, Kantonsspital Aarau; h Prof. Dr méd., Médecin-chef de service du Service de médecine interne générale, Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG); i Prof. Dr. med. Chefarzt und Leiter Medizinische Poliklinik, Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Universitätsspital Bern, Direktor des Berner Instituts für Hausarztmedizin, Universität Bern; j Prof. Dr méd., Médecin-chef du Service de médecine interne, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne; k Prof. Dr méd., Chef du Département de médecine, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne; l Prof. Dr méd., Médecin-chef du Service de médecine de premier recours, Chef du Département de médecine communautaire, de premier recours
et des urgences, Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG)
Einleitung
Zusammenfassung
Entscheidungsträger haben Mühe, die Rationale einer «Allgemeinen» Inneren Medizin (AIM) am hochspezialisierten Universitätsspital zu verstehen und monieren deren «Profilunschärfe». Zudem konzentrieren sich auf der AIM multimorbide, oft unrentable Patienten. Folgen sind die Benachteiligung in Bezug auf Priorisierung und Ressourcen. Daraus wiederum resultieren Attraktivitätsverlust, Entakademisierung und Nachwuchsschwierigkeiten. In letzter Zeit hat die universitäre AIM allerdings wieder Interesse bei den Spitalleitungen erfahren. Gründe hierfür sind der Generalistenmangel, die «Epidemie» an multimorbiden Patienten, die spezialisierungsbedingte Fragmentierung sowie die Kompetenzabnahme der Spezialmedizin, Probleme ausserhalb ihrer Fachzone zu managen. Dies führte zum Auftrag von unimedsuisse an die Ordinarien der internistischen Universitätskliniken, einen Aktionsplan zur Stärkung der AIM in der universitären Spitalorganisation zu erarbeiten. Der Plan beinhaltet eine stärkere spitalinterne Priorisierung der AIM mit Investition in Infrastruktur und Personal, die Anerkennung fachlicher allgemeininternistischer Kompetenzressorts sowie die Schaffung von strukturierten Berufsprofilen. Diese Massnahmen sollen Prestige/Attraktivität des Fachs AIM stärken und bessere Entwicklungsperspektiven ermöglichen mit dem Ziel, den Generalistenmangel zu bekämpfen und Gesundheitskosten zu senken.
Da die Allgemeine Innere Medizin (AIM) einen ganzheitlichen Approach pflegt und nicht auf ein konkretes Organ, Krankheit oder Altersgruppe fokussiert, haben Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte mitunter Mühe, die Bedeutung der AIM am Universitätsspital zu verstehen und kritisieren deren «Profilunschärfe». Zudem konzentrieren sich auf der AIM multimorbide Patienten mit langen Aufenthaltsdauern (oft zur Entlastung anderer Kliniken), die unter SwissDRG nicht aufwandsgerecht abgegolten werden. Mögliche Folgen sind die Benachteiligung der universitären AIM in Bezug auf Investitionen und Abbau oder Auslagerung an nicht-universitäre Standorte, mit Verlust an Sichtbarkeit/Prestige des Fachs. Im Zuge der zunehmenden Spezialisierung haben an den meisten Universitätsspitälern, in unterschiedlichem Ausmass allerdings, ähnliche Entwicklungen stattgefunden: (1) Abtrennung der Spezialfächer, welche ein selektives Patientengut für sich beanspruchen, (2) Konzentration derjenigen Fälle auf der AIM, welche sich nicht in ein Fachgebiet «kategorisieren» lassen, oft aufwendige, komplexe Mehrfachkranke, (3) Übernahme der Basisbetreuung und unpopulärer Nacht-/Wochenenddienste in Spezialklinken durch die AIM infolge abnehmender Kompetenz/Bereitschaft der Spezialfächer, Patienten ausserhalb ihres Fachs zu behandeln. Dass diese Faktoren negative Folgen für Attraktivität, Prestige und akademische Entwicklung der AIM hatten, ist selbsterklärend.
Renaissance der AIM
Zurzeit allerdings erlebt die schon totgesagte universitäre AIM eine Wiederauferstehung. Gründe hierfür sind die steigenden Gesundheitskosten, Generalistenmangel, fragmentierte Patientenbetreuung und die wachsende Zahl multimorbider Komplexpatienten (60% der Bevölkerung >65 Jahre [1]). Diese Probleme sind unter anderem Folge der zunehmenden Spezialisierung oder können durch eine solche nicht gelöst werden. Dies hat beim Bundesamt für Gesundheit (Themengruppe «Zunehmende Spezialisierung in der Humanmedizin aus Sicht der Spitalorganisation») und den Spitaldirektionen zur Erkenntnis geführt, dass am Unispital eine neue Zukunftsperspektive für die AIM entwickelt werden muss. Das Collège des Directeurs Médicaux von unimedsuisse hat deshalb die Ordinarien der AIM-Universitätskliniken beauftragt, einen Aktionsplan zur Stärkung der AIM in der universitären Spitalorganisation zu erarbeiten. Der folgende Plan skizziert die dazu nötigen institutionellen Rahmenbedingungen und beschreibt strukturierte Berufs- und Karriereprofile für Allgemeininternisten am Universitätsspital.
Aktionsplan
A. Notwendige institutionelle Rahmenbedingungen
Die Zukunft der universitären AIM – wie diejenige anderer Fächer auch – wird massgeblich durch Investitionsentscheide und die damit verbundene Entwicklungsperspektive bestimmt. Unabhängig vom bestehenden Organisationsmodell benötigt eine gut funktionierende AIM zwei institutionelle Rahmenbedingungen:
1. Strategische Priorisierung der AIM mit Investition in Infrastruktur und Personal
Aufgrund ihrer wichtigen Rolle für die patientenzentrierte Spitalorganisation, Zuweiseranbindung, internistische Basisbetreuung der Spezialkliniken sowie ihrer Bedeutung für ein kosteneffektives Gesundheitssystem (Aus- und Weiterbildung von Generalisten) soll die AIM spitalintern in Bezug auf die nötige Infra- struktur (Anzahl Betten und Poliklinikplätze) und das zum Betrieb benötigte Personal adäquat berücksichtigt werden. Dabei muss der AIM infolge der raschen Zunahme multimorbider Patienten und des angestrebten Ziels, eine patientenzentrierte Medizin zu fördern, auch eine Wachstumsperspektive eingeräumt werden. Die Betreuung multimorbider Komplexpatienten ist sehr aufwendig und administrationslastig [2]. Die AIM ist deshalb überproportional von nutzerunfreundlichen elektronischen Krankengeschichten betroffen. Deshalb ist aus Sicht der AIM, nebst der administrativen Entlastung durch nichtärztliches Personal, die Entwicklung von schnellen, intuitiven, vernetzten elektronischen Krankengeschichten von grosser Bedeutung. Aufgrund des hohen Arbeitsaufwandes soll die Zahl von 8–9 betreuten stationären Patienten pro Assistenzarzt nicht überschritten werden.
2. Eigener Kompetenzbereich, fachliche Autonomie, adäquate spitalinterne Leistungsabgeltung für «Serviceleistungen»
Ein eigener Kompetenzbereich und fachliche Autonomie sind die Grundbedingungen für die Stärkung der fachlichen Eigenidentität der AIM und beinhalten die Fallführung und abschliessende ärztliche Verantwortung auf dedizierten AIM-Bettenstationen und -Polikliniken, wo in Zusammenarbeit mit den Spezialdisziplinen facheigene Patientenbetreuung, Lehre/Weiterbildung und Forschung möglich ist.
Organisationsformen, in denen die Aufgabe der AIM hauptsächlich aus dem Nachvollzug von Konsiliarempfehlungen und Supportdiensten auf Spezialabteilungen (Basisbetreuung, Dienste) besteht, sind unattraktiv. Solche «Serviceleistungen» für andere Fächer müssen der AIM spitalintern leistungsgerecht abgegolten werden.
Suboptimal sind auch Organisationsformen, in denen der Hauptteil des internistischen Staffs auf Rotationsstellen ausserhalb der AIM eingesetzt wird. Erfahrungswerte zeigen, dass eine koordinierte Weiterbildung, Führungsaspekte sowie die Entstehung einer «corporate identity» deutlich erschwert ist, wenn >50% der Weiterbildungsplätze Spezialrotationen darstellen. Auch deshalb braucht die AIM einen genügend grossen eigenen Kernbereich, der idealerweise ≥20% der Betten des Universitätsspitals ausmachen soll.
Als organ- und krankheitsübergreifende Disziplin liegt der fachliche Schwerpunkt der AIM im folgenden Bereich: (1) Betreuung multimorbider Patienten, (2) Abklärung von unklaren Symptomen/Befunden und (3) kosteneffektives Management häufiger Pathologien, welche primär keiner spezialisierten Behandlung bedürfen. Diese Kompetenzen sollen von der Spitalleitung anerkannt und der AIM zugeordnet werden. Gerade im Management multimorbider Patienten liegt die Chance für eine Schärfung des fachlichen und akademischen Profils der AIM. Multimorbide Patienten bieten zudem gute Möglichkeiten in Lehre/Weiterbildung (viele Krankheiten pro Patient) sowie zur klinischen Forschung.
B. Akademische und nichtakademische Berufs- und Karriereprofile für Allgemeininternisten am Universitätsspital
Es wird für die AIM immer schwieriger, Chef- und Kaderärzte zu rekrutieren. Deshalb stellt die Entwicklung von klar strukturierten Berufs- und Karriereprofilen einen wichtigen Pfeiler zur Stärkung der universitären AIM dar. Im Folgenden sind Beispiele akademischer und nichtakademischer Berufsprofile beschrieben.
1. Clinician Investigator
Obwohl in der AIM auch Grundlagenforschung betrieben wird, bewegt sich die AIM weg von der traditionellen Grundlagen- und translationalen Forschung zur patientenzentrierten klinischen und Outcome-orientierten Versorgungsforschung, deren Ziel die direkte Verbesserung der Behandlungsqualität ist. Unabhängig vom Forschungstyp ist es für die akademische Profilierung wichtig, dass eine sichtbare, eigenständige Forschung im Fach selbst, also innerhalb der AIM, angeboten wird. Da gute klinische Forschung einen interdisziplinären Charakter hat, sind interdisziplinäre Kooperationen notwendig. Das Modell jedoch, dass Forschung vollständig in internistische Subspezialitäten ausgelagert wird und dass der Forschende danach als Kaderarzt wieder in die AIM zurückkehrt, funktioniert immer weniger und trägt nicht zur akademischen Profilschärfung der AIM bei.
Der Clinician Investigator ist der akademische, klinisch forschende Allgemeininternist, dessen Hauptaktivität eine klinische Forschungstätigkeit und die Patientenbetreuung umfasst. Der typische Karriereweg umfasst eine abgeschlossene Facharztausbildung mit Oberarzttätigkeit, inklusive einer Forschungsrotation auf der AIM, sowie eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte, mehrjährige klinische Forschungstätigkeit gepaart mit einem Masterstudium in klinischer Forschung. Die Kosten des Masterstudiums werden im Rahmen eines Weiterbildungsvertrags vom Spital getragen, wodurch der Forschende mittelfristig an die Institution angebunden bleibt. Nach der Rückkehr aus dem Ausland erfolgen Habilitation und Promotion zum Leitenden Arzt. Die Clinician Investigators stellen den Pool der künftigen internistischen Kader- und Chefärzte dar. Zwar stellen die Finanzierung von Rotationsstellen, Masterstudium und Kaderstellen wichtige Supportelemente für den Erfolg dieses Karrieretracks dar, der «Wille zur Forschung» und deren klinikinterne Priorisierung müssen jedoch von den zuständigen Klinikdirektoren ausgehen, inklusive Schaffung von Forschungsangeboten innerhalb der AIM, Vorbildfunktion als Forscher sowie zeitintensives persönliches Mentoring des akademischen Nachwuchses.
2. Clinician Educator
Oft sind AIM-Kliniken überproportional in der Lehre und – aufgrund der hohen Anzahl von Assistenzärzten – in der Weiterbildung engagiert. Der mit der steigenden Anzahl von Studenten und Assistenzärzten parallel ansteigende Bedarf nach Teaching- und Weiterbildungsleistung eröffnet einen neuen akademischen Karriereweg am Universitätsspital, nämlich den Clinician Educator. Er paart klinische und administrative Aufgaben mit einer substantiellen Aktivität in Lehre/Weiterbildung. Diese umfasst das innovative Teaching, Entwicklung von Ausbildungs- und Weiterbildungscurricula, Mentoring und Karriereberatung und eine Forschungstätigkeit in Medical Education. Aufgrund der Entwicklung und Professionalisierung in der Lehre ist auch hier ein Masterstudiengang in Medical Education sinnvoll. Wie beim Clinician Investigator sollen die Kosten des Masterstudiengangs zwecks künftiger Mitarbeiteranbindung vom Spital übernommen werden. Erfolgreiche Clinician Educators sollen ebenfalls zu Leitenden Ärzten und Chefärzten befördert werden und sich im Bereich Lehre habilitieren können.
3. Physician Administrator
Die Tätigkeit als Generalist am Universitätsspital prädestiniert dank ihrer fachlichen Breite, den multiplen Schnittstellen zu anderen Fachgebieten sowie der grossen Erfahrung in Weiterbildung, Personalmanagement und organisatorischen Aufgaben zu Führungs- und Managementaufgaben im Gesamtspital. Ärzte mit internistischem Background wählen zunehmend Karrierewege in der Spitaladministration, beispielsweise als Medizinischer Direktor. Internisten mit Interesse an klinikübergreifenden Organisations- und Managementaufgaben sollen früh identifiziert und in Zusammenarbeit zwischen Klinik und Spitalleitung im Sinne einer strukturierten Weiterbildung gefördert und auf ihren späteren Tätigkeitsbereich vorbereitet werden. Fördermassnahmen beinhalten beispielsweise die Absolvierung eines Master of Business Administration oder Public Policy sowie Weiterbildungen in Gesundheitsökonomie, Leadership, Projektmanagement etc. Die Kosten von Zusatzausbildungen sollen zwecks Personalanbindung vom Spital getragen werden.
4. Der «Hospitalist»
Für die optimale Patientenbetreuung ist es wichtig, auch nichtakademischen Allgemeininternisten eine Langzeitperspektive am Unispital anzubieten. Die Hospitalist-Bewegung hat in der Schweiz nur zögerlich Fuss gefasst und ist vom Stellenprofil her uneinheitlich. Das Spektrum reicht von einem fachlich autonom funktionierenden Arzt («Assistenz- und Oberarzt in Personalunion») mit direkter Patientenbetreuung bis zum Kaderarzt mit Supervisorfunktion und Zusatzaufgaben. Internistische Hospitalists werden auch durch chirurgische Kliniken rekrutiert, wo sie die perioperative Patientenbetreuung übernehmen. Auch die Berufsbezeichnung des Hospitalist variiert und schliesst Begriffe wie Spitalfacharzt (médecin hospitalier), Spitalinternist (interniste hospitalier), Kaderarzt (médecin cadre) und Ähnliches ein.
Profile, nach denen der Hospitalist auschliesslich für die Direktbetreuung von Patienten verantwortlich ist, funktionieren längerfristig nicht. Auch Modelle, bei denen der internistische Hospitalist in chirurgischen Kliniken die Basisbetreuung gewährleistet und fachlich dem chirurgischen Kaderarzt unterstellt ist, sind oft unbefriedigend. Am besten scheinen Modelle mit einem gemischten Aufgabenportfolio zu funktionieren, wo der Hospitalist einerseits Supervisionsaufgaben einnimmt, andererseits aber auch eine Spezialfunktion innehat, z.B. in Klinik, Lehre, Qualitätsverbesserung oder Administration. Dabei muss auch die Möglichkeit zur fachlichen Weiterentwicklung gewährleistet sein. In nicht-internistischen Kliniken eingesetzte Hospitalists sollen zwecks fachlichem Austausch an die AIM angebunden bleiben.
Schlussbemerkung
Letztlich wird die fachliche Zukunft der AIM durch Strukturentscheide der Universitätsspitäler bestimmt. Die Frage ist, ob visionäre medizinische Direktoren, Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte das Potential der AIM erkennen und am Universitätsspital eine gesunde Mischung zwischen spezialisierter und generalistischer Medizin ermöglichen. Setzt der Universitätsstandort zu einseitig auf Spezialmedizin, drohen suboptimale Betreuung von multimorbiden Patienten, Zuweiserentfremdung, regionale Verschiebung des Ärztemix zur Spezialmedizin hin und Verteuerung des Gesundheitssystems.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med.
Drahomir Aujesky, MSc
Klinikdirektor und Chefarzt
Universitätsklinik und Poliklinik für Allgemeine Innere Medizin
Haus 5, H010
Inselspital,
Universitätsspital Bern
CH-3010 Bern
Tel. 031 632 88 84
Fax 031 632 88 85
drahomir.aujesky[at]insel.ch
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Vorwort zum Aktionsplan für die universitäre Allgemeine Innere Medizin
Als Reaktion auf den Bericht «Zunehmende Spezialisierung in der Humanmedizin aus Sicht der Spitalorganisation» des Bundesamts für Gesundheit hat das Collège des Directeurs Médicaux (CoDIM) des Verbands Universitäre Medizin Schweiz (unimedsuisse) die Verantwortlichen für die stationären und ambulanten Dienste der Allgemeinen Inneren Medizin damit beauftragt, einen Aktionsplan zur Weiterentwicklung ihrer Disziplin zu erarbeiten. Dieser wird in der vorliegenden Ausgabe der Schweizerischen Ärztezeitung vorgestellt.
Das Dokument beleuchtet die Stellung der Allgemeinen Inneren Medizin in der Schweiz. Es identifiziert die für deren Entwicklung nötigen Rahmenbedingungen und definiert akademische und nichtakademische Berufs- und Karriereprofile für Allgemeininternisten, die ein Spital benötigt, um den dort betreuten, zunehmend älteren und polymorbiden Patienten umfassende Leistungen bereitstellen zu können.
Unimedsuisse möchte hervorheben, wie wichtig und akademisch geprägt diese Disziplin ist, auch für die Universitätsspitäler. Jede Einrichtung muss jedoch anhand ihrer eigenen Situation für sich selbst beurteilen, welche Rolle und Stellung sie der Allgemeinen Inneren Medizin zuweisen und wie sie diese organisieren möchte. Die Verortung der Allgemeinen Inneren Medizin sollte dabei zwischen zwei Polen erfolgen: der einen Pol wird dadurch gebildet, dass alle Patienten eines Spitals durch Internisten betreut werden und die Spezialisten als Berater einbezogen werden (Situation in einer privaten Klinikkette1), der andere Pol entspricht dem Modell einer von Spezialisten geführten Struktur, in der die Internisten eine rein beratende Rolle einnehmen.
Eines ist jedoch sicher: Um attraktiv zu bleiben und Talente anzuziehen darf die Allgemeine Innere Medizin nicht nur für die Aufnahme und Überwachung der Patienten für die Spezialisten zuständig sein. Sie muss es Frauen und Mitarbeitenden, die Teilzeit arbeiten möchten, ermöglichen, sich in unterschiedlichen Phasen ihrer Laufbahn weiterzuentwickeln. Sie muss Überlegungen dazu anstellen, wie aktuelle technologische Entwicklungen Abläufe und Betrieb beeinflussen, insbesondere um festzustellen, wie Leistungen künftig am besten organisiert werden können. Gleichzeitig gehört dazu auch eine starke klinische Forschung.
Schliesslich muss die hier präsentierte Vision aus der inneren Perspektive der Allgemeinen Inneren Medizin um einen Blick aus der Perspektive der anderen Disziplinen ergänzt werden, damit die Allgemeine Innere Medizin Anerkennung und Wertschätzung erlangen kann.
Jean-Blaise Wasserfallen Prof. Dr. med., Stellvertretender ärztlicher Direktor CHUV und Vorsitzender Collège des Directeurs Médicaux unimedsuisse CHUV, BU21 06.259, Rue du Bugnon 21, CH-1011 Lausanne, jean-blaise.wasserfallen[at]chuv.ch
Literatur
1 Liedtke D., et al. Ein innovatives Systemmodell für Akutspitäler. Schweizerische Ärztezeitung. 2015;96(44):1625–8.