Neue Richtlinien der SAMW gehören nicht in die Standesordnung der FMH
Der Schlussfolgerung der Kollegen Ducor und Kiefer aus ihren sorgfältigen, menschlich und ärztlich gut begründeten Überlegungen kann ich mich nur anschliessen: Die neuen SAMW-Richtlinien zum «Umgang mit Sterben und Tod» dürfen nicht in die Standesordnung der FMH aufgenommen werden. «Der komplette Wegfall des objektiven Kriteriums einer Krankheit, welche ‘die Annahme rechtfertigt, dass das Lebensende nahe ist’, und die Orientierung am rein subjektiven Kriterium von ‘Leiden, die der Patient oder die Patientin für unerträglich hält’», öffnet die Tore weit für die Beihilfe zum Suizid bei Menschen, die durch fachgerechte Hilfe den Weg zurück ins Leben wiederfinden würden. Wie die Autoren schreiben, entbindet uns «der Grundsatz der Autonomie keinesfalls von der Notwendigkeit, uns zu kümmern und die lauernde Gleichgültigkeit und Passivität zu überwinden».
Vollends stossend ist es, dass der Geltungsbereich der Richtlinien nach der Vernehmlassung, also in Eigenregie der SAMW, um «Kinder und Jugendliche jeglichen Alters sowie
für Patienten mit geistiger, psychischer und Mehrfachbehinderung» erweitert wurde. Dem 10-jährigen Mädchen mit einem Karzinom, das aufgrund der Nebenwirkungen der Chemotherapie den Lebensmut verloren hat und (wiederholt) Sterbenswünsche äussert, den Becher mit Natriumpentobarbital reichen – wo sind wir denn? Tief beeindruckt hat mich in einem Workshop zum gleichen Thema die Aussage eines Patienten mit einer bipolaren Erkrankung: Es wird viel und immer mehr getan für Menschen mit einer psychischen Erkrankung – und jetzt werden diese Menschen aufgegeben? Selbstbestimmung ja. Aber dort, wo ein Mensch sich selbst verliert und die negative Sicht auf sein Leben überwiegt, braucht es einen Fürsprecher für das Leben. Dies ist eine zentrale Aufgabe des Arztes, und sie soll es auch bleiben.
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