Die Position des FMH-Zentralvorstands

PROMs fördern die patienten-orientierte Behandlung

FMH
Ausgabe
2018/40
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17188
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(40):1352-1353

Publiziert am 03.10.2018

Patient-reported outcome measures (PROMs) liefern Informationen zum Gesundheitszustand und zu den Auswirkungen einer Intervention/Behandlung aus Sicht einer Patientin oder eines Patienten. PROMs fördern die patientenorientierte ­Behandlung, die Kommunikation zwischen Patient und Arzt sowie das Patientenmanagement (Monitoring und Anpassung des Behandlungsverlaufs, Erkennung von unerkannten Krankheiten etc.). PROMs erlauben, Rückschlüsse auf den medizinischen Nutzen und die Indikationsstellung zu ziehen. Die FMH begrüsst die ­Integration von PROMs in den Behandlungsalltag sowohl zur Qualitätssicherung als auch zur Förderung einer patientenorientierten Behandlung.

Die Ausgangslage

PROMs sollen einerseits messen, wie ein Patient oder einer Patientin den eigenen Gesundheitszustand einschätzt und anderseits die Wirkung einer Behandlung aufzeigen. PROMs können Fragen zur körperlichen Funktionsfähigkeit, zum psychischen Wohlbefinden, zu Symptomen, zum allgemeinen Gesundheitszustand etc. beinhalten. Sie ergänzen klinische Werte (z.B. Blutdruck, HbA1c) indem sie mittels Informationen zum Wohlbefinden resp. zur Beeinträchtigung eines Patienten im Alltag die klassischen klinischen Parameter in einen problem- und schliesslich lösungsorientierten Kontext stellen. So kann der Nutzen einer gewählten Massnahme auf individueller Patientenebene aufgezeigt werden. Basierend darauf, kann unter Zuhilfenahme der Plan-Do-Control-Act-Logik (PDCA-Modell) das weitere Vorgehen definiert werden.
Auf übergeordneter Ebene dienen PROMs im Kontext von Polymorbiditätsmustern auch zur Effizienzbeurteilung verschiedener Behandlungsoptionen. Bei chronisch und polymorbid Erkrankten helfen PROMs und der PDCA-Prozess im Langzeitverlauf, sich ändernde Situationen und Ziele der Patientinnen und Patienten zu erfassen und die Behandlung daran anzupassen. In verschiedenen Ländern existieren nationale Programme zur routinemässigen Erfassung von PROMs (z.B. in England, Schweden und den USA).

Die Argumente

Für die Implementierung von PROMs stehen aus Sicht der FMH folgende Aspekte im Vordergrund:
– Patientenorientierte Behandlung  
PROMs bieten Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, die eigene Wahrnehmung bezüglich ihres Gesundheitszustands mitzuteilen. Basierend auf ­ihren Werten, Zielen und Präferenzen können sie mit den Ärztinnen und Ärzten, Angehörigen und weiteren involvierten Gesundheitsfachpersonen ge­meinsame Entscheide treffen. Patientin und Arzt verfolgen identische, adäquate Ziele und richten die Behandlung darauf aus. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte erhalten eine zeitnahe Rückmeldung über den Behandlungserfolg und können den weiteren Behandlungsverlauf situativ steuern (essentiell bei chronisch und polymobid Erkrankten).
– Evaluation von Behandlungsoptionen  
Aggregierte PROM-Daten (z.B. in Form eines medizinischen Registers) können dazu verwendet werden, die Effektivität unterschiedlicher Massnahmen im Kontext von Polymorbidität und der Begleitumstände zu evaluieren. Ve rbesserungspotential wird identifiziert, Anpassungen können entsprechend vorgenommen und evaluiert werden (PDCA-Zyklus).
– Qualitätssicherung 
PROMs stellen die Patientinnen und Patienten ins Zentrum der Behandlung und liefern Angaben über den gesamten Krankheitsverlauf. Mit Hilfe von Referenzwerten können die Indikations- und die Outcome-Qualität beurteilt werden. Behandlungen, die für die Patientin keinen Nutzen haben, werden vermieden.
– Best-Practice-Beispiele 
PROMs ergänzen medizinische Guidelines, indem sie Best-Practice-Beispiele liefern für z.B. multimorbide, ältere Patientinnen, die in medizinischen ­Guidelines in der Regel zu wenig bis nicht be­rücksichtigt werden. Leistungserbringer und Entscheidungsträger verfügen so über wichtige Informationen zur Verbesserung der Prozesse in der Gesundheitsversorgung.
– PROMs in Digital Tools 
PROMs führen integriert in Digital Tools (z.B. als wöchentliche elektronische Meldung der Symptome mit – je nach Schweregrad – automatischer Benachrichtigung an den Arzt) zu einer besseren Selbstwirksamkeit1(self-efficacy), zu weniger Aufenthalten in Notfallstationen, mehr Lebensqualität und zu besseren Überlebenschancen bei Krebspatienten.

Unsere Forderungen

– Zur Förderung einer patientenorientierten Behandlung und zur Qualitätssicherung sind PROMs in den Behandlungsalltag zu integrieren.
– Die Wahl des PROM-Instruments muss auf die Zielsetzung und die Fragestellung abgestimmt sein. Die Eignung von PROMs kann je nach Fachrichtung ­unterschiedlich ausfallen. Medizinische Fachgesellschaften sind entsprechend gefordert, sich mit der PROMs-Thematik auseinanderzusetzen.
– Ein PROM-Fragebogen soll valide, kurz und gut ­verständlich sein. PROMs-Messungen sollen so in den Praxisalltag und in die Krankengeschichte inte­griert werden, dass sie den Arbeitsfluss idealerweise unterstützen (z.B. Ausfüllen des Fragebogens im Wartezimmer mittels Tablet), zumindest jedoch nicht stören.
– Im Sinne einer Primär-Dokumentation sind tarifarische Lösungen zur Finanzierung der notwendigen Ressourcen zu finden (insbesondere muss der Zeitaufwand berücksichtigt werden).
– Aggregierte PROMs-Daten (z.B. in Form eines pa­tientenorientierten Registers) sollen zum Aufbau eines Unterstützungssystems genutzt werden. Ein Unterstützungssystem empfiehlt aufgrund von ­Erfahrungswerten und im Rahmen des jeweiligen Kontextes die geeignete Behandlungsmethode (bzw. gibt an, von welcher Behandlung der grösste Nutzen erwartet wird).
– Eine gezielte Forschungsförderung für PROMs ist notwendig. Patientinnen und Patienten, Leistungserbringer und Entscheidungsträger sollen in die Auswahl der Themen, in die Planung der Studien und in die Interpretation der Ergebnisse eingebunden werden.
FMH-Zentralvorstand, Bern, 20. September 2018
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