Invalidisierte Mitmenschen: Für alles gut?

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/41
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17208
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(41):1406

Publiziert am 10.10.2018

Invalidisierte Mitmenschen: für alles gut?

Von begünstigtem unstatthaftem Renten­bezug ist nicht die Rede, hingegen könnten ja diejenigen, die auf vermeintliche oder tatsächliche «Erschleicher von IV-Leistungen» zeigen und Detektive auf sie ansetzen möchten (woraus eine Renteneinsparung von 12 Mio. CHF/ Jahr resultieren würde, vgl. «Tages-Anzeiger» vom 15.5.2018), bequem von den in finanzieller Hinsicht ungleich relevanteren Steuerhin­ter­ziehungs-«Kavalieren» ablenken (Deliktsumme 335 Mio. CHF/Jahr, vgl. ebenfalls «Tages-­Anzeiger» vom 15.5.2018). Zudem sind Detektive teuer, besonders, wenn sie auch noch hinter jeder der seitens F. Kapp aufgezählten ärztlichen Dispense (welche immerhin vielleicht Coronarsklerose und -infarkte verhindern helfen?) eine möglicherweise unrechtmässige Belastung der Krankenkasse vermuten und «aufzudecken versuchen» müss­ten. Die Krankenkassen wurden ja zur Vermeidung einer Zweiklassen-Medizin für obligatorisch erklärt, nachdem viele Patienten z.B. für die hohen Kosten von nötig werdenden chirurgischen Behandlungen nicht aufkommen konnten und hinsichtlich ihrer Arzt- und Spitalrechnungen wegen finan­zieller Überforderung in Schulden gerieten. De­tektivüberwachungen sind insofern pro­ble­matisch, als angeblich von 100 «Verdachtsfällen» sich nur gerade 14 bestätigen lassen (von diesen auch nur 3 bis 4 mithilfe von Detektiven) – so dass auf die anderen 86 durch ihre unnötigen in Zweifel gezogene Invalidität ohne­hin schon in ihrem Alltag quasi auf Schritt und Tritt handicapierten Leistungs­berechtigten zusätzlich ein ganzes Arsenal oder «Sortiment» von detektivischen Aktivitäten und Methoden losgelassen würde: Telefon­überwachung Videocams, Drohnen, GPS-­Tracking, Observieren, Hinterherschnüffeln, Betre­ten der Wohnung in Abwesenheit des Bewohners (um im Kühlschrank nach dem teuren Parma-Schinken zu suchen?). Trotz der doch sonst immer so ungemein streng zu beachtenden Unschuldsvermutung würden so 86 Betroffene (von hundert Verdächtigen) zu Unrecht mit-verdächtigt, zusätzlich zur Diffamierungstendenz seitens eine­r gewissen (Volks-!)Partei gegenüber Invalidisierten, sie sich «auf Kosten anderer ein – allerdings wegen Behinderung beschwerliches – Gratis-Dasein leisten»?