Fehlende wissenschaftliche Evidenz bei Rentenablehungen

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/41
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17238
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(41):1407

Publiziert am 10.10.2018

Fehlende wissenschaftliche Evidenz bei Rentenablehnungen

Die Zahl der IV-Betrüger unter der «gesetz­losen» Überwachung war gering. Die IV-­Stellen hatten die Daten dazu erhoben. Die Zahl der IV-Rentenablehnungen/-kürzungen ist viel höher. Die mangelnden Daten sind ein Problem. Das Schicksal der Menschen mit Rentenablehnung oder Rentenkürzung wird von keiner offiziellen Stelle erfasst. Es gibt keine wissenschaftliche Untersuchung zur Frage, wie die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit durch die Versicherungen mit der Lebensrealität der Betroffenen übereinstimmt. Das sollte uns nachdenklich stimmen. Viele von uns in der Praxis Tätigen kennen Einzelschicksale unter ihren Patienten. Die von ­Kollegin Doris Brühlmeier erfolgte Stichprobe weist darauf hin, dass das Erteilen einer (Teil-)Rente eine Unterstützung im Genesungsprozess bedeutet und es damit kranken Menschen eher ermöglicht, Schritte zur Arbeitswiederaufnahme zu machen. Während die finanzielle, oft existenzielle Not bei Renten­ablehnung den psychischen Druck und das Leiden verstärkt, was keineswegs zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit verhilft.
Das geplante Gesetz erteilt alle Macht den Versicherungen. Es ist keine Gewaltenteilung (Anordnung der Überwachung durch eine dritte Stelle) vorgesehen. Das öffnet Tür und Tor, dass die Überwachung zum Quasi-Standard des Rentenprüfungsverfahren wird. Damit wären dann alle Antragsteller und Antragstellerinnen Verdächtige.