PROMs - das Allheilmittel!

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/44
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17285
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(44):1539

Publiziert am 31.10.2018

PROMs – das Allheilmittel!

Ein eierlegendes Wollmilchschwein wurde uns geboren und es heisst «Patient-related outcome measures» (PROMs). In Artikeln der Schweizerischen Ärztezeitung werden PROMs als Allheilmittel für sämtliche Probleme der Medizin angepriesen. Sie helfen, gemäss den Autoren der SÄZ und dem Zentralvorstand der FMH, bei der Leistungsbeurteilung, bei Kosten-Nutzen-Berechnungen, bei Diagnose, Screening, Qualitätsverbesserung, Monitoring des Fortschritts und der Wahl der Behandlung, um nur ein paar der Möglichkeiten zu nennen. Man kann mit den PROMs sogar die «Effektivität unterschiedlicher Massnahmen im Kontext von Polymorbidität ... evaluieren», mit PROMs verbessert sich das Arzt-Patienten-Verhältnis, ein Burn-out bei Ärztinnen und Ärzten kann verhindert werden, die Lebenszeit von Patienten mit Malignomen verlängert sich und die Zufriedenheit von Patienten und Ärztinnen und Ärzten steigt. Was will man noch mehr? In der klinischen Forschung und bei Zulassungsbehörden von Therapien wird die Methode der Outcome-Messung zur Beurteilung der Wirksamkeit eines Medikaments, einer Operation oder anderen Intervention seit Jahrzehnten diskutiert. Es ist unbestritten, dass der «Outcome» ein für die Patienten relevanter Parameter sein soll (nicht nur ein Laborparameter!). Es ist auch unbestritten, dass PROMs geeignete Instrumente zur Erfassung Patienten-relevanter Outcomes sind. Wer jemals mit PROMs im Rahmen von klinischen Studien gearbeitet hat, hat aber auch erfahren, wie aufwendig derartige Erfassungen – auch im digitalen Zeitalter – sind. Der in der Publikation erwähnte «Oxford Knee Score» zur Erfassung von Kniebeschwerden besteht aus 12 Fragen. Aus den Antworten wird ein Score gebildet. Die Erfassung der Antworten ist zeitaufwendig. Wie interpretiert man den «Score», wenn ein Patient drei Fragen unbeantwortet lässt? Bei abnehmender ab­rechenbarer Konsultationsdauer ist es naiv zu erwarten, dass die Ärzte den Antworten dieser drei Fragen nachrennen werden. Die Forderung des Zentralvorstandes, «... PROMs in den Behandlungsalltag zu integrieren», käme teuer zu stehen und der tatsächliche Nutzen der «PROMs-Manie» im Behandlungsalltag ist noch zu erbringen. PROMs sind wichtig, nützlich und sinnvoll, aber wie jedes andere In­strument oder Werkzeug für bestimmte Aufgaben geschaffen. PROMs sind, auch wenn sie als solches angepriesen werden, kein Allheilmittel. Wenn das eierlegende Wollmilchschwein die Erwartungen nicht erfüllt, wird es im Schlachthof enden und macht Platz für ein neues Wundertier.