Tarifdelegierten-Tag der FMH vom 27. September 2018

Tarifrevision auf der Zielgeraden?

FMH
Ausgabe
2018/44
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17297
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(44):1535-1537

Affiliations
a FMH, Abteilungsleiter, Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife; b FMH, Experte, Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife; c Dr. med., FMH, Expertin, Stv. Abteilungsleiterin, Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife; d FMH, Experte, Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife

Publiziert am 31.10.2018

Am 27. September 2018 fand in Bern unter dem Titel «Tarifrevision auf der Zielgeraden?» der zweite Tarifdelegierten-Tag dieses Jahres statt. An diesem Tarifdelegierten-Tag nahmen wiederum über 100 Teilnehmer teil. Die Teilnehmerzahl stabilisiert sich auf diesem hohen Niveau.

Politische Einordnung des ­Tarifvorschlages

Dr. med. Jürg Schlup, Präsident der FMH, referiert zur politischen Einordnung des vorliegenden Tarifvorschlages. Jürg Schlup beurteilt den TARMED als ver­altet und sieht aufgrund des bereits zweimaligen Eingreifens des Bundesrates in den TARMED eine stetige Entwicklung zum Amtstarif. In der Presse und in der Politik sind die Gesundheitskosten ein Dauerthema und es stellt sich die Frage, ob man politische Preise oder einen sachgerechten und betriebswirtschaft­lichen Tarif anstreben will. Der Bundesrat will neu in seinem soeben in die Vernehmlassung gegangenen Massnahmenpaket zur Dämpfung der Gesundheitskosten eine Erhöhung der OKP-Kosten gesetzlich korrigieren; diese Korrektur «hat über die Anpassung der Tarife zu erfolgen», und zwar jährlich. Zudem will der Bundesrat eine nationale Organisation zur Pflege der ambulanten Tarife gesetzlich verankern und falls sich die Tarifpartner nicht auf eine solche nationale ambulante Tariforganisation einigen können, diese selber einsetzen. Deshalb muss die Ärzteschaft jetzt einen Vorschlag für eine revidierte Tarifstruktur einbringen, da sonst die Tarif­autonomie endgültig ver­loren geht. Jürg Schlup zieht das Fazit, dass die FMH liefern kann! Dazu haben alle Beteiligten in jahrelanger intensiver Arbeit eine Leistungs­struktur erarbeitet und verhandelt, auf die man stolz sein kann!
Dr. med. Jürg Schlup ­referiert über die politische Einordnung des ­Tarifvorschlages.

Tarifrevision auf der Zielgeraden?

Dr. med. Urs Stoffel, Mitglied des Zentralvorstandes der FMH, informiert, dass die Delegiertenversamm­lung der FMH bzw. die Ärztekammer der FMH die Leistungsstruktur, die im Rahmen des Projektes TARCO erarbeitet wurde, am 2.5.2018 einstimmig verabschiedet hat. Zuvor haben während rund eines Jahres 40 Arbeitsgruppen mit mehr als 150 Personen alle Kapitel der Tarifstruktur im Rahmen des Projektes TARCO revidiert. Das Ergebnis aus dem Projekt TARCO floss vollumfäng­lich in die Verhandlungen mit den Tarifpartnern innerhalb der ats-tms AG ein. Diese Verhandlungen fokussierten sich in den letzten Monaten auf die Integration der Ergebnisse des Projekts TARCO in die neue gemeinsame Leistungsstruktur sowie weiterer Themen. Die Arbeiten an der verhandelten Leistungsstruktur konnten Ende September 2018 abgeschlossen werden, und diese Leistungsstruktur kann nun den FMH-Gremien in diesem Herbst als Etappenziel zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
Dr. med. Urs Stoffel ­referiert darüber, ob die ­Tarif­revision auf der Zielgeraden ist.

Information zur Vernehmlassung ­Massnahmenpaket zur Kostendämpfung des Bundes

Patrick Müller informiert über die laufende Vernehm­lassung zu den kostendämpfenden Massnahmen des Bundesrates. Das Eidgenössische Departement des Innern EDI hat Ende 2016 eine internationale Expertengruppe einberufen mit dem Auftrag, rasch umsetzbare kostendämpfende Massnahmen für das Gesundheitswesen vorzuschlagen. Diese Massnahmen sollen ge­mäss Beschluss des Bundesrates in zwei Paketen umgesetzt werden, wovon das erste seit Mitte September 2018 in der Vernehmlassung ist. Patrick Müller informiert über einzelne Details der Massnahmen. Der Bundesrat möchte, analog wie im stationären Bereich mit SwissDRG AG, eine nationale ambulante Tariforganisation gesetzlich festlegen (Art. 47a KVG neu). Dabei kann der Bundesrat Grundsätze betreffend Form und Betrieb der Organisation auf Verordnungsstufe definieren. Zudem sollen die Leistungserbringer zur verbindlichen Datenlieferung an diese Organisation und an den Bundesrat verpflichtet werden (Art. 47b KVG neu). Die Vernehmlassung des BAG läuft noch bis zum 14. Dezember 2018.
Patrick Müller referiert über die Vernehmlassung des Massnahmenpakets zur Kostendämpfung des Bundesrates und zum Monitoring des zweiten Tarifeingriffes in den ­TARMED.

Monitoring Tarifeingriff des Bundesrates in den TARMED

Patrick Müller informiert, dass der Bundesrat mit dem zweiten Tarifeingriff den Tarifpartnern auch ein umfangreiches Monitoring mit einer kostenlosen Lieferung an das BAG auferlegt hat. Eine erste Lieferung erfolgte per Juli 2018 über das erste Quartal 2018. Weiter informiert P. Müller, dass die FMH diese erste Lieferung mit einem klaren Disclaimer hinterlegte, da aufgrund der noch unvollständigen Datenstabilität keine Rückschlüsse auf das Abrechnungsverhalten und die Anwendung der Tarifstruktur, insbesondere auch in Bezug auf die neuen Limitationen, hergestellt werden können. Aufgrund der komplexen Umstellung kommt es insbesondere im ersten Quartal zu überdurchschnittlich vielen Rechnungsstorni, welche sich auch auf die Datenlage auswirken können. Je nach technischer Umsetzung können die stornierten Rechnungen nicht aus dem Datensatz entfernt werden und können bei einer grossen Menge an Storni das Gesamtbild verzerren. Verlässlichere Zahlen sind daher erst mit dem Q2 2018 zu erwarten mit einem entsprechenden Delay für den Daten­abzug von mindestens 3–4 Monaten. Die FMH hat das BAG zudem in einem Monitoringbericht auf diverse offene Umsetzungsprobleme im Zusammenhang mit den zweiten Tarifeingriff aufmerksam gemacht. Eine weitere Lieferung steht bis Ende 2018 an, bei der erstmals vertiefte Ana­lysen durchgeführt werden können.

Informationen aus dem Laborbereich

Dr. med. Susanne Christen informiert, dass die Motion 17.3969 «Tarifpartner sollen Tarife von Laboranalysen aushandeln» zunächst vom Ständerat und nun am 19.9.2018 auch vom Nationalrat angenommen wurde und somit die Analysenliste von einem Amtstarif zu einem verhandelten Tarif umgewandelt werden soll. Sie verweist zudem auf die Änderungen in der ­Analysenliste per 1.9.2018. Insbesondere wurde die ­Nomenklatur des Troponin in der Liste der schnellen Analysen (Position 1734.01) abgeändert; der Tropnin-Schnelltest (Position 1735.00) wurde zwar in der Liste der ergänzenden Analysen gestrichen, ist aber noch bei Hausbesuchen zugelassen. Kollegen rechnen zum Teil Analysepositionen aus der erweiterten Liste mit bestimmten Weiterbildungstiteln ab und berufen sich dabei auf die Besitzstandgarantie. Sie erhalten deshalb gerechtfertigterweise Rückforderungen von tarifsuisse: Die Analysenliste ist ein Amtstarif, und dort gibt es keine Möglichkeit eines Besitzstandes; die Besitzstandgarantie betrifft nur den TARMED. Der Fähigkeitsausweis Praxislabor ist ein Bestandteil des ­Qualitätssicherungsprogramms im Praxislabor. Die Rezertifizierung erfolgt durch die Teilnahme an der externen Qualitätskontrolle. Zur Bestätigung dieser Rezertifizierung hat tarifsuisse begonnen, von einzelnen Ärzten die von den Qualitätskontrollzentren ausgestellten Teilnahmezertifikate der letzten 5 Jahre einzufordern. Gemäss einer Vereinbarung mit santésuisse in der QUALAB ist bei der SASIS AG bei den einzel­nen Leistungserbringern hinterlegt, ob sie an den externen Qualitätskontrollen teilnehmen. Dem­entsprechend empfehlen wir den Ärzten, die Kostenträger wie auch tarifsuisse darauf hinzuweisen, dass sie die Information bei der SASIS AG einholen sollen.
Dr. med. Susanne ­Christen referiert über die aktuellen ­Gegebenheiten im Bereich Praxislabor.

Tarifpartnerschaftliche ambulante Tarifrevision

Kerstin Schutz, Sabine Zehnder und Christian Oeschger präsentierten den anwesenden Tarifdelegierten die wesentlichen Änderungen in der tarifpartnerschaftlichen Leistungsstruktur. Neben der Aktuali­sierung der Kostenmodelle ist es auch auf Ebene der Nomenklatur zu Änderungen gekommen. Die Tarif­delegierten der Fachgesellschaften werden über die Veränderungen in ihren Kapiteln durch die Arbeits­gruppenleiter noch ausführlicher informiert und in den kommenden ­Tagen auch mit Warenkörben bedient. Es ist wichtig, dass die revidierte Leistungs­struktur anhand dieser Zusammenstellungen be­urteilt wird und nicht Tarifpositionen 1 : 1 einander gegenübergestellt werden. Die FMH wird im November 2018 in der SÄZ ausführlich zum ­Tarif und dem weiteren Vorgehen informieren.
Christian Oeschger, Kerstin Schutz und Sabine Zehnder ­informieren über die tarifpartnerschaftliche ambulante ­Tarifrevision.

Rückblick und Fazit

Zum Abschluss fasst Dr. med. Urs Stoffel zusammen, dass der Druck seitens Politik auf die Ärzteschaft weiter zunimmt und die steigenden Gesundheitskosten zum Wahlkampftema 2019 von gewissen Parteien werden. U. Stoffel appelliert an die Anwesenden, dass diese Chance und Möglichkeit genutzt werden soll, um zu beweisen, dass die Ärzteschaft fähig ist, gemeinsam mit den Tarifpartnern einen revidierten, sachgerechten und betriebswirtschaftlichen Tarif zu verhandeln.
Die Referate stossen bei den Teilnehmern des Tarifdelegierten-Tages auf grosses Interesse.
Folien: Alle Unterlagen sowie die Gesamtpräsentation finden Sie auf der Website der FMH: www.fmh.ch → Ambulante Tarife 
→ Tarifdelegierten-Tag → 27. September 2018 → Präsentation.
Nächster Termin: Der nächste Tarifdelegierten-Tag findet am Donnerstag, 11. April 2019, im Hotel Ador in Bern statt. Bitte reservieren Sie sich den Termin!
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