Staatlicher Eingriff oder ärztliche Freiheit ?

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/49
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17401
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(49):1741

Publiziert am 05.12.2018

Staatlicher Eingriff oder ­ärztliche ­Freiheit?

Der realistische, differenzierte, Fragen stellende und gründliche Beitrag von Kollege Brandenberg hat mich sehr überzeugt. Er hat wichtige Punkte aufgezeigt: Qualität, das heisst, Outcome ist wichtiger, Übung und Erfahrung sind wichtig, vier Augen sehen besser als zwei, die saubere Indikation ist am wichtigsten, weil sonst Mengenausweitung droht. Für den Allgemeinchirurgen im kleinen Spital war das Problem allgegenwärtig. In der Ausbildung als Assistent und Oberarzt in einem Kantonsspital hatte ich zum Teil riesige Fallzahlen, die mich fast exerziermässig schulten. Somit habe ich zum Beispiel im Kleinspital Magenresektionen, Tonsillektomien, Schenkelhalsfrakturen und anderes auch bei kleineren Fallzahlen kompetent operiert. Wo habe ich die Grenze gesetzt? Das ist wohl die wesentliche Frage. Wir haben bei unserem hervorragenden Chef, ja Patron, gelernt, die Grenzen zu kennen und zu wissen, was ich selber kann und wo ich Hilfe zu holen habe. Das behinderte nie den Mut für Neues, wie arthro­skopische und laparoskopische Operationen, die man aber nach schweisstreibendem Trockentraining und Kursen sowie Assistenz bei erfahrenen Kollegen mit Freude einsetzte. Mein Fazit lautet: Mindestfallzahlen mögen eine Hilfe sein, die Grenze zu erkennen, ­ersetzen aber nie die Eigenverantwortung und Selbsteinschätzung, die uns zu wahren Ärzten machen. Dort wo diese Eigenschaften fehlen, verbessern auch staatliche Eingriffe in unsere Freiheit nichts.