Digitalis(ierung) in der Medizin

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2019/12
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2019.17689
Schweiz Ärzteztg. 2019;100(12):419-420

Publiziert am 20.03.2019

Digitalis(ierung) in der Medizin

Die heute überall eingetretene Digitalisierung hat auch für die Medizin gewaltigste «Einschnitte» gebracht. Besonders wir älteren Ärzte erinnern uns dabei – vielleicht mit ein bisschen Nostalgie und Heimweh nach alten Zeiten – an ein fast gleich lautendes Wort: ­Digitalis.
Digitalis, der Extrakt der Pflanze «Roter Fingerhut», hatte in die frühere Medizin einen ganz gewaltigen Einschnitt gebracht. Es war ­eines der ersten Heilmittel; es wurde um 1775 in England nach einem alten Familienrezept zur Behandlung der Wassersucht (Herz-Stauung) verwendet und war eigentlich während Jahrhunderten das beste Herzmedikament.
Der Franzose Nativell konnte 1868 aus der Pflanze Fingerhut den wirksamen Stoff Digi­toxin finden, der viel später dann auch chemisch hergestellt wurde (zuerst unter diesem Namen, dann z.T. mit anderen Bezeichnungen wie Cedilanid, Digoxin u.v.a.). Ich erinnere mich gut, wie ich 1955 bei meiner ersten ­Praxisvertretung einem Patienten, bei dem frisch eine Herz-Rhythmus-Störung (Vor­hofflimmern) aufgetreten war, eine Ampulle des Medikamentes, das damals «Digitaline Nativelle» genannt wurde, einspritzte und ­damit sofort eine völlige Normalisierung der Herztätigkeit erfolgte.