Skizze eines Lösungsansatzes zur Diskussion
Unser Lösungsansatz basiert auf folgenden Grundsätzen:
• Beteiligung der betroffenen Patienten und Fachärzte
• Einheitliches Beurteilungsschema unabhängig von Versicherer und Hersteller
• Rascher Zugang der Patienten zu wirksamen Therapien
• Schlankes und transparentes Verfahren
Fall 1 («off label»): Kostenübernahme eines Arzneimittels der Spezialitätenliste (SL) ausserhalb der genehmigten Indikation oder Limitierung
Bei stockenden Preisverhandlungen zwischen BAG und Industrie soll die Verzögerung des Zugangs zu einem Medikament durch einen allgemein gültigen Sonderprozess minimiert werden. Die EAK entscheidet auf Antrag des Pharmaunternehmens über dessen Durchführung. Die Kriterien für den Sonderprozess könnten wie folgt lauten:
• Der antizipierte Preis für das Medikament liegt über einem zu definierenden Betrag
• Es liegt eine schwere der Krankheit gemäss aktueller KVV-Regelung vor
• Das Medikament verspricht einen Mehrnutzen gegenüber etablierten Therapien
• BAG und Hersteller schliessen nach dem Entscheid zum Sonderprozess einen Vergütungsvertrag
• Wird das Medikament in die SL aufgenommen, gilt der vom Hersteller verlangte Preis
• Die Vergütung erfolgt erst, nachdem Arzt und Patient die Wirksamkeit im individuellen Fall schriftlich bestätigen (risk sharing / pay for performance).
Mit diesem Prozess fasst das KVG-Vertrauensprinzip auch in der Medikamentenregulierung Fuss.
Fall 2 («in label»): Kostenübernahme eines zugelassenen Arzneimittels ausserhalb der SL
Ist ein Arzneimittel zugelassen, aber noch nicht in die SL aufgenommen, soll aber trotzdem angewendet werden, wird der Fall von einer neu zu etablierenden Institution beurteilt. Der Antrag auf Kostenübernahme erfolgt durch den Patienten und den behandelnden Arzt. Sie sind somit im Verfahren involviert, ebenso wie der Krankenversicherer, der Hersteller und das BAG. Die Entscheidungskriterien werden vom BAG genehmigt und gelten unabhängig vom jeweiligen Versicherer.
Neu an diesem Prozess ist der Einbezug der Patienten und ihrer Ärzte. Um das Verfahren zu vereinfachen, sollen der behandelnde Arzt und sein Patient bis zu einer bestimmten Kostengrenze pro Jahr selbständig über die Anwendung entscheiden. Darüber hinaus entscheidet ein übergreifend zusammengesetztes Gremium innerhalb einer bestimmten Frist. Die Therapien sind zu melden und ihre Wirksamkeit zu beobachten, z.B. in einem Patientenregister. Arzt und Patient müssen gemeinsam angeben, wie sie die Wirksamkeit beurteilen. Die Entscheide und die Vergütung werden transparent gemacht. Damit stärkt unser Ansatz die Stellung der Betroffenen, vereinheitlicht die Entscheidungswege und entlastet die Krankenversicherer sowie die Arzneimittelhersteller administrativ. Die transparente Information über die Entscheide wirkt präventiv gegen jegliches missbräuchliche Verhalten. Und die Patienten fühlen sich weniger zwischen Hammer und Amboss.