10 Jahre ANQ

ANQ-Qualitätsmessungen in Spitälern und Kliniken – quo vadis?

FMH
Ausgabe
2019/41
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2019.18271
Schweiz Ärzteztg. 2019;100(41):1350-1352

Affiliations
Dr. rer. pol., Geschäftsleiterin ANQ

Publiziert am 09.10.2019

Leistungserbringer und Kostenträger des Schweizer Gesundheitswesens schlossen sich vor zehn Jahren im Verein ANQ zusammen. Gemeinsam wurde viel erreicht: Alle Schweizer Spitäler und Kliniken nehmen heute an verpflichtenden, landesweit einheitlichen Qualitätsmessungen des ANQ mit transparenter Ergebnispublikation teil. Der ANQ feierte im September sein zehnjähriges Bestehen mit einem Jubi­läumsevent.
Heute werden in allen Schweizer Spitälern und Kliniken regelmässig 15 ergebnisorientierte Qualitätsindikatoren gemessen, ausgewertet und die Ergebnisse transparent publiziert. Dahinter steckt die langjährige Aufbauarbeit des ANQ.

Erster Nationaler Qualitätsvertrag ­erarbeitet und umgesetzt

Die Trägerschaft stellte sich in der Zeit der Vereinsgründung zunächst der anspruchsvollen Aufgabe, zahlreiche Widerstände zu überwinden und gemeinsame Strategien zu entwickeln. Das Ziel «national einheitliche Qualitätsmessungen mit transparenter Veröffentlichung der Ergebnisse auf Spital-/Klinikebene» war hochgesteckt. Mit dem ersten und bislang einzigen Nationalen Qualitätsvertrag gelang es schliesslich, das Fundament für die weitere ANQ-Tätigkeit zu legen.
Es war der Vertragsbeitritt aller Spitäler und Kliniken, aller Kantone und aller Versicherer notwendig. Die Leistungserbringer (Spitäler, Kliniken) verpflichteten sich, an sämtlichen ANQ-Messungen teilzunehmen, und stimmten einer transparenten Veröffentlichung ihrer Ergebnisse zu. Die Kostenträger (Kantone, Versicherer) garantierten, die Messungen zu finanzieren und diese als Pflichtelement in die Leistungsaufträge und Tarifverträge einzubauen.

Der Nationale Verein für Qualitäts­entwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ)

Der Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) koordiniert und realisiert Qualitätsmessungen in der Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie. Die Resultate ermög­lichen eine transparente und nationale Vergleichbarkeit. ­Aufgrund dieser Erkenntnisse können Spitäler und Kliniken gezielt Massnahmen zur Verbesserung ihrer Qualität entwickeln. ANQ-Mitglieder sind der Spitalverband H+, santésuisse, cura­futura, die Eidgenössischen Sozialversicherer, die Kantone und die Schweizerische Gesundheitsdirektorenkonferenz. Die Vereins­tätigkeit basiert auf dem Krankenversicherungsgesetz (KVG), der ANQ arbeitet nicht gewinnorientiert.
Mehr: www.anq.ch
10 Jahre ANQ – Jubiläumsanlass in Bern.
Auf dieser Basis wurden in den letzten zehn Jahren in der stationären Akutsomatik, Rehabilitation und Psych­iatrie insgesamt 15 Qualitätsindikatoren eingeführt. Sie werden national einheitlich erhoben und nach ­wissenschaftlichen Kriterien ausgewertet. Die Leistungserbringer verfügen damit über eine fundierte Grundlage, um Qualitätsverbesserungsmassnahmen zu initiieren und sich an Best-Practice-Beispielen zu orientieren.
ANQ-Präsident Thomas Straubhaar bedankt sich bei allen Beteiligten für die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Zehnjährige Vereinsarbeit gewürdigt

Am feierlichen ANQ-Jubiläumsevent vom 12. September 2019 in Bern waren zahlreiche Vertreter aus dem Gesundheitswesen, der Politik und Verwaltung zu Gast. Drei namhafte Referenten würdigten die bis­herigen Leistungen des Vereins in ihren Jubiläumsan­sprachen: Pascal Strupler, Direktor Bundesamt für ­Gesundheit BAG, Regierungsrätin Heidi Hanselmann, Präsidentin Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren GDK, sowie Prof. Dr. Urs Brügger, Direktor Berner Fachhochschule BFH, Departement Gesundheit.
Dabei wurde die Bedeutung des Zusammenschlusses aller Leistungserbringer und Kostenträger im Verein ANQ deutlich: Trotz unterschiedlicher Ausrichtung ist es der Trägerschaft gelungen, zusammen an einem Strick zu ziehen und hochgesteckte Ziele zu erreichen. Gemäss Hanselmann «leistet der Zusammenschluss einen zentralen Beitrag zur Qualitätssicherung im schweizerischen Gesundheitssystem und findet auch international Beachtung». Auf dieser langjährigen Erfahrung heisst es in Zukunft aufzubauen. Oder wie Pascal Strupler vom BAG zusammenfasste: «Mit ihrer messbaren und messenden Erfahrung wird der ANQ ein wichtiger Partner der Qualitätsverbesserung sein.»

Schweizer Pionierleistung und ihre herausragenden Elemente

Es ist das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, welches das bisher Erreichte national einzigartig macht: Das partnerschaftliche Vertragswerk, die Zusammenarbeit der Tarifpartner und Kantone sowie die verpflichtenden, landesweit einheitlichen, national vergleichenden Qualitätsmessungen mit transparenter Publikation.
Über den ANQ stehen die Tarifpartner und Kantone ­regelmässig im Dialog. Dieser sensibilisiert für die z.T. unterschiedlichen Positionen und fördert ein ziel­führendes Handeln über die verschiedenen Interessen hinweg. Das konsensorientierte Vorgehen gepaart mit viel Expertenwissen schafft eine hohe Akzeptanz der erarbeiteten Lösungen bei sämtlichen Akteuren.
Die ANQ-Qualitätsmessungen und -Erhebungsmethoden entsprechen bereits heute internationalen Standards. Dank der Auswertung nach wissenschaftlichen Kriterien ermöglichen die ANQ-Messergebnisse faire Vergleiche der Institutionen untereinander. Die Finanzierung ist über den Nationalen Qualitätsvertrag ge­sichert.
Stellvertretende ANQ-Geschäftsführerin Regula Heller leitet durch die Fragerunde mit Pascal Strupler, Heidi Hanselmann, Prof. Dr. Urs Brügger (v.l.n.r.).

Bedeutsame Veränderungsprozesse bei Leistungserbringern und Kostenträgern

Mit der Gründung des ANQ erfolgte die Initialzündung zu einem landesweiten Qualitätseffort im Gesundheitsbereich. Die Einführung von national einheit­lichen Vorgaben zur Messung bestimmter Indikatoren hat in der stationären Akutsomatik, Rehabilitation und Psychiatrie bedeutende Veränderungsprozesse ausgelöst. Die Leistungserbringer haben diese als Chance genutzt: Zahlreiche Institutionen initiieren aufgrund der Ergebnisse aktiv Verbesserungsmassnahmen und zeigen deren Erfolg in verbesserten Resultaten – das verdient Anerkennung.
Die zehnjährige ANQ-Tätigkeit hat auch für die Kostenträger den Weg geebnet: Die zuverlässige Datenbasis unterstützt sie bei ihrer ­Aufsichtspflicht und lässt Vergleiche zwischen Leistungsgruppen zu. Insbesondere dienen die ANQ-Messergebnisse jedoch als Grundlage für den partnerschaftlichen Dialog zwischen Leistungserbringern und Kostenträgern.
ANQ-Geschäftsleiterin Dr. Petra Busch: Es macht Sinn, auf der langjährigen Erfahrung des ANQ weiter aufzubauen.

Aktuelle Herausforderungen im Fokus

Der ANQ bewegt sich in einem dynamischen Umfeld. Insbesondere die Revision des Krankversicherungs­gesetzes KVG Artikel 58 und ihre Konsequenzen für den ANQ stehen derzeit im Zentrum des Interesses. Die ­Revision fordert nicht nur die Qualitätssicherung, sondern auch die Qualitätsentwicklung. Damit werden die heute aus Eigeninitiative durchgeführten Verbesserungsmassnahmen künftig gesetzlich verankert. Mit dem revidierten KVG-Artikel sind Nationale Qualitätsverträge vorgeschrieben und die Einführung zusätzlicher Qualitätsindikatoren und -messungen absehbar.
Viele der vom Gesetzgeber geforderten Punkte setzt der ANQ im stationären Bereich schon heute um. So prüft er mit seinen Expertengremien laufend, wie der Messplan optimiert und effektiv weiterentwickelt werden kann. Eine breit angelegte Befragung des ANQ in diesem Sommer hat die Einschätzungen und Bedürfnisse der Spitäler, Kliniken, Kantone sowie Versicherer erhoben. Die Analyse der Rückmeldungen ist zentraler Bestandteil der aktuellen Standortbestimmung. Mit innovativen Entwicklungen soll der Nutzen für Leistungserbringer, Kostenträger und Patienten weiter gesteigert werden.
Der ANQ prüft Entwicklungsmöglichkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen: zum Beispiel eine vermehrt patientenorientierte Ergebnismessung und die Ausdehnung der Qualitätsmessungen in den spital- und klinikambulanten Bereich. Überlegungen gehen auch in Richtung einer zunehmenden Nutzung der Routinedaten und Digitalisierungsmöglichkeiten zur besseren Qualitätstransparenz im Gesundheitswesen. Weiter werden verschiedene Ideen geprüft, wie Verbesserungsmassnahmen nachgewiesen werden können.

Strukturen überdenken, ­dichter ­vernetzen

In welchen Strukturen sich die nationale Qualitätsmessung und -entwicklungkünftig abspielt,ist Folge der aktuellen politischen Diskussion. Der ANQ ist ­bereit, sich den veränderten Rahmenbedingungen zu stellen und sich in enger Absprache mit der Trägerschaft neu auszurichten. Die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen sind heute eingespielt. Mit noch stärkerer Kooperation und Vernetzung der strategisch und operativ tätigen Organisationen kann ein zusätzlicher Mehrwert erzielt werden.

Mit langjähriger Erfahrung, für die ­Zukunft gerüstet

Die Kernkompetenzen des ANQ werden mit dem revidierten KVG zusätzlich an Bedeutung gewinnen. Der ANQ setzt seit Jahren landesweite Qualitätsmessungen auf der Basis eines Qualitätsvertrages um, ist breit vernetzt, und Expertenwissen fliesst seit Vereinsgründung regelmässig ein. Es macht Sinn, diese langjährige Erfahrung auch in Zukunft zu nutzen. Der ANQ ist deshalb prädestiniert, auch weiterhin eine tragende Rolle einzunehmen, wenn es um die Koordination, Umsetzung und Innovation von Qualitätsmessungen im Gesundheitsbereich geht.
ANQ
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