Frieden hat seinen Preis

Horizonte
Ausgabe
2019/50
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2019.18471
Schweiz Ärzteztg. 2019;100(50):1721

Affiliations
Prof. Dr. med., Mitglied IKRK, Senior Botschafter und Neuroexperte, Rehabilitationszentrum Kliniken Valens

Publiziert am 10.12.2019

Kabinettausstellung
Der Preis für den Frieden
Alfred Nobels Auszeichnung – von Henry Dunant bis Abiy Ahmed Ali
10.11.2019–23.12.2020
Henry-Dunant-Museum, Heiden
Die letzten Jahre seines wechselvollen Lebens verbrachte Henry Dunant (1828–1910), der Gründer der Rotkreuz-Bewegung im Spital Heiden, als «Pensionär», wie er selber betonte, nicht als Patient. Sein Geburtstag, der 8. Mai, ist weltweit der «Rotkreuz-Tag». Die Idee zu diesem Gedenk-und-Feier-Tag entstand im Zusammenhang mit innenpolitischen Konflikten in der ­damaligen Tschechoslowakischen Republik 1921, als die dortige Rotkreuz-Gesellschaft, die heuer ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hat, vorschlug, die mittelalterliche Praxis des «Treuga dei» (Gottesfrieden) umzusetzen und an Ostern des Jahres 1922 eine drei­tägige Waffenruhe ausrief, eine «Trêve de la Croix-Rouge» (Rotkreuz-Frieden). Statt polemischer Äusserungen veröffentlichte die Presse zu jener Zeit vermehrt Berichte über den Rotkreuz-Frieden. Daraus entstand der Wunsch, jedes Jahr ­einen Tag des Friedens zu begehen, was ab 1930 an den Internationalen Konferenzen der Rotkreuz-Gesellschaften diskutiert und erst auf der XVI. Internationalen Konferenz 1938 in London beschlossen wurde. Henry Dunant hat 1901 als Erster den Friedensnobelpreis erhalten und wurde dadurch nach jahrzehntelanger gesellschaftlicher Ächtung rehabilitiert. Das IKRK erhielt diesen Preis 1917 nach den Erfahrungen des Erste­n Weltkrieges (der in Frankreich immer noch «La Grande Guerre» genannt wird), wo es für die 7 Millionen (!) Kriegsgefangenen in aufwendiger und komplizierter Kleinarbeit und grosszügiger Strategieplanung seine guten Dienste anbot und praktizierte. 1944 für seine Leistungen im Zweiten Weltkrieg und 1963 zur Hundertjahrfeier seiner Gründung.
Im Henry-Dunant-Museum, das passenderweise im alte­n Spital Heiden besteht, wird vom 10.11.2019 bis zum 23.12.2020 eine «Kabinettausstellung» gezeigt mit dem zum Denken anregenden Titel: «Der Preis für den Frieden» – Alfred Nobels Auszeichnung von Henry ­Dunant bis Abiy Ahmed Ali.
Andrea Caroni, Andreas Ennulat, Jürg Kesselring und Alfred Stricker in der Kabinett­ausstellung «Der Preis für den Frieden» im Henry-Dunant-Museum Heiden. (Bild: IKS)
Es lohnt sich, darüber nachzudenken, welchen Preis für den Frieden wir zahlen wollen bzw. dankbar dafür zu sein, dass wir in unseren Gegenden seit so langer Zeit doch im Frieden leben dürfen.
Die Namen Dunant und Nobel werden mit dem Bemühen um eine friedlichere Welt in Verbindung gebracht. Den Weg zum Frieden sehen die beiden schillernden Persönlichkeiten jedoch unterschiedlich. Während der Humanist Henry Dunant Regeln formuliert, welche die Folgen von Kriegen abmildern sollen, hält der ­Chemiker Alfred Nobel die abschreckende Wirkung von Waffen für eine Möglichkeit, kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern. Der eine ist ein Mitgründer des Internationalen Roten Kreuzes, der ­andere erfindet das Dynamit. Die unterschiedlichen Lebenswege treffen sich am Ende: Alfred Nobel verfügt in seinem Testament die Vergabe von Preisen für besondere Leistungen in Physiologie oder Medizin, Literatur, Technik, Wirtschaft und, auf Anregung vont ­Bertha von Suttner, auch einen Preis für den Frieden. Träger des ersten Friedensnobelpreises 1901 ist eben Henry Dunant (er schrieb selber seinen Vornamen ­gelegentlich mit «i» oder mit «y»).
Wie unterschiedlich die Vorstellungen von Friedens­arbeit sein können und inwiefern die Konzeptionen von Frieden dem jeweiligen Zeitgeist folgen, wird in der Ausstellung anhand von 33 ausgewählten Preisträgerinnen und Preisträgern deutlich. Aus Anlass der Vergabe des 100. Friedensnobelpreises im Jahr 2019 werden die Auszeichnung und die Vergabekriterien in der Ausstellung reflektiert. Diese bietet Gelegenheit, sich mit Friedenskonzepten, Friedensarbeit und mit dem eigenen Verständnis von (und dem eigenen Beitrag zu (?)) Frieden zu beschäftigen. Die Ausstellung ist auf Holz geprägt. Holztafeln dürfen gedreht werden, weil auf der Rückseite weitere Daten zu ausgezeichneten Organisationen und Personen stehen, beispielsweise über Bertha von Suttner, Martin Luther King oder Michail Gorbatschow. «Der Preis für den Frieden» informiert und fasziniert. Damit ist dem Henry-Dunant-Museum ein ganz spezielles Meisterstück ge­lungen.
Prof. Dr. med. Jürg Kesselring FRCP
Mitglied des IKRK
Senior Botschafter
und ­Neuroexperte
Rehabilitatioszentrum Kliniken Valens
Taminaplatz 1
CH-7317 Valens