Kai Felmy zeichnet neu für die SÄZ

Keine Angst vor weissem Papier

Zu guter Letzt
Ausgabe
2020/04
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.18506
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(04):120

Affiliations
Cartoonist

Publiziert am 21.01.2020

Guten Tag, liebe Leser, mein Name ist Kai Felmy. Ich bin am 8. Juli 1963 in Frankfurt am Main geboren. Schon früh entwickelte ich Interesse für das Zeichnen und entwarf bereits mit sieben Jahren meine ersten Knollnasenfiguren. Die «Knollies», wie ich sie damals nannte, haben sich dann aber erst drei Jahrzehnte später durchgesetzt.
Mein Talent, auch schon früh in der Grundschule die Klasse zum Lachen zu bringen (vor allem die Mathelehrer, wenn ich versuchte, eine Aufgabe zu lösen), konnte ich tatsächlich später zum Beruf machen. Vielleicht hätte ich aber auch Musiker werden können. Mit 14 Jahren trat ich damals schon mit meiner Rock’n’Roll-Band abends in den Kneipen auf.
Nach der Ausbildung zum Grafikdesigner arbeitete ich in einigen Frankfurter Werbeagenturen als Illustrator und später auch als Art Director. Mein erster Cartoon erschien 1988 im Rahmen einer Werbekampagne in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
1995 machte ich mich als freischaffender Cartoonist selbständig. Seit 1999 wurden mehr als 3000 Cartoons im überregionalen Wirtschaftsteil der FAZ veröffentlicht. Es folgten Abdrucke in vielen Zeitschriften, Zeitungen, Büchern in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie später auch Veröffentlichungen in Online-Medien. Allein die TV-Beilage rtv, zu der ich etwa zehn Jahre lang einen ­wöchentlichen Cartoon beisteuerte, hatte eine Auflage von anfangs neun Millionen Exemplaren. Hätte ich bloss ein Honorar von einem Euro pro Exemplar ausgehandelt … Insgesamt habe ich auch zehn eigene Bücher veröffentlicht – allerdings ist das schon ein paar Jahre her.
Am Anfang ist ja bekanntlich erst mal das weisse Papier! Wenn man von Cartoons leben will, muss man viele Aufträge bekommen, sehr viele Cartoons zeichnen und noch viel mehr Ideen produzieren. Und das ­alles möglichst in kurzer Zeit. Besonders fordernd (aber auch schön und lehrreich) waren vor einigen Jahren die Tageszeitungen, von denen ich teilweise zu bestimmten Artikeln oft zwei bis sogar (selten) drei Aufträge am Tag (!!!) zu bearbeiten hatte. Also drei Texte lesen, pro Auftrag 5–7 Ideenentwürfe entwickeln, faxen (ging schneller als einscannen und mailen), die Auswahl der Redakteure meist in Schwarz-Weiss fertig zeichnen und die Druckvorlage wieder faxen (immer noch schneller als scannen und mailen). Das alles von 9 Uhr früh bis 16 Uhr Redaktionsschluss. Am nächsten Tag waren alle drei Cartoons in der Zeitung ­abgedruckt. Überregional und mit einer Auflage von etwa 350 000–450 000 am Tag. Das hält jung! Man fühlt sich stundenlang im Wechsel kalt und heiss geduscht. Einmal komplett zerknautscht, ausgewrungen, entzerrt und – wie ein Wunder – wiederbelebt. Dann hat man auch keine Angst mehr vor dem weissen Papier (weil man einfach keine Zeit hat, darüber nach­zudenken).
Mit meinen Cartoons möchte ich vor allem Humor verbreiten, vielleicht aber auch mal die Dinge in ein anderes Licht rücken und/oder eine andere, ungewöhnliche Sichtweise darstellen. Ein Cartoon ist für mich gut, wenn eine über­raschende, witzige Idee dahinter steckt. Eine witzige Zeichnung allein macht noch keinen guten Cartoon aus.
Am schönsten ist es meiner Meinung nach, wenn sich Bild und Text ergänzen. Also nicht im Text noch einmal das sagen, was man im Bild sowieso schon sieht. Sondern dem Betrachter Raum für die Kombination Bild/Text geben. Dann macht es klick und wirkt im besten Fall lustig. Vor allem, wenn eine typische, bekannte Szene überspitzt oder in einer neuen, ungewohnten Weise dargestellt wird. Meine Vorbilder sind Uli Stein, Loriot und Gary Larson. Gary Larson kann mit einem Bild ganze Geschichten erzählen.
Einmal im Jahr stolpere ich zu Silvester über Dinner for one (mit Freddie Frinton und May Warden) und liege ­lachend unter dem Esstisch.
Wo der Spass für mich aufhört? Wenn ich am Monatsende auf meinen Kontoauszug schaue (haha … nur Spass).
Heute komme ich mit 1–2 Aufträgen am Tag (Tages­zeitungen nur noch selten) gut zurecht, kann sogar zwischendurch Kaffee trinken, ein paar Rückenübungen machen (gut für Vielsitzer) und abends Sport ­treiben. Ich bin glücklich geschieden, noch glücklicher wieder ­liiert mit insgesamt drei erwachsenen Kindern und zwei Hunden und lebe in einem kleinen Haus auf dem Land nahe bei Frankfurt (da, wo es noch nicht so viele Ampeln gibt).
Meine Verbindung zur Medizin? Nun, ich denke, das ist ein Thema, das jeden betrifft. Es war ja wahrscheinlich auch jeder schon einmal krank. Ausserdem ist es ein Bereich, der bestimmt ein bisschen Humor gut verträgt. Lachen ist gesund, sagt man ja. Vielleicht können die Cartoons ein wenig zur Genesung beitragen – oder eben den Arbeitsalltag der Beschäftigten im Gesundheitswesen etwas erhellen. Dann hätte mein Beruf doch auch einen schönen Sinn … In diesem Sinne – viel Spass mit den Cartoons und bleiben Sie gesund!
kaifelmy[at]t-online.de