Informationen aus dem Forum Datenaustausch zur korrekten Anwendung von Tarifcodes

Rückweisungen vorbeugen leicht gemacht

FMH
Ausgabe
2020/2122
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.18939
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(2122):671-674

Affiliations
a Wissenschaftlicher Mitarbeiter, stv. Abteilungsleiter Digitalisierung / eHealth FMH; b Abteilungsleiter Ambulante Versorgung und Tarife FMH;
c Abteilungsleiter Digitalisierung / eHealth FMH

Publiziert am 20.05.2020

Bei der Rechnungsstellung werden die erbrachten Leistungen gemäss den vereinbarten Tarifen an die Kos­tenträger in einer schweizweit festgelegten strukturierten Form übermittelt. Eine Arztrechnung enthält pro Rechnungsposition Informationen zum angewendeten Tarif (Abb. 1). Die eigentlichen Leistungen werden mit Tarifziffern, die ausschliesslich für den angewendeten Tarif gelten, kodiert. Die Verwendung einer einheitlichen Form ermöglicht es, den Kostenträgern die elektronische Verarbeitung der Rechnung sowie die gesetzlich vorgeschriebene Rechnungskontrolle vorzunehmen. Die kodierten Tarife und Tarif­posi­tio­nen werden normalerweise vom Anbieter des Abrechnungssystems in den Stammdaten der Leistungen hinterlegt.
Abbildung 1: Der Code 001 bezeichnet den Tarif TARMED, die Ziffer 00.0010 bezeichnet die Tarifposition «Konsultation, erste 5 Min. (Grundkonsultation)».

Das Forum Datenaustausch 
definiert Tarifcodes

Im Forum Datenaustausch [1] haben sich verschiedene Akteure des Schweizer Gesundheitswesens, Verbände der Leistungserbringer und der Kostenträger, zusammengeschlossen. Das Forum verfolgt unter anderem das Ziel, einheitliche und gemeinsam entwickelte Standards für den elektronischen Datenaustausch ­zwischen Leistungserbringer und Kostenträger festzulegen. Neben Rechnungsformularen und XML-Standards1 zum Versenden und Empfangen von Nachrichten publiziert das Forum die sogenannte «Tarif-Liste». Die Liste ordnet jedem Tarif des Gesundheitswesens (z.B. TARMED, SwissDRG oder Physiotherapie-Tarif) ­einen Tarifcode zu.

Terminierte und aktive Tarifcodes

Bereits 2016 wurde vom Forum Datenaustausch entschieden, den «Medikamenten-Katalog Pharmacode» (Tarifcode 400) zu terminieren. Dementsprechend müssen alle Medikamente und Medizinprodukte, welche bisher mit ihrem Pharmacode über Tarifcode 400 abgerechnet wurden, seit dem 30. April 2019 mit dem jeweilig passenden «aktiven» Tarifcode abgerechnet werden. Da im Rahmen dieser Ablösung des Pharmacodes viele Unklarheiten seitens Versicherer, aber auch der Leistungserbringer entstand, wird der Pharmacode zurzeit von den meisten Versicherungen noch akzeptiert. Grundsätzlich ist zu beachten, dass bei Vorliegen einer «Global Trade Item Number» (GTIN) primär Tarifcode 402 zur Anwendung kommt. Die GTIN wird weltweit zur eindeutigen Kennzeichnung von Handelseinheiten wie Medikamenten oder Medizinprodukten verwendet und wird von der Standardisierungsorganisation GS1 vergeben [2]. Nur wenn keine GTIN vorhanden ist, sollen andere Tarifcodes (z.B. 452 für MiGeL-Produkte) verwendet werden. Mit dem Tarifcode 406 können die nicht in offiziellen Tarifen definierten ­Leistungen wie das Verbrauchsmaterial nach TARMED GI-20 abgerechnet werden (Tarifziffer 2000). Tabelle 1 beinhaltet alle für die ambulant tätige Ärzteschaft relevanten aktiven Tarifcodes [3] zur Abrechnung von Medikamenten und Medizinprodukten.
Tabelle 1: Aktive Tarifcodes zur Abrechnung von Medikamenten und Medizinprodukten.
GTIN ­vorhanden?TarifcodeTarifzifferTarifbezeichnungBemerkungen und Beispiele
ja402GTINGTIN Arzneimittel und ­MedizinprodukteMit Tarifcode 402 werden alle Medikamente und Medizin­produkte mit GTIN ab­gerechnet, unabhängig davon, ob das Medi­kament aus dem In- oder Ausland ist, das Produkt auf der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) steht oder ein Verbrauchsmaterial nach GI-20 ist.
nein401Pharma-
GruppencodeSL Therapeutische Gruppe 70 (Homoe­opathica/Anthro­posophica/­Spezifische Im­muntherapeutika)Mit Tarifcode 401 können über OKP abrechnende Ärztinnen und Ärzte Heilmittel der «Therapeutischen Gruppe 70» der Spezia­litätenliste wie z.B. eine «Urtinktur 1–10g/ml» abrechnen. Dabei sind über die SL-70-Liste Höchstpreise definiert. Auf der Kommentarzeile kann das genaue Produkt, z.B. «Acidum sulfuricum D12 HAB 5a», angegeben werden.
nein4038-stelliger ­PackungscodeHuman-Arznei­mittel SwissmedicMit Tarifcode 403 werden von der Swissmedic zugelassene ­Humanarzneimittel abgerechnet, für die es keine GTIN gibt (z.B. CINRYZE Trockensub 500 E c Solv).
nein4046-stellige ­Swissmedic Zulassungs­nummerHomöopathische und anthroposo­phi­sche Arznei­mittel SwissmedicMit Tarifcode 404 können Ärztinnen und Ärzte, welche nicht über OKP abrechnen2, homöopathische und anthroposophische Arzneimittel abrechnen. Der Tarif unterliegt keiner Preis­einschränkung. Auf der Kommentarzeile kann das genaue Produkt, z.B. «Acidum sulfuricum D12 HAB 5a», angegeben werden.
nein406Von der SASIS publizierte ­Tarifziffern [4]Übrige Leistungen nicht in offiziellen Tarifen definiert (Arzt KVG/VVG)Mit Tarifcode 406 können nicht in offiziellen Tarifen definierte Leistungen wie z.B. Verbrauchsmaterial nach TARMED GI-20 abgerechnet werden. Als Tarifziffer können im KVG/VVG alle von der SASIS publizierten Ziffern verwendet werden. Im UVG/MVG/IVG wird aktuell nur Tarifziffer 2000 (Verbrauchsmaterial nach GI-20) akzeptiert, da die Versicherer darauf verweisen, dass neben dem Verbrauchs­material nach GI-20 alle von der Ärzteschaft unter 406 abgerechneten Leistungen mit einem ­anderen offiziellen Tarif abgerechnet werden können.
nein408z.B. Pharma­zentralnummer (PZN)Ausländische Referenz­nummer für ArzneimittelMit Tarifcode 408 können «non-swissmedic»-Medikamente wie z.B. «VERDYE 25mg/5ml Stechamp 5 Stk» aus dem Ausland ­abgerechnet werden. Ausländische Medikamente können ­beispielsweise bei Lieferengpässen oder wenn ein Hersteller aufgrund kleiner Fallzahlen in der Schweiz keine Zulassung ­beantragt zur Anwendung kommen.
nein410Vom Forum ­Datenaustausch publizierte ­Tarifziffern [5]Abrechnungs­struktur Arznei­mittelliste (ALT)Mit Tarifcode 410 können die Leistungen der Arzneimittelliste mit Tarif (ALT) wie z.B. «Salben, Anreibungen, Emulsionen usw.» abgerechnet werden. Auf der Kommentarzeile kann das genaue Produkt, z.B. «Warzensalbe XY», angegeben werden.
nein452Tarifposition der MiGeLMiGeL: Mittel-und Gegenstände-listeMit Tarifcode 452 können Leistungen der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) wie z.B. «Bettunterlagen und Windelhöschen» abgerechnet werden. Auf der Kommentarzeile kann das genaue Produkt, z.B. «HAUSELLA MEDI PLUS Inkont Slip 42/44 Damen Herren», angegeben werden.
nein999 Leistungen, die in keinem der auf­geführten Tarife ­enthalten sindTarifcode 999 sollte wenn möglich nicht verwendet werden, da die allermeisten Medikamente, Medizinprodukte und andere Leistungen sich auch über andere spezifische Tarifcodes abrechnen lassen. Insbesondere Pflichtleistungen sollten dem Kostenträger nicht via Tarifcode 999 in Rechnung gestellt werden.

Rückweisung bei der Verwendung von falschen Tarifcodes

«Die Tarifposition 7680481641003 (GTIN für Ibuprofen-Produkt) mit dem Tarifcode 999 der Rechnungsposition 6 ist ­unbekannt.» Solche oder ähnliche Meldungen seitens des Krankenversicherers bedeuten, dass für die vorliegende Tarifposition ein falscher Tarifcode ver­wendet wurde. Sie führen zu Rückfragen seitens der Versicherer und damit zu administrativem Mehr­aufwand für die Arztpraxis. Zu falschen Tarifcodes können insbesondere fehlende Aktualisierungen der Stammdaten des Abrechnungssystems führen. Aufseiten der Kos­tenträger führt die fehlerhafte Ver­wendung der Tarifcodes zu erhöhtem manuellem Aufwand, um die Leistungen den korrekten Tarifen zuzuordnen.
Die CSS Versicherung hat deshalb die FMH im März 2020 informiert, dass zukünftig Leistungen, die fälschlicherweise mit Tarifcode 999 abgerechnet werden, automatisch zurückgewiesen werden sollen. Laut CSS prüfen andere Versicherer ein ähnliches Vorgehen. Tarif­code 999 wurde vom Forum Datenaustausch geschaffen, um Leistungen abrechnen zu können, die in keinem der anderen aufgeführten Tarife ­enthalten sind. Nach Analysen der CSS werden ­unter dem ­Tarifcode 999 von der Ärzteschaft Leis­tungen – insbesondere Medikamente und Medizin­produkte wie beispielsweise Verbrauchsmaterialien (TARMED GI-20) – verrechnet, für die es eigentlich ­andere spezifische Tarifcodes gäbe.
Analysen der FMH zeigen, dass insgesamt ca. 1% aller ambulanten Leistungen über den Tarifcode 999 ab­gerechnet wird. Da automatische Rückweisungen in diesem Leistungsvolumen grosse administrative Mehraufwände für die betroffenen Ärztinnen und Ärzte auslösen würden, möchte die FMH die Situation nutzen, um ihre Mitglieder generell über die korrekte Anwendung von Tarifcodes bei der Abrechnung von Medikamenten und Medizinprodukten zu infor­mieren.

Software-Anbieter einbeziehen, um Tarifcodes korrekt anzuwenden

Die FMH empfiehlt Praxisärztinnen und Praxisärzten, sich bei ihren Software-Anbietern zu vergewissern, dass die in diesem Artikel ausgeführten Erläuterungen zur korrekten Anwendung von Tarifcodes bei der Abrechnung von Medikamenten und Medizinpro­dukten in der jeweilig verwendeten Abrechnungssoftware entsprechend umgesetzt sind. Falls in einzelnen Arzt­praxen neben Medikamenten und Medizinprodukten andere Leistungen systematisch über Tarifcode 999 abgerechnet werden, wird empfohlen, diese ebenfalls wo möglich über die vom Forum Datenaustausch publi­zierten offiziellen Tarifcodes abzurechnen. Bei Fragen zur korrekten Anwendung der Tarifcodes kann die Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife der FMH (tarife.ambulant[at]fmh.ch) kontaktiert werden.
Abteilung Digitalisierung/ eHealth
Tel. 031 359 12 04
ehealth[at]fmh.ch