Auch aus Steinen, die im Weg liegen, lässt sich etwas Gutes bauen

FMH
Ausgabe
2020/2728
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.19047
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(2728):833

Affiliations
Dr. med., Präsident der FMH

Publiziert am 30.06.2020

Mit der Verabschiedung der Zulassungsvorlage 18.047 in dieser Sommersession geht ein langer Weg zu Ende. Erstmals im Jahr 2002 aufgrund des Personenfreizügigkeitsabkommens befristet verfügt, reihte sich 2005, 2008 und 2013 Provisorium an Provisorium. Damit wurde auch die Diskussion um die bestmögliche ­Lösung für eine Zulassungsregelung zum Dauerbrenner – und zum ständigen Thema für die FMH, als Berufsverband der einzigen von diesem Gesetz betroffenen Berufsgruppe.
Die Revision von 2013 zeigte, dass die FMH mit ihren Argumenten für eine Zulassungsregelung nach Qua­litätskriterien überzeugen konnte: Das Parlament ­bestimmte eine mindestens dreijährige Tätigkeit an ­einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte als wesentliche Voraussetzung für eine praxisambulante Tätigkeit in der Schweiz. Dies stellte sicher, dass sich alle zugelassenen Ärztinnen und Ärzte an Kliniken mit ausgewiesenen Standards mit dem Schweizer Gesundheitswesen vertraut gemacht hatten. Mit der im Jahr 2015 geplanten Verstetigung dieser Regelung schien dann auch ein guter Kompromiss zum Greifen nah – wurde aber im Nationalrat in der Schlussabstimmung knapp mit 96 zu 97 Stimmen abgelehnt. Damit hiess es «Zurück auf Start»: Sämtliche Steuerungsoptionen standen wieder im Raum – von der Festlegung der Ärztedichte durch den Bund bis hin zur Abschaffung des Kontrahierungszwanges und regional nach Ärztedichte differenzierten Taxpunktwerten.
Insofern erstaunt es nicht, dass eine neue gesetzliche Regelung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten ihre Zeit gebraucht hat – und in den Jahren 2016 und 2019 erneute Verlängerungen des bestehenden Provisoriums erforderte. Der Gesetzesentwurf (18.047) des Bundesrats von Mai 2018 und auch die Änderungen durch den Nationalrat im Dezember 2018 hatten zunächst eine sehr komplizierte und administrativ aufwendige Regulierung erwarten lassen [1]. Nach sub­stantiellen Verbesserungen durch den Ständerat 2019 und vielen Diskussionen in den parlamentarischen Kommissionen und Kammern einigten sich letztlich National- und Ständerat auf das nun vorliegende Zulassungsgesetz für Ärztinnen und Ärzte (siehe hierzu auch S. 834; [2]).
Für Ärzteschaft wie Patienten ist an diesem Gesetz erfreulich, dass es vertieft auf Qualitätskriterien setzt, für welche die FMH jahrelang gekämpft hat. Für die Zulassung zu einer ambulanten ärztlichen Tätigkeit bedarf es nun einer mindestens dreijährigen Tätigkeit an einer anerkannten schweizerischen Weiterbildungsstätte im beantragten Fachgebiet. Diese neu fachspe­zifische Tätigkeit als Voraussetzung fördert einen bedarfsgerechten Fachärzte-Mix und gibt den Kantonen einfache Lenkungsmöglichkeiten an die Hand [1, 2]. Der Nachweis der Sprachkompetenz mittels einer in der Schweiz abgelegten Sprachprüfung als Zulassungsvoraussetzung verbessert die Patientensicherheit. Gleichzeitig entfällt diese Nachweispflicht für Ärztinnen und Ärzte mit schweizerischer gymnasialer ­Maturität, was der FMH ein wichtiges Anliegen war. In Hinblick auf die kantonalen Kompetenzen zu Höchstzahlen und ­Zu­lassungsstopps wurden Lösungen gefunden, die ein ­differenziertes Vorgehen unter Ein­bezug der anderen Akteure ermöglichen – dies ist aus Sicht der FMH ein ­akzeptabler Kompromiss.
Die 2002 geborene Zulassungsregulierung wird nun 2020 also in die Volljährigkeit entlassen. Wir sind froh, dass seit 2013 viele unserer Argumente überzeugen konnten und wir so einen Beitrag zu ihrer Entwicklung leisten konnten. Die vielen Steine, die sich auf dem langen Weg befanden, konnten zu einem akzeptablen ­Gebäude zusammengebaut werden. Wie lange dieses genutzt werden wird – in Zeiten von mehr als 3500 offenen Arztstellen [3] –, wird die Zukunft zeigen.