Leserbriefe zum Cartoon Ausgabe 29–30 (mit Replik)

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2020/3132
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.19109
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(3132):934

Publiziert am 28.07.2020

Leserbriefe zum Cartoon Ausgabe 29–30 (mit Replik)

Bitte so nicht

Ich bin ein Fan der SÄZ, lese sie meistens sofort, blättere aber immer zuerst voller Erwartung auf die letzte Seite mit den praktisch immer sehr guten Karikaturen. Die Karikatur der letzten Nummer aber ist deplatziert: Mit dem Vorfall und besonders mit dem Zitat: «I can’t breathe» / «Ich kann nicht atmen» sollte sich im Hinblick auf die realen Vorkommnisse eine Karikatur verbieten. Sie ist pietätlos.

Darf ein Cartoon moralisch bewertet werden?

Am Patientenbett stehend fragen sich zwei Ärzte, ob der Grund für die schwere Atemnot ihres Patienten das Virus oder Rassismus ist. Als Basler Hausarzt, der durchaus mit schwarzem Humor vertraut ist, bleibt mir das Lachen beim Anblick dieser Karikatur im Hals stecken. Was möchte der Künstler damit bewirken – ein heftiges Lachen sicher nicht, auch nicht ein Lächeln, wohl auch kaum ein Nachdenken? Karikaturen müssen nicht lustig sein; sie können sehr ernst sein und gerade im Bereich der Medizin dazu dienen, Unerträgliches erträglicher zu machen. Ein Cartoon darf sich aber nicht jeglicher moralischen ­Bewertung entziehen. Lachen, lächeln oder nachdenken kann man über zwei ganz unterschiedliche Sachverhalte, die unerwartet in einer Karikatur zusammengefügt werden, oder auch über eine Unstimmigkeit zwischen dem im Cartoon Dargebotenen und der Realität. Leider ist beides in diesem Cartoon nicht der Fall. Dass das sehr belastende Symptom der Atemnot ins Zentrum eines Cartoons gestellt wird, und die schockierende Tötung des George Floyd sowie das einsame oft qualvolle Sterben von an Covid-19 erkrankten Patienten karikiert werden, ist schwer zu ertragen und ­hinterlässt Trauer, Unverständnis und Kopfschütteln. Sollte das möglicherweise der Zweck dieses Cartoons sein?

Fragliches Cartoon

Sehr geehrte Redaktion,
als ich das Comic auf der letzten Seite der Ausgabe der Ärztezeitung gesehen habe, musste ich mich schämen, dass ich einer Organisation angehöre, die in ihrem Standesorgan ein solches Comic veröffentlicht, auch wenn sie angibt, dass das unabhängig von der Redaktion gestaltet wird.
Mit freundlichen Grüssen

Replik auf: Leserbriefe zum Cartoon Ausgabe 29–30

J’éprouve toujours une certaine angoisse avant de publier un dessin et je me pose souvent la question: est-ce que je serai à la hauteur de l’attente des lecteurs, en occurrence dans cette revue médicale? Mes confrères médecins vont-ils me comprendre? Il m’est difficile de dessiner, pour ne pas dire pénible quand je touche au secteur de la santé. Etant moi-même médecin, je sais que je n’ai pas droit à l’erreur, plus encore à l’égard de mes patients, dont je sais qu’ils peuvent parfois mal interpréter mes croquis. On peut rire de tout, mais certainement ne pas se moquer de tous. Au travers de mes dessins, j’essaie de faire ressortir le grotesque ou le ridicule d’une situation ou d’un événement, avec le souci constant de ne jamais blesser ou offenser qui que ce soit. Alors oui, en posant son regard personnel, que ce soit sous un angle pédagogique ou critique, un caricaturiste peut déranger. Mais ­jamais il ne cherche à choquer, à moquer les convictions intimes de ses lecteurs.