Replik auf: «Genetische Impfstoffe gegen COVID-19: Hoffnung oder Risiko?»

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2020/35
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.19150
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(35):1026

Publiziert am 25.08.2020

Replik auf: «Genetische Impfstoffe gegen COVID-19: Hoffnung oder Risiko?»

Diese Replik beabsichtigt, die Fehler des obengenannten Artikels zu berichtigen. Im Abschnitt «RNA-Impfstoffe als Favoriten?» ­zitiert der Autor: «So haben präklinische Studien mit RNA-Impfstoffen gegen SARS und MERS das Risiko schwerwiegender entzünd­licher Veränderungen des Lungengewebes offen­gelegt, die über eine Überreaktion der Th2-Lymphozyten vermittelt werden» [22]. Referenz 22 (Lurie N, Saville M, Hatchett R und Halton J. Perspective: Developing COVID-19 vaccines at pandemic speed. The New England Journal of Medicine. 2020) ist aber ein Review über Impfstoffe, kein Originalartikel über mRNA-Impfstoffe. Darin steht zwar: “Preclinical experience with vaccine candidates for SARS and the Middle East respiratory syndrome (MERS) have raised concerns about exacerbating lung disease, either directly or as a result of antibody-dependent enhancement.” Dies wurde jedoch bei Impfungen mit inaktivierten Viren festgestellt und hat nichts mit mRNA-Impfstoffen zu tun. Ebenso falsch ist die Aussage im Abschnitt «Plädoyer für das Vorsorgeprinzip»: «Bei einem bislang favorisierten RNA-Kandidaten gegen SARS-CoV-2 zeigte sich jüngst im Primatenversuch, dass das Vakzin zu keiner ausreichenden Immunität führt, obwohl dieser Kandidat bereits zuvor eine Zulassung zur klinischen Phase 1 erhalten hatte» [27]. In Referenz 27 (Newey S und Nuki P. Doubts over Oxford vaccine as it fails to stop coronavirus in animal trials. The Telegraph, 18.5.2020) geht es um den «Oxford-Impfstoff», bei dem es sich um ein modifiziertes Adenovirus (ein modifiziertes DNA-Virus, das als Impfstoff verwendet wird) und nicht um einen mRNA-Impfstoff handelt.
In dieser Zeit der Pandemie müssen irreführende Informationen unbedingt berichtigt werden.
Weltweit sind über eine halbe Million Menschen an einer SARS-CoV-2-Infektion gestorben, und die sehr negativen gesellschaft­lichen und wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 müssen erst noch vollständig bewertet werden. Es freut mich daher zu sehen, dass die Behörden (z.B. die FDA in den USA) ­alles daransetzen, die bereits etablierte vielseiti­ge, sichere und effiziente Techno­logie mit den mRNA-Impfstoffen zu fördern. Die grossartigen Ergebnisse der klinischen Phase-I(/II)-Studien von Moderna und BioNTech/Pfizer sowie der Fast-Track-Status werden es aber voraussichtlich ermöglichen, die Anti-COVID-19-mRNA-Impfstoffe noch vor Ende 2020 zu validieren. Die Schweiz hat sich 4,5 Millionen Dosen von Modernas mRNA- Impfstoffen gesichert. Ich freue mich (sollten die Phase-III-Daten die Wirksamkeit zeigen und die in Phase I(/II) gesehene Sicherheit bestätigen), dass dieser wirksame und sichere Impfstoff in naher Zukunft zum Schutz der Schweizer Bevölkerung (derjenigen, die ihn wollen und von ihm profitieren) eingesetzt werden kann.