Querschnittsstudie mit 160 Patienten gestartet

Interprofessionalität in der Grundversorgung bei Diabetes Typ 2

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Ausgabe
2020/39
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.19173
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(39):1222

Affiliations
a Dipl. Ärztin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, BIHAM; b Prof. Dr. med. Dr. phil., Ausserordentlicher Professor Grundversorgung Medizin, BIHAM

Publiziert am 22.09.2020

Das Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) hat eine breit unterstützte Studie zum Thema Interprofessionalität in der Grundversorgung gestartet. Sie trägt den Titel «Vergleich von Praxen mit und ohne Medizinische Praxiskoordinatorin (MPK) in der Versorgung von Patienten mit Typ-2-Diabetes». Untersucht werden unter anderem die Behandlungslast (Treatment Burden), die Patientenzufriedenheit mit der Betreuung durch eine MPK, die hierunter vorgekommenen Häufigkeiten von aufgetretenen Hypoglykämien und die Qualität der Diabetes-Therapie (SGED-Kriterien). Die Querschnittsstudie wird 160 Patienten einschliessen.
Menschen mit Typ-2-Diabetes optimal betreuen und beraten heisst Blutzuckerwerte, Gewicht und Blutdruck kontrollieren und verbessern, heisst Fussuntersuchungen durchführen, Endorganschäden suchen, heisst Koordination mit dem Augenarzt und heisst Motivation des Patienten bezüglich Ernährung und Bewegung. Und dies sind nur ein paar Aufgaben für den Hausarzt. In Zukunft werden diese Aufgaben noch zunehmen und die Koordination zwischen Praxis und Spezialisten intensiver werden, denn auch die Therapien werden umfangreicher. Kann uns hier eine MPK unterstützen? Wie verbessert sich dadurch die Diabetesbehandlung, und wie ist die Zufriedenheit der Patienten mit ihrer Krankheit unter der interprofessionellen Betreuung? Häufige Hypoglykämien beeinträchtigen das Leben von Diabetikern erheblich. Kann das Auftreten von Hypoglykämien vermindert werden durch eine engere medizinische Betreuung durch eine MPK? Was benötigen die Patienten zudem, um besser mit ihrer Erkrankung leben zu können?
Die MPK-Studie vergleicht Praxen mit und ohne MPK. Eingeschlossen werden über 18-jährige Patienten mit Diabetes Typ 2, welche seit mindestens einem Jahr in Betreuung bei einem Hausarzt ohne MPK oder bei einer MPK sind.
Die Patienten werden über ihre MPK oder ihren Hausarzt rekrutiert. Zur Qualitätssicherung müssen die MPKs seit mindestens einem Jahr ihre Ausbildung mit klinischer Fachrichtung abgeschlossen haben. Geleitet wird die Studie von einer interprofessionellen Projektgruppe, welche sich vor der COVID-19-Pandemie noch persönlich treffen durfte, wobei ein Patientenvertreter, selbst von Diabetes betroffen, nicht fehlen durfte. Finanziell wird die Studie grosszügig von der Schweizerischen Diabetes- Stiftung, der Ärztegesellschaft des Kantons Bern (BEKAG), den Versicherungen KPT und VISANA und der FMH unterstützt. Die Studie wird im engen Austausch mit dem Schweizerischen Verband für Medizinische Praxis-Fachpersonen (SVA), der Patientenorganisation diabetesschweiz und dem unabhängigen Forschungsunternehmen INFRAS organisiert.
Mit der MPK-Studie wird ein weiterer wichtiger Schritt unternommen, die interprofessionelle Zusammenarbeit in der Grundversorgung zu beleuchten und zu stärken. Die MPK stellt eine wichtige professionelle Ressource dar, welche die komplexe Betreuung chronisch Erkrankter in der Grundversorgung verbessern kann. Die MPK-Studie möchte diese wichtige Arbeit mit Hilfe von messba­ren Qualitätswerkzeugen (Treatment Burden Questionnaire, Diabetes Treatment Satisfaction Ques­tionnaire, SGED-Kriterien) ablichten. Damit kommt die Studie auch der Forderung nach, vermehrt Patient-reported outcome measures (PROMs) bzw. Patient-reported experience measures (PREMs) zu verwenden [1].
Die Studie konnte im August 2020 erfolgreich starten, da sich viele Praxen mit MPKs zur Verfügung gestellt haben. Entsprechend dem Verlauf der COVID-19-Pandemie und den BAG-Empfehlungen wird die Studie nun möglichst rasch durchgeführt, um auch Ergebnisse zu liefern, welch­e gerade für PROMs auch gefordert wurden [2]. Es werden individuelle Lösungen gesucht, damit eine Teilnahme unter optimalen Bedingungen stattfinden kann und der Schutz der Risikogruppen gewährleistet ist.
Anna-Katharina.Ansorg[at]biham.unibe.ch.
sven.streit[at]biham.unibe.ch