Nichts Neues zu Corona?

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2020/44
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2020.19278
Schweiz Ärzteztg. 2020;101(44):1461

Publiziert am 27.10.2020

Nichts Neues zu Corona?

Die Möglichkeit des Erregernachweises ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie in der Klinik. Der RNA-Nachweis im Rachen hat sich bei der Coronadiagnostik etabliert und wird inzwischen mit einer Infektion gleichgesetzt. Damit lässt man häufig ausser Acht, dass diese RNA-Tests sehr sensitiv sind und schon einzelne wenige Kopien oder RNA-Fragmente nachweisen. So zeigte kürzlich eine Berner Studie, dass circa ein Fünftel der «Infizierten» keine Symptome hatten. Darf man in diesem Fall von einer Infektion sprechen? Wir wissen auch, dass diese Personen zu einem späteren Zeitpunkt nochmalig mit Symptomen erkranken können. Analog zum Wundabstrich einer oberflächlichen Wunde könnte man auch von einer Kolonisation, Kontamination sprechen. Die Person wurde z. B. in einem mäs­sig belüfteten Raum gerade eben angehustet. Analog des DANN-Tests in einem Krimi sind virale RNA-Fragmente eine Zeit lang nachweisbar, nur eben nicht so lange wie eine DNA. Ein zweiter Rachen­abstrich einige Tage später wäre wahrscheinlich ein wichtiger Parameter. Ebenso gewinnt der um einige Tage zeitversetzte Abstrich nach Rückkehr aus einem Risikogebiet an Bedeutung. Ich postuliere, dass eine natürliche Barriere, die bei Kindern einen Infekt verhindern kann, bei älteren Personen mit geschwächter Immunabwehr oder defekter Schleimhaut, z. B. bei Rauchern, fehlt und bei schlechtem Zahnstatus die Virulenz steigt. Wir kennen das analoge Problem beim diabetischen Fuss und bei Staphylococcen. Ein korrekter Abstrich im richtigen Kontext und zum richtigen Zeitpunkt ist wichtig, breitflächiges Testen ohne Symptome schürt Angst und lähmt. Wichtig bleiben klinischer Status, geeigneter Schutz in einer differenzierten Pandemie-Stufe (siehe Dänemark), geeignete Kommunikation gegenüber der Bevölkerung bezüglich der Intensität des Schubs und der Test bei der Hospitalisation. Es braucht ein analoges Konzept für die Diagnostik wie zum Beispiel bei der Tuberkulose. Wir müssen akzeptieren, dass ein Generalverdacht für alle bestehen bleiben wird und ein Mund-Nasenschutz für alle in einer fortgeschrittenen ­Situation ein Weg von der chirurgischen Maske hinzu einer FFP-3-Maske oder Helm erforderlich machen wird, wenn nicht eine sehr effiziente Responding-Rate auf eine etwaige Virusimpfung gelingen wird. Sowohl Lockdown als auch ruinöses Testen muss verhindert werden. Für die Politik sollten die Hospitalisationsrate und Auslastung der Ressourcen die entscheidenden Parameter für eine erfolgreiche Pandemie-Strategie ­darstellen.