TARDOC ab 2023: Ist der Tarif inflations-indexiert? (mit Replik)

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2022/03
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.20446
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(03):62

Publiziert am 18.01.2022

TARDOC ab 2023: Ist der Tarif inflations-indexiert? (mit Replik)

Vielleicht renne ich offene Türen ein und die Verantwortlichen sind sich dessen bewusst und haben bereits eine realistische Inflations-Indexierung des TARDOC vereinbart. Dann ist alles gut. Ich habe davon einfach noch nichts gelesen oder gehört.
Im gegenwärtigen Stadium unseres monetären und wirtschaftlichen Umfelds könnte die Inflations-Indexierung schon sehr bald der wichtigste Punkt im neuen Tarif sein, denn die Rohstoff- und Erzeugerpreise steigen aktuell explosionsartig und die allgemeine Teuerung ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Viele Experten rechnen nicht damit, dass der Geist der Inflation wieder in seine Flasche zurückkehren wird.
Beim neuen TARDOC ist für uns Ärzte deshalb ein quartalsweiser oder mindestens jährlich korrekt und fix indexierter, automatischer Teuerungsausgleichs-Mechanismus elementar, damit unsere Marge nicht in wenigen Jahren aufgerieben wird und deshalb nicht jähr­liche Tarif-Neuverhandlungen drohen.
Dr. med. Paul Steinmann, Worb

Replik zu «TARDOC ab 2023: Ist der Tarif inflations-indexiert?»

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmann
Vielen Dank für Ihren Leserbrief. Es ist tatsächlich so, dass die Gestehungskosten in den Arztpraxen seit Einführung von TARMED im Jahr 2004 stark angestiegen sind. Schätzungen der Ärztekasse und der FMH, basierend auf Zahlen der Rollenden Kostenstudie RoKo, gehen davon aus, dass in den vergangenen Jahren die Gesamtkosten um beinahe 30 Prozent angestiegen sind. Diese Entwicklungen sind in die Kostenmodelle bei TARDOC eingeflossen und werden auch in Zukunft in den jährlich neuen Versionen des Tarifs berücksichtigt. Die Tarifpartner FMH, curafutura und MTK haben vorgesehen, TARDOC zukünftig regelmässig zu überarbeiten. Dazu gehört auch die Aktualisierung der dahinterliegenden Kostenmodelle.
Gemäss Art. 59c KVV darf ein Wechsel des Tarifmodells aber zu keinen Mehrkosten führen, weshalb beim Übergang von TARMED zu TARDOC die Vorgabe besteht, die Kostenneutralität einzuhalten. Der Kuchen wird also nicht grösser, er wird nur anders verteilt. Diese Tatsache kritisiert die FMH seit Jahren. Einen Lichtblick gibt es indes: Gemäss Einschätzung der FMH fallen zukünftige Revisionen desselben Tarifs (kein Modellwechsel) nicht mehr unter die Prämisse der Kostenneutralität. Wenn wir also zukünftig datenbasiert aufzeigen können, dass die Kosten gestiegen sind, haben wir auch eine Chance, Inflationsentwicklungen zu adaptieren und einfliessen zu lassen.
Es gibt aber – neben der Tarifstruktur – noch eine zweite Seite der Medaille: Der Taxpunktwert. Die Ärzteschaft versucht in allen Kantonen seit Jahren, auch die Taxpunktwerte entsprechend den Gestehungskosten anzuheben. Bisher leider mit mässigem Erfolg. Ärztegesellschaft und Einkaufsgemeinschaften sind sich uneinig, sodass sich viele Kantone mittlerweile in Festsetzungsver­fahren befinden und die Kantonsregierungen über die Taxpunktwerte entscheiden müssen.
Ein wichtiges Anliegen der FMH auf politischer Ebene ist aus diesem Grund auch der Erhalt der Tarifautonomie, deren Bedeutung aktuell insbesondere durch die geplante Budgetierung der Gesundheitsversorgung unterstrichen wird. Nur mit der Tarifautonomie haben Ärztinnen und Ärzte auch in Zukunft ein Wort mitzureden bei der Ausgestaltung der Tarife; um die harten Verhandlungen mit den Kostenträgern werden wir aber auch dann nicht herumkommen.
Aus den oben genannten Gründen ist es Zeit, den veralteten und durch den Bundesrat festgesetzten TARMED abzulösen. Es ist Zeit für TARDOC!
Christian Oeschger, Abteilung Ambulante Versorgung und Tarife FMH