Ist das globale menschliche Kollektiv zu unwissend, um zu überleben? (mit Replik)

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2022/2526
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.20843
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(2526):856-857

Publiziert am 22.06.2022

Ist das globale menschliche Kollektiv zu unwissend, um zu überleben? (mit Replik)

Sehr geehrte Redaktion,
ja, wenn die Erde krank ist, geht es auch uns schlecht. Der Zustand der Erde verschlechtert sich. Dann wieder das Mantra der gefährdeten Lebensgrundlagen/Biodiversität, was wir etwa zum tausendsten Mal hilflos und ohnmächtig hören und lesen. Seit den «Grenzen des Wachstums» vom klugen Club of Rome hätten wir volle 50 Jahre Zeit gehabt, das ernst zu nehmen. Das Gegenteil passierte: Fortgesetztes quantitatives Wachstum um wirklich jeden Preis. In diesen 50 Jahren hat sich die Weltbevölkerung von 3,9 auf 7,8 Milliarden voll verdoppelt, obwohl es da schon chemische Antikonzeption gab. Für die hohe Transdisziplinarität gibt es durchaus gemeinsame Nenner, welche die apathisch oder aggressiv machende Mega-Komplexität etwas verein­fachen. Gut, wenn mit Planetary Health eine Lernplattform geschaffen wird. Prof. Dr. med. Nicolas Senn nimmt sich Gott sei Dank der (echten?) Nachhaltigkeitsthemen an. Ja, wir müssen uns daran gewöhnen, dass Forschende (dort, wo die Kompetenz ist) auch politisch aktiv sein dürfen und sollen. Diese Notwendigkeit resultiert aus den bisher jämmerlichen Resultaten der Politiker in Umweltbelangen. Das oberheilige Wirtschafts-Primat ist durch mächtiges und massenhaftes Lobbying in der Politik felsenfest verankert, da hatte und hat die Umwelt bisher keine Chance. Dr. med. Christian Abshagen erkennt zu Recht, dass Gesundheit und Umwelt immer mehr mit den Ärzten zu tun hat, und fragt, wo das Gesundheitswesen noch nicht ökologisch ist. Mit «Sustainable Development» wird wieder die Nachhaltigkeit angesprochen, ohne Vorschlag dafür, aber ohne die es bei genauerem Hinsehen gar nicht geht.
Die Ökonomie von Zeit und Geld erfordert heute zwangsweise, den Brennpunkt auf echt nachhaltige Massnahmen zu setzen. Man kann es wenden, wie man will, damit sind dem quantitativen Wirtschaftswachstum entgegenlaufende Brems-Massnahmen unumgänglich.
Es ist mir voll bewusst, dass der grösste Teil der Umwelt-Immissionen vom wohlhabenden Drittel der Menschheit stammt. Auch dieser ist ganz legitim, wie es jetzt die Milliarden aus den Schwellenländern gerade tun, mal zu Wohlstand aufgestiegen. Ist unser Planet dieser noch nie dagewesenen Menschenmenge dann wirklich gewachsen? Es kommen dann noch gemäss der UNO aus 121 Millionen unbeabsichtigten Schwangerschaften pro Jahr schon von den Müttern unerwünschte 80 000 000 Kinder zur Welt, was etwa gerade dem globalen jährlichen Menschenzuwachs entspricht. Was für ein skandalöses, gigantisches neues Elend wird mit diesen chancen­losen Menschen verursacht. Warum spricht niemand davon? Übersteigt das ultimative Grauen den Sprachschatz der Menschen oder wissen sie es einfach nicht?
Mit der globalen Förderung der freiwilligen Familienplanung haben wir eine apokalypse-bremsende Massnahme mit beispielloser Nachhaltigkeit. Gerne fordere ich allfällige Kritiker dazu auf, eine ganzheitlichere, ursächlichere, effizientere, humanere, machbarere, friedensförderndere und echt nachhaltigere Massnahme vorzuschlagen. Das muss in den Lehrplan für die Jungen, denn sie müssen ja unser unglaubliches Versagen dereinst bitter ausbaden. Nach einigem Nachdenken wird ganz klar, dass nur die freiwillige Familienplanung allüberall jene vielen Win-win-Situationen erschafft, die ein powervolles Gegengewicht zum endlosen Klagen und Jammern über die tausenden von Symptomen der Überbevölkerung darstellen.

Réplique à «Ist das globale menschliche Kollektiv zu unwissend, um zu überleben?»

Nous remercions notre collègue de l’attention qu’il a porté à nos portraits. Nous nous permettons de répondre d’une seule voix. Il est évident que nous partageons avec lui la complexité des enjeux et l’interconnexion entre les problématiques environnementales et sociétales qu’il soulève. De notre expérience cependant, il nous semble qu’un discours trop négatif et global provoque surtout une sidération chez les gens (professionnels de santé compris) plutôt que de mener à des actions concrètes et constructives. Il nous semble dès lors essentiel de développer un discours plus positif porteur d’espoir (ce qui reste encore largement à construire). Parler de décroissance par exemple ne fait qu’utiliser la même échelle de valeurs que la croissance, donc est forcément négatif. Nous devons changer les échelles d’appréciation. Les co-bénéfices offrent une belle opportunité de construire des interventions nouvelles qui intègrent santé humaine et santé de la planète. Concernant la démographie et le planning familial, nous ne rentrerons pas dans ce débat si ce n’est pour mentionner deux choses qui nous semblent fondamentales. Premièrement, le planning familial a été très souvent utilisé à des fins politiques ou idéologiques de contrôle des peuples au détriment des personnes et pose par conséquent des problèmes éthiques majeurs. Deuxièmement, nous pensons que les enjeux sociaux et environnementaux sont intimement liés et ne peuvent être traités l’un sans l’autre.
Nous remercions encore une fois notre collègue pour avoir réagi à nos interventions et lui adressons nos meilleurs messages.