FMH
Entscheid des Bundesrats
TARDOC als Basis des Einzelleistungstarifs gesetzt
Dr. med., Mitglied des FMH-Zentralvorstandes, Departementsverantwortlicher Ambulante Versorgung und Tarife
Am 3. Juni 2022 hat der Gesamtbundesrat entschieden, dem Gesuch auf Genehmigung des Einzelleistungstarifs TARDOC für ambulant ärztliche Leistungen vorerst nicht zuzustimmen. Gleichzeitig hat der Bundesrat aber an der Pressekonferenz zum TARDOC-Entscheid und in einem öffentlichen Schreiben an die Tarifpartner klipp und klar festgehalten, dass basierend auf der Einzelleistungsstruktur TARDOC die geforderten Nachbesserungen erfolgen müssen. Diese Ergänzungen sollen im Rahmen der kurz vor der Gründung stehenden gemeinsamen ambulanten Tariforganisation nach KVG Art. 47a mit allen Tarifpartnern entwickelt werden. Die Tarifierungsgrundlagen des TARDOC sind also gesetzt, und ein Neustart auf Feld 1 steht nicht zur Diskussion.
Ausserdem hat Bundesrat Alain Berset wiederum betont, dass für die erneute Einreichung des TARDOC keine zeitliche Koinzidenz mit der Einreichung von ambulanten Pauschalen besteht, da der Reifegrad des TARDOC deutlich weiter ist als die Entwicklung der ambulanten Pauschalen. Auch im öffentlichen Schreiben an die Tarifpartner wird keine gleichzeitige Einreichung von Pauschalen und der Einzelleistungsstruktur TARDOC gefordert. Damit hat der Gesamtbundesrat nun auch klar Verantwortung übernommen und den TARDOC priorisiert.
Trotzdem sind wir natürlich enttäuscht. Aus Sicht der Tarifpartner FMH und curafutura wäre die Einzelleistungsstruktur TARDOC jetzt schon genehmigungsfähig. Nun werden auf unbestimmte Zeit hinaus weiterhin wichtige, sachgerechte und kostensparende Leistungen für die Patientinnen und Patienten wie Chronic Care, Palliative Medizin und digitale Angebote nicht tarifiert werden können.
Fehlanreize und fehlende Sachgerechtigkeit des TARMED werden nun nicht korrigiert und bleiben in Kraft. Das neue Hausarztkapitel für die allseits geforderte Stärkung der Grundversorgung bleibt wiederum vollends auf der Strecke. Ein schlechtes Signal, das suggeriert, dass der längst nicht mehr sachgerechte TARMED immer noch besser ist als der moderne, sachgerechte und betriebswirtschaftlich bemessene TARDOC.
Auch die Art und Weise, wie dieser Bundesratsentscheid zustande kommt, ist zumindest bedenklich. Seit der Einreichung des TARDOC V1.3 vor fünf Monaten haben wir ausser der Eingangsbestätigung keine inhaltliche Rückmeldung erhalten. Wir hätten zumindest erwartet, dass wir für Rückfragen und Unklarheiten kontaktiert werden. Ein detaillierter Prüfbericht zu TARDOC V1.3 wurde bis heute nicht veröffentlicht.
Wie geht es nun weiter? Die Tarifpartner werden beurteilen müssen, ob sie bereit sind, diese Tarifstruktur noch weiterzuentwickeln und in die gemeinsame Tariforganisation einzubringen.
Für die FMH stellt sich zudem die Frage, welche Auswirkungen die erneuten Auflagen und Vorgaben für die Ärzteschaft haben werden. Die Spielregeln wurden in den letzten Jahren mehrfach einseitig von der Genehmigungsbehörde geändert. Beispielsweise haben wir die Vorgabe der Verlängerung der Kostenneutralitätsphase auf drei Jahre erfüllt. Nun kommt die Auflage, den Kostenkorridor von 3 Prozent pro Jahr auf 2,5 Prozent zu senken. Davon war vor einem Jahr im Schreiben von Bundespräsident Parmelin noch keine Rede. Weiterhin wird gefordert, dass das Referenzeinkommen nach unten korrigiert werden soll – obwohl die angemerkte Beanstandung bereits eingerechnet ist. Das hat direkte und massive Auswirkungen auf die Grundversorgung, die empfindlich geschwächt und nicht, wie gleichzeitig vom Bundesrat gefordert, gestärkt wird.
Wir werden nun die Auswirkungen der geforderten Korrekturen und Vorgaben prüfen, mit den Tarifpartnern nach Lösungen suchen und diese dann der Delegiertenversammlung (DV) als zuständigem Entscheidungsgremium in Tariffragen vorlegen. Von Seite FMH werden also die Delegierten der Fach- und kantonalen Ärztegesellschaften die Richtung bestimmen, wohin die Reise geht.
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