CAS, CmC und ein Karriereweg im Spital

FMH
Ausgabe
2022/3334
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.20980
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(3334):1008

Affiliations
Dr. med., Mitglied des FMH-Zentralvorstandes, Departementsverantwortliche Stationäre Versorgung und Tarife

Publiziert am 17.08.2022

Mein Berufsleben spielt im Spital – so wie es bei aktuell 45% aller Schweizer Kolleginnen und Kollegen der Fall ist.
Anfang der 90er Jahre als Diplomierte Pflegefachfrau, später als Assistenzärztin, Oberärztin und jetzt als Leitende Ärztin war ich immer im Spitalsektor tätig.
Je länger dieser Weg andauert, desto klarer wird mir, dass oft andere oder zusätzliche Fähigkeiten gefragt sind als reines medizinisches Fachwissen.
Ich benötige im Alltag Instrumente für Führung, Kommunikation, Projektentwicklung, Krisenmanagement – auch ökonomisches und ethisches Wissen ist gefragt.
Einen guten Teil meines Spitallebens stehe ich nicht am Bett der Patienten und Patientinnen, sondern plane die Erweiterung der Notfallstation – von baulichen bis finanztechnischen Überlegungen; Prozesse über Patientenströme in der IMC werden durchgedacht; Assistenzärztinnen und -ärzte wollen gefördert sein oder Patientenbeschwerden behandelt. Und überall braucht es Kommunikation – eine Kommunikation, die zwischenmenschliche Verbindung aufbaut, Loyalität fördert und die für Erfolg oder Misserfolg eines Projektes oft entscheidend ist.
Um sich auf all diesen diversen Terrains immer sicherer bewegen zu können, benötigt es eine gute Portion Lebenserfahrung – aber auch Fähigkeiten und Methoden, die erlernbar und übbar sind.
Die FMH und H+ Bildung bieten seit zehn Jahren eine gemeinsame Fortbildung «Führung und Management» für Spitalärzte und -ärztinnen an. In Modulen werden Themen wie Medizin & Ökonomie, Projektmanagement, Kommunikation/Führung unterrichtet.
Seit 2020 ist diese Seminarreihe auch anschlussfähig an ein CAS «Führung und Management für Kader im Gesundheitswesen» bzw. an einen MAS der Berner Fachhochschule. In dieser SAEZ finden Sie auf Seite 1026 das Interview einer Seminarteilnehmerin dieser intensiven Fortbildung für Kaderärzte und -ärztinnen im Spital.
Aber man muss und soll nicht warten bis zum Leitenden Arzt, um eine solche Weiterbildung zu belegen. Grosse Kliniken, FMH-Basisorganisationen, Fachgesellschaften und Universitäten bieten zunehmend Workshops und Kurse im Bereich Ökonomie, Ethik und Kommunikation an. Ich rate auch allen jüngeren Kolleginnen und Kollegen, sich solche Kurse auszuwählen. Die Lernkurve auf dem unbekannten Terrain ist steil und es eröffnen sich ganz neue Horizonte, die auch gewinnbringend für die eigene Karriere sein können.
Um auf dem Karriereweg eine individuelle Beratung zu erhalten, hat die FMH zusammen mit dem vsao, mfe, VLSS, swimsa und SIWF das Programm «Coach my Career» ins Leben gerufen. Das Programm hat zum Ziel, junge Ärztinnen und Ärzte auf ihrem Berufsweg zu unterstützen. In einem Beratungsgespräch mit erfahrenen Berufskolleginnen und -kollegen können sie über ihre Karrierepläne sprechen. Dabei können gerade auch über die medizinische Fachdisziplin hinaus Fragen gestellt und erörtert werden, die beispielsweise organisatorische, ökonomische, ethische Belange betreffen. Es ist uns ein Anliegen, dass die jüngere Ärzte-Generation vom Wissen und der Erfahrung Leitender Ärzte oder Chefärztinnen, die sich als Mentoren zur Verfügung stellen, profitieren kann.
Ende Juni fand der diesjährige CmC-Workshop für Mentoren statt. Auf Seite 1024 dieser SAEZ lesen Sie über den Event und das Projekt.
Ich habe für meinen Beruf als Ärztin das Wichtigste in erster Linie durch Erfahrungen ausserhalb meiner Komfortzone gelernt; beispielsweise in anspruchsvollen Situationen am Bett meiner Patientinnen und Pa­tienten oder in schwierigen Team-Konstellationen. Um hier zu reflektieren und weiterzukommen, haben mich etliche «out-of-the-box-Seminare» und Mentoring-­Gespräche weitergebracht. Ich habe mir selbst einige Mentorinnen und Mentoren gesucht – denn sie liessen mich meine Blickrichtung immer wieder ändern. Ganz im Sinne dieses Zitates von Hakuin Zenji (japanischer Zen-Meister, 18. Jhd.): «Lehrer öffnen dir das Tor. Doch über die Schwelle treten musst du selber.»
Oder Arthur Schopenhauer: «Wenn es überhaupt ein Rezept für den Erfolg gibt, besteht er darin, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen.»