Schweizerische
Ärztezeitung

In memoriam Dr Rainer Martin Kaelin (1948–2022)

Forum
Jean Georges Frey
Weitere Autoren
Dr. Werner Karrer, Prof. Thierry Rochat
Ausgabe
2022/40
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21088
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(40):20

Publiziert am 04.10.2022

NachrufDer engagierte Pneumologe Rainer Martin Kaelin hat sich sein Leben lang für die Entwicklung von Sauerstofftherapien und häuslicher Beatmung in der Schweiz eingesetzt. Seine Weggefährten nehmen Abschied von ihm.
Am 15. August 2022 ist Dr. med. Rainer Martin Kaelin nach beherztem Kampf gegen die Krankheit von uns gegangen. Seine Kindheit verbrachte er in Münchenstein (BL), danach besuchte er die Stiftsschule der Benediktinerabtei Einsiedeln − ein Ambiente, das ihn mit einer nie versiegenden Begeisterung für die höchsten geistigen Errungenschaften in den Bereichen Kunst, Literatur und Philosophie erfüllte. Er studierte zunächst Medizin in Basel und dann Innere Medizin bei Professor Alex F. Müller in Genf. Anschliessend spezialisierte er sich auf Pneumologie in Genf und Boston, wo ihn namentlich die Lehre von Dr. med. Gordon L. Snider prägte.

Ein Herz für die Pneumologie

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz wirkte er zusammen mit seinem Freund und Kollegen Professor Jean-Marie Tschopp an der Modernisierung des Walliser Zentrums für Pneumologie in Crans-Montana mit. Er war Autor von rund fünfzehn Publikationen in internationalen Fachzeitschriften und setzte sich nachdrücklich für die Entwicklung der Sauerstofftherapie und der häuslichen Beatmung in der Schweiz sowie für die therapeutische Aufklärung von Patientinnen und Patienten mit Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) ein, ein damals gänzlich neuartiger Ansatz. Im Jahr 1986 eröffnete er seine Praxis für Pneumologie in Morges, wo er, von seinen Patientinnen und Patienten äusserst geschätzt, bis 2015 praktizierte.

Einsatz gegen den Tabakkonsum

Für Rainer Kaelin waren die Medizin und ein starkes soziales und politisches Engagement untrennbar miteinander verbunden. Von 1999 bis 2005 wirkte er als Vizepräsident der Lungenliga Schweiz, nachdem er lange Zeit Vorstandsmitglied der Lungenliga Schweiz sowie Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie gewesen war. Sein eigentlicher Kampf galt jedoch der Zigarette. Er war überzeugt davon, dass die traditionelle schweizerische Konsenspolitik in diesem Bereich an ihre Grenzen kam, und fand es unhaltbar, dass unser Land bei den Einschränkungen und Verboten der Tabakwerbung in Europa das Schlusslicht bildete.
In seinen zahlreichen Artikeln und Briefen in der Schweizerische Ärztezeitung, aber auch in den Medien, von der Neue Zürcher Zeitung bis zur Tageszeitung 24 heures fiel er durch seine kompromisslosen Stellungnahmen und seinen polemischen Stil auf, der sicherlich nicht überall auf Wohlwollen stiess. Rainer Kaelin war unbequem, und er hat sich damit auch Feinde gemacht. Einer seiner letzten Erfolge war wohl der Sieg der Initiative gegen Tabakwerbung in der Volksabstimmung vom 13. Februar 2022. Eine geschichtliche Abhandlung über den Kampf gegen das Rauchen in der Schweiz, an der er gerade arbeitete, blieb unvollendet, da die Krankheit ihm keine Zeit mehr liess.
Hinter diesem Kämpfer – das soll nicht vergessen werden – steckte ein warmherziger, freundlicher, stets für den Gedankenaustausch offener und hochgebildeter Mann. Rainer Kaelin hinterlässt eine Lücke und grosse Trauer in seinem Freundes- und Kollegenkreis. Man wird dort sein Andenken bewahren als das eines Arztes von tiefer Menschlichkeit und Ehrlichkeit. Seiner Ehefrau, seinen Kindern und Angehörigen gilt unser aufrichtiges Mitgefühl.
Dr. med. Jean Georges Frey
Ehemaliger stellvertretender ärztlicher Direktor des Walliser Zentrums für Pneumologie
Dr. med. Werner Karrer
Ehemaliger ärztlicher Direktor der Luzerner Höhenklinik Montana
Prof. Dr. med. Thierry Rochat
Ehemaliger Leiter der Abteilung für Pneumologie des Universitätsspitals Genf
Dr. med. Rainer Martin Kaelin.

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