Schweizerische
Ärztezeitung
Auf den Punkt

Weshalb sich Nachhaltigkeit für Schweizer Spitäler auszahlt

News
Sarah Näther
Ausgabe
2022/39
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21090
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(39):8-9

Publiziert am 27.09.2022

Ökologischer FussabdruckDas Schweizer Gesundheitswesen verursacht überdurchschnittlich hohe CO2-Emissionen. Das war auch Thema des «Swiss Green Economy Symposiums», das in diesem Monat in Winterthur stattfand. Die Spital-Expertin Sarah Näther war dabei und erklärt in ihrem Beitrag, weshalb Nachhaltigkeit ein Wettbewerbsvorteil ist.
Weltweit sind ein Viertel der durch kardiovaskuläre Erkrankungen verlorenen gesunden Lebensjahre durch äussere Umwelteinflüsse bedingt. Zudem steigt die Zahl der durch Hitze und Feinstaub verursachten Todesfälle [1]. Eine Zunahme dieser klimainduzierten Erkrankungen, kombiniert mit der demografischen Entwicklung, wird die Versorgungsstrukturen der Spitäler vor anspruchsvolle Aufgaben stellen.

Schlechte Note für Schweizer Spitäler

Die Brancheneinordnung zeigt, dass der CO2e-Fussabdruck des Schweizer Gesundheitswesens mit 6,7% über demjenigen globaler Gesundheitsmärkte von 4,4% liegt [2]. Ein Blick in die Spitalbereiche zeigt ausserdem, dass 60% der nationalen CO2-Emissionen auf den Bau und Betrieb der Infrastruktur, 40% auf die Patientenversorgung und den Sachaufwand fallen. Expertinnen und Experten sehen im Spital bis zu 50% Einsparungspotential beim ökologischen Fussabdruck.
Sarah Näther
ist studierte Spital-Ökonomin, M.A. Sie ist für die Beratung im Gesundheitswesen bei PwC tätig und als Mitautorin des PwC Impulspapers «Warum sich Nachhaltigkeit für Schweizer Spitäler lohnt» [5].

Vorteile von Nachhaltigkeit

Eine nachhaltige Spitalführung bietet Chancen für eine differenzierte Positionierung, höhere Arbeitgeberattraktivität und einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise.
Insbesondere bei jüngeren Generationen rückt die soziale und nachhaltige Verantwortung in den Vordergrund der Arbeitgeberwahl. Eine Positionierung kann vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels aktiv zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität genutzt werden.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass Nachhaltigkeitsbestrebungen zu den wichtigsten Innovationstreibern gehören. So zählen bereits heute Technologien der Fernüberwachung zu den Versorgungsleistungen der Zukunft. Dafür engagieren sich Versicherungen in der Entwicklung von Präventionsmodellen und der Konzeption von «Grünen Versicherungen».
Steigende Energiepreise und Lieferengpässe zeigen die Relevanz für energetische und materielle Versorgungssicherheit auf. Durch einen bewussten Ressourceneinsatz können direkte und indirekte Kosten gesenkt werden. Dieses Argument gilt es, bei der Diskussion um Spitalstrukturen zu bedenken. Im Sinne des value-based healthcare-Ansatzes sind Über- und Fehlversorgung auch aus Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit ressourcenverschlingend.
Insgesamt tragen viele kleine Schritte zur Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen [3] und zur Umsetzung der Schweizer Netto-Null-Strategie bis zur Klimaneutralität 2050 [4] bei – auch das Gesundheitswesen hat seinen Beitrag zu leisten.

Wie Spitäler zur Nachhaltigkeit beitragen

Exemplarisches Beispiel aus dem Operationsbetrieb ist am Universitätsspital Basel (USB) die Umstellung vom Narkosegas Desfluran auf eine klimaschonende Alternative. Die Lindenhofgruppe und Hirslanden führen ausgewähltes OP-Besteck mit Johnson&Johnson zurück in die Kreislaufwirtschaft. In der Speisenversorgung hat das USB das Micro-Past-Verfahren eingeführt und so einen niedrigeren Ressourcenverbrauch und längere Haltbarkeit erzielt. Im Bereich Energie hat das Universitätsspital Zürich als erstes Schweizer Spital den Strombedarf durch Wasserkraft abgedeckt. Die finanziellen Vorteile von Nachhaltigkeit zeigt die Aufnahme von Greenbonds zur Neubaufinanzierung auf, diese weisen niedrigere Kapitalkosten als klassische Fremdfinanzierungen auf (Kantonsspital Winterthur und Aarau).

Zentrale Handlungsempfehlung

Um Nachhaltigkeit im Spital voranzutreiben, gilt es, Haltung einzunehmen und in die Unternehmensstrategie aufzunehmen. Verantwortlichkeiten in der Spitalführung sind zu definieren und Mitarbeitende aktiv einzubeziehen, um Massnahmen zu definieren und gezielt umzusetzen. So können Nachhaltigkeitsaktivitäten als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.
Mitarbeit: Philip Sommer, Paul Sailer
Nachhaltigkeitsbestrebungen gehören zu den wichtigsten Innovationstreibern im Gesundheitswesen.
© Siri Wannapat / Dreamstime
1 European Society of Cardiology. Air pollution causes 800,000 extra death a year in Europe and 8.8 million wordwide. 2019.
2 «Health Care’s Climate Footprint“, Health Care Without Harm, 2019.
3 Vereinte Nationen. 17 Substainable Development Goalds (SGDs). 2015. sdgs.un.org/goals
4 Bundesrat. Langfristige Klimastrategie der Schweiz. 2021.
5 www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/65874.pdf

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