Weniger Ärztinnen und Ärzte

DDQ
Ausgabe
2022/43
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21160
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(43):28-29

Affiliations
Leiterin Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ

Publiziert am 25.10.2022

MAS-ErhebungEs gibt immer weniger Arztpraxen und ambulante Zentren in der Schweiz. Auch die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte und deren Vollzeitäquivalente sinkt. Das ergab die jüngste Erhebung des Bundesamts für Statistik. Die FMH betrachtet die Zahlen genauer.
Die MAS-2020 Erhebung (Medical Ambulatory Structure) des Bundesamtes für Statistik (BFS) wurde Ende April 2022 erfolgreich abgeschlossen. Somit liegen seit dem 4. Oktober 2022 [1] die aktuellen Zahlen zu den Strukturdaten der Arztpraxen und ambulanten Zentren vor: Ende 2020 zählte die MAS-Erhebung des BFS 16 876 Arztpraxen und ambulante Zentren, 294 oder 1,8% weniger als 2019. Das gleiche Bild zeigt sich bei den Anzahl Ärztinnen und Ärzte mit einer Abnahme von 279 (-1,8%) und bei den Vollzeitstellen mit einer Abnahme von 256 (-1,5%). Hier kommt die Frage auf, ob dies ein COVID-Effekt ist oder zukünftig das ärztliche Angebot im praxisambulanten Bereich abnimmt.
Diese Feststellung ist im Auge zu behalten, auch mit Blick auf den neuen Artikel 55a KVG zur «Beschränkung der Anzahl Ärzte und Ärztinnen, die im ambulanten Bereich Leistungen erbringen», welcher seit dem 1. Juli 2021 in Kraft ist und gemäss dem die Kantone Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Bereich festlegen. In vielen Regionen und in gewissen Fachgebieten wie zum Beispiel in der Hausarztmedizin und der psychiatrischen Versorgung ist es enorm schwierig, wenn nicht zum Teil fast unmöglich, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für die Praxis – sowohl in Einzel- wie auch in Gruppenpraxen – zu finden. Diese neusten Publikationen des BFS sollen aufwecken: Die Ärztinnen und Ärzte, insbesondere die jungen Ärztinnen und Ärzte, aber auch die Arztpraxen und ambulanten Zentren brauchen gute berufliche Rahmenbedingungen. In den letzten Jahren wurde der Berufsalltag jedoch zunehmend belastet mit ineffizientem Verwaltungsaufwand und berufsfremden politischen Eingriffen in die ärztliche Tätigkeit [2].

Digitalisierung im Vormarsch

Rund 83% der jungen Ärztinnen und Ärzte zwischen 35 und 44 Jahren führen eine elektronische Krankenakte. Dieser Anteil steigert sich von Jahr zu Jahr. Die BFS-Ergebnisse werden im Schlussbericht des Swiss eHealth Barometer 2022 von gfs.bern gestützt: 72% führen sie vollständig elektronisch, 15% führen sie teilweise elektronisch. Seit 2016 hat sich dieser Anteil markant gesteigert (46% vollständig und 18 teilweise elektronisch) [3].

Ärzteschaft schafft Transparenz

Die Quote der Arztpraxen und ambulanten Zentren, die an der Erhebung teilgenommen haben, liegt bei knapp Dreiviertel der angeschriebenen Praxen. Diese Arztpraxen tragen somit zur geforderten und gewünschten Transparenz im Gesundheitswesen bei. Daraus zu schliessen, dass ein Viertel der Arztpraxen nicht an der MAS-Erhebung teilnehmen würden, ist jedoch unzulässig und nicht korrekt, da nach wie vor die Grundgesamtheit der lieferpflichtigen Praxen nicht bekannt ist. Für die FMH war es seit Beginn der MAS-Erhebung ein zentrales Anliegen, dass die Grundgesamtheit der angeschriebenen Praxen bereinigt wird. Diese Herausforderungen auf vor allem auch kantonaler Ebene bestehen weiterhin und werden im Zusammenhang mit den Berechnungen der Höchstzahlen im Rahmen des neuen Zulassungsrecht immer wichtiger.

Nach der Erhebung ist vor der Erhebung

Die Publikation der MAS-Ergebnisse 2020 ist soeben erfolgt, der Start der Erhebung für die MAS-Daten 2021 steht sogleich an. Im November 2022 startet das BFS die neue Erhebung der Strukturdaten bei den Arztpraxen und ambulanten Zentren für das Datenjahr 2021. Für die FMH ist weiterhin zentral, dass keine redundanten Datenerhebungen unkoordiniert und ohne klare Zweckbestimmung durchgeführt werden. Die Umsetzung des Art. 59a KVG und der Erhebung der Strukturdaten der Arztpraxen und ambulanten Zentren durch das BFS ist ein gutes Beispiel, wie ein gesetzlicher Auftrag erfolgreich umgesetzt wird – partizipativ, koordiniert und breit abgestützt mit einer hohen Akzeptanz bei der Ärzteschaft.
Ende 2020 gab es in der Schweiz 294 Arztpraxen und ambulante Zentren weniger als 2019.
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1 www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitswesen/arztpraxen.html
2 Gilli, Y et al (2022). Ärztinnen und Ärzte für ein Gesundheitswesen mit Augenmass, doi.org/10.4414/saez.2022.21059
3 Swiss eHealth-Barometer 2022, gfs.bern www.gfsbern.ch/de/news/ehealth-barometer-2022/