Auf den Punkt

300 Prozent mehr Energiekosten?

News
Ausgabe
2022/43
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21175
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(43):8-9

Publiziert am 25.10.2022

Preisexplosion Die Energiepreise steigen enorm. Darunter leiden auch Schweizer Spitäler. Anne-Geneviève Bütikofer vom Spitalverband H+ erklärt, was sie nun tun können – und wie die Politik ihnen helfen könnte.
Anne-Geneviève Bütikofer, wie stark steigen die Energiekosten für die Spitäler in diesem Herbst und Winter in der Schweiz an?
Wir gehen von Kostensteigerungen bei der Energie von 10 bis 50 Prozent, teilweise sogar von 300 und mehr Prozent aus. Die Steigerungen sind einerseits abhängig von der Energieart und andererseits davon, welche Verträge die einzelnen Institutionen mit den Energielieferanten haben. Laufen Verträge aus, oder sind schon ausgelaufen, dann ist aufgrund der aktuellen Situation mit deutlich höheren Kosten zu rechnen, als bei jenen Betrieben, die langfristige Verträge mit Energielieferanten abgeschlossen haben.
Wie gehen Spitäler derzeit mit dem Thema um?
Die Energiekosten sind grosse Kostenblöcke in den Spitälern und Kliniken. Entsprechend sorgenvoll blicken wir auf die aktuelle Lage und in die Zukunft. Vor allem, da die Spitäler und Kliniken nicht einfach die Tarife für Spitalleistungen erhöhen können. Denn diese sind von den Sozialversicherungstarifen abhängig, welche mit den Versicherern und den jeweiligen Genehmigungsbehörden ausgehandelt werden. Die Spitäler und Kliniken müssen Teuerungsanpassungen über die Tarife der Spitalleistungen finanzieren. Die Tarife sind jedoch einerseits seit Jahren zu tief – im spitalambulanten Bereich herrscht eine Unterfinanzierung von rund 30 Prozent und im stationären Bereich von rund 10 Prozent – und anderseits nicht an den Markt indexiert.
Anne-Geneviève Bütikofer
Direktorin des Spitalverbands H+
Was raten Sie Ihren Mitgliedern?
Wir empfehlen die Teuerung in die anstehenden Tarifverhandlungen miteinzubeziehen und höhere Tarife aufgrund der steigenden Kosten zu verlangen.
Wo können Spitäler Energie sparen, um Kosten zu senken?
Unsere Mitglieder sind in diesem Bereich nicht untätig und versuchen über Energiesparmassnahmen wie Optimierung der Beleuchtung, Sanierung der Fenster und Dämmung, Kosten zu sparen. Aber auch Sensibilisierungsmassnahmen bei den Mitarbeitenden und der Ausbau oder die Installation von Solaranlagen und die Umstellung auf Holzschnitzel-Heizanlagen sollen helfen, Kosten zu senken.
Haben Sie Tipps für den Energieeinkauf von Spitälern?
Die Spitäler und Kliniken sind in diesem Bereich frei. Und die Situationen unterscheiden sich zu stark, um als Verband Empfehlungen abzugeben.
Welche Folgen wird die Situation für die Spitäler haben?
Die Teuerung mit den deutlich höheren Energiekosten und den steigenden Lohnkosten aufgrund der Teuerung, aber auch aufgrund des Fachkräftemangels, werden sich negativ auf die Rechnungen der Spitäler und Kliniken auswirken. Ein anderer Aspekt ist der stetige und zunehmende Druck der Politik, die Gesundheitskosten zu senken. Die Politik fordert hochstehende Qualität und eine optimale Versorgung der Bevölkerung, aber zu deutlich tieferen Kosten. Zu diesem Schluss kommt auch die kürzlich erschienene Studie von PWC «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2021». Es sind dringend neue Finanzierungsansätze zu suchen, welche ein Funktionieren des Gesundheitssystems aus einer Gesamtsicht heraus garantieren.
Welche Forderungen haben Sie an die Politik?
Die Spital- und Klinikbranche sieht sich schon seit Jahren mit einer Unterfinanzierung von 30 Prozent im ambulanten und rund 10 Prozent im stationären Beriech konfrontiert. Die steigenden Energiekosten, aber auch höhere Kosten bei Materialien und Bau drücken auf die Rechnungen unserer Mitglieder. Wir fordern deshalb einerseits eine Indexierung der Tarife aber auch sofortige Tarifanpassungen in der Grössenordnung von 5 Prozent.
Ist diese Situation auch eine Chance für die Spitäler, nachhaltiger zu werden? Immerhin ist es auch aus Umweltschutzgründen essenziell, Energie einzusparen.
Das ist schwierig zu beurteilen, aber die COVID-19-Krise hat gezeigt, dass beispielsweise bei den Arbeitsformen rasch ein Umdenken stattgefunden hat. Krisen helfen auch etwas zu verändern, und zwar rascher als ohne Krise. Die Umfrage bei unseren Mitgliedern hat zudem gezeigt, dass sie punkto alternativer Energien wie Solarenergie schon einiges planen und in die Wege geleitet haben.
Spitäler versuchen über Energiesparmassnahmen wie Optimierung der Beleuchtung, Sanierung der Fenster und Dämmung, Kosten zu sparen.
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