Klima, Pandemie, Krieg: Krisen, die die Gesundheit beeinflussen

Organisationen
Ausgabe
2022/4950
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21258
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(4950):40-41

Affiliations
Verantwortliche Suisse romande, Netzwerk Medicus Mundi Schweiz

Publiziert am 07.12.2022

Internationale KooperationDie Welt und die globale Gesundheit stehen vor einer vielschichtigen Krise, die durch den Klimawandel, Pandemien und Konflikte verursacht wird. Diese Ereignisse haben Auswirkungen auf die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen. Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz organisierte kürzlich ein Symposium zu diesem Thema.
Auf dem Symposium vom 2. November boten ein Dutzend Rednerinnen und Redner von NGOs, internationalen Verbänden (IFRC), der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und der Regierung des Kantons Basel-Stadt Gelegenheit zum Austausch und zur Reflexion über die Auswirkungen der aktuellen Krisen auf die globale Gesundheit und die internationale Zusammenarbeit. Die heutige Welt steht vor der Herausforderung, diese Krisen zu bewältigen, und die internationale Politik muss sich ihr stellen, denn jede Krise verschlechtert die für die Gesundheit entscheidenden Faktoren wie Ernährungssicherheit, soziale und wirtschaftliche Entwicklung, gleichberechtigter Zugang zur Gesundheitsversorgung und zu sozialen Unterstützungsstrukturen.
Darüber hinaus sind die am stärksten gefährdeten und benachteiligten Gruppen als Erste betroffen, darunter Frauen, Kinder, ethnische Minderheiten, Menschen mit Behinderungen, Migrantinnen und Migranten, Vertriebene und ältere Menschen mit Gesundheitsprobleme
Der Klimawandel, eine der unmittelbarsten Gefahren für die Gesundheit der Weltbevölkerung. Hier im Bild: Überschwemmungen im indischen Bundesstaat Bihar.
© Atul Pandey / Unsplash

Der Klimawandel als Gesundheitsrisiko

Die verschiedenen Beiträge zeigten, dass der Klimawandel eines der unmittelbarsten Risiken für die Gesundheit und das Wohlergehen der Weltbevölkerung darstellt und schwerwiegende Folgen für die körperliche und geistige Gesundheit hat.
Beispielsweise ist der Aralsee in Usbekistan durch den Klimawandel und die übermässige Wasserentnahme für die Bewässerung von Baumwolle um 90 % geschrumpft. Die daraus resultierenden Staubstürme haben in Verbindung mit der Verseuchung des Wassers durch Pestizide aus der Landwirtschaft zu einer Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser geführt. Dadurch stieg die Zahl der nicht übertragbaren Krankheiten bei der lokalen Bevölkerung um mehr als 30 %.
Der Klimawandel ist mit anderen globalen Krisen verbunden, wie der COVID-19-Pandemie. Der Einfluss steigender Temperaturen auf die Ausbreitung von pathogenen Mikroorganismen und Viren ist ein Aspekt der vernetzten Krisen.
Planetare Gesundheit bedeutet, für öffentliche Gesundheit zu arbeiten, aber die Begrenztheit des Planeten zu respektieren. «Wenn es beim Ressourcenverbrauch keine grösseren Veränderungen gibt, wird das Wirtschaftswachstum einen Höhepunkt erreichen und dann um das Jahr 2040 herum rapide einbrechen.» Dieser Alarmruf zeigt, dass wir uns fragen müssen, wie wir das Wirtschaftswachstum in Verbindung mit dem menschlichen Fortschritt betrachten.
Nicht nur dem Wachstum an sich, auch dem Wachstum der Medizin sind Grenzen gesetzt. Wir überlasten die Gesundheitssysteme so sehr mit Hightech-Medizin, dass ihre Kapazitäten implodieren. Deshalb müssen wir einfacher werden und auf lokaler und kommunaler Ebene zu den Grundlagen zurückkehren, mehr in die primäre Gesundheitsversorgung, die Entwicklung von Gesundheitspersonal und den sozialen Gesundheitsschutz investieren.

Die Rolle der NGOs

NGOs, die in der internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich tätig sind, haben drei wesentliche Rollen. Erstens, eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung bereitzustellen; zweitens, mit bestehenden Regierungsstellen zusammenzuarbeiten, um Doppelspurigkeit zu vermeiden und begrenzte Gesundheitsressourcen nicht abzuzweigen; und drittens, als Vorbild zu fungieren. Dies geschieht durch die Etablierung von Best Practices und auch dadurch, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen, wie zum Beispiel durch die Reduzierung ihrer eigenen CO2-Emissionen, um die gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen des Klimawandels, die sie in ihren Entwicklungsprogrammen angehen wollen, abzumildern und gleichzeitig nachhaltige, faire und gerechte Praktiken zu fördern.
Die Wichtigkeit der Zusammenführung von kurzfristiger humanitärer Nothilfe und langfristiger Entwicklungshilfe («Nexus») wurde mehrfach hervorgehoben, insbesondere im Zusammenhang mit der russischen Invasion in der Ukraine und beispielsweise der multifaktoriellen Krise in Burkina Faso.

Wachsende Herausforderungen

Umweltzerstörung, Klimawandel, wirtschaftliche Schwierigkeiten sowie sozialer und politischer Druck sind miteinander verbunden und stellen eine komplexe Herausforderung dar.
Die Gesundheitssysteme stehen vor wachsenden Herausforderungen, da sich die Anfälligkeiten und die Risikogruppen in allen Teilen der Welt ständig verändern und ausweiten. So wird der Klimawandel die Ungleichheiten weiter zuspitzen, Armut, Hunger und Arbeitsplatzunsicherheit erhöhen und psychische Gesundheitsprobleme verschärfen, wie sie von Gesundheitsfachkräften, die in extremen Kontexten arbeiten, beschrieben werden und wie sie von der lokalen Bevölkerung erlitten werden.
Der Klimawandel und geopolitische Krisen haben in den letzten Jahrzehnten die (freiwilligen oder unfreiwilligen) Vertreibungsströme von Menschen verstärkt. Viele Flüchtlinge und Migranten haben nach wie vor keinen Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten.
Generell kann man betonen, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung als Menschenrecht immer noch nicht gewährleistet ist.

Solidarisch handeln

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass die gemeinsame Herausforderung darin besteht, dass Regierungen und Gemeinschaften mobilisiert werden müssen, um einen echten Wandel herbeizuführen und eine sofortige und drastische Verhaltensänderung zu vollziehen. Ausserdem sind Anwaltschaft und ein sektorübergreifender Ansatz erforderlich.
Von entscheidender Bedeutung ist, die Gemeinden, die lokale Bevölkerung und die Patientinnen und Patienten im Allgemeinen in die strategischen Entscheidungen über ihre Bedürfnisse einzubeziehen («bottom-up»).
In diesem Zusammenhang betonten verschiedene Rednerinnen und Redner, wie wichtig es für die internationale Politik ist, einen Weg aus dem Krisenmodus zu finden und zu einer nachhaltigen Entwicklung mit angepassten Strukturen zurückzukehren, die ökologisch verantwortlich sind, die soziale und wirtschaftliche Entwicklung fördern, bewaffnete Konflikte nachhaltig reduzieren und Klimagerechtigkeit umfassen.

Das Wichtigste in Kürze

Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz veranstaltete am 2. November in Basel ein Symposium mit dem Titel «Die Welt in der Krise - Klimawandel, Pandemie und Krieg». Es versammelte NGOs, internationale Verbände, Institutionen und kantonale Behörden.
Ziel war es, sich über den Einfluss tiefgreifender aktueller Krisen auf die Gesundheit, die Gesundheitsdeterminanten und die globale Gesundheit sowie die Arbeit von NGOs in der internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich auszutauschen.
Die verschiedenen Beiträge zeigten, dass der Klimawandel eines der unmittelbarsten Risiken für die Gesundheit und das Wohlergehen der Weltbevölkerung darstellt und schwerwiegende Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit hat.
Es wurde betont, wie wichtig es ist, Regierungen und Gemeinschaften zu mobilisieren, um einen echten Wandel einzuleiten und eine sofortige und drastische Verhaltensänderung herbeizuführen.
Weitere Informationen über das Symposium finden Sie auf der Website von Medicus Mundi