Ein Pfeiler des Schweizer Gesundheitswesens

Organisationen
Ausgabe
2023/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21287
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(13):34-36

Affiliations
Leiterin Kommunikation Swissmedic

Publiziert am 29.03.2023

Swissmedic Bei Ärztinnen und Ärzten gibt es einige Unklarheiten zu Tätigkeitsbereichen und Zuständigkeiten von Swissmedic. Das hat die letzte Stakeholderumfrage des Schweizerischen Heilmittelinstituts gezeigt. Die folgenden Questions and Answers sollen Abhilfe schaffen.
Vom 19. August bis 17. September 2021 haben Empiricon AG und Polyquest im Auftrag der Swissmedic eine Online-Befragung durchgeführt, an der nebst weiteren Stakeholdergruppen 150 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen haben. Sie zeigten sich überzeugt, dass Swissmedic im Schweizer Gesundheitswesen eine wichtige Rolle spielt und bei der Zulassung der Corona-Impfstoffe eine gute, vertrauenserweckende Leistung erbracht hat. Andere Bereiche der Umfrage zeigten jedoch Unklarheiten, die hier aufgegriffen werden.
Swissmedic bewilligt und überwacht klinische Versuche mit Arzneimitteln und Medizinprodukten.
© James Yarema / Unsplash

Welchen Auftrag hat Swissmedic und welche Zuständigkeiten gehören dazu?

Swissmedic ist Teil der Sicherheits- und Wirtschaftsaufsichtsbehörden der Schweiz. In dieser Rolle gewährleistet sie, dass nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Human- und Tierarzneimittel sowie leistungsfähige Medizinprodukte auf dem Schweizer Markt sind. Sie bewilligt und überwacht klinische Versuche, erteilt Zulassungen für Arzneimittel sowie – gestützt auf Inspektionen – Betriebsbewilligungen für Herstellung, Grosshandel, Import und Export von Arzneimitteln und Transplantatprodukten. Ferner ist sie für die Marktüberwachung, die Durchsetzung von Korrekturmassnahmen und die strafrechtliche Verfolgung im Heilmittelbereich zuständig.

Und die Zulassung von Medizinprodukten?

Medizinprodukte, inklusive In-Vitro-Diagnostika, werden nicht von Swissmedic zugelassen. Sie durchlaufen vor dem Markteintritt ein Konformitätsbewertungsverfahren des Herstellers – bei Produkten mit grösseren Risiken unter Einbezug einer so genannten «benannten Stelle». Mit der damit erlangten CE-Kennzeichnung können diese Produkte in der EU und – aufgrund der einseitigen Anerkennung – auch in der Schweiz ohne behördliche Zulassung in Verkehr gebracht werden.
Es gibt rund 500 000 Medizinprodukte im Schweizer Markt, die Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen erkennen, verhüten, lindern oder überwachen. Die Bandbreite reicht vom In-Vitro-Diagnostikum über Pflaster, medizinische Instrumente und künstliche Gelenke bis hin zu Computertomografen und Operationsrobotern. Sie unterstehen der Marktüberwachung durch Swissmedic.

Was beinhaltet die Marktüberwachung durch Swissmedic?

Die Marktüberwachung ist umfassend: Swissmedic begutachtet Meldungen zu vermuteten unerwünschten Wirkungen von Arzneimitteln (Pharmakovigilance), Blut und labilen Blutprodukten (Haemovigilance) und Qualitätsmängeln, verfügt Massnahmen wie Marktrückrufe, informiert die Fachpersonen über neue Erkenntnisse und überwacht zusammen mit dem Zoll die Einfuhr von Arzneimitteln. Dabei werden auch Arzneimittel im eigenen Labor analysiert.
Swissmedic inspiziert Spitäler im Bereich der Instandhaltung und Wiederaufbereitung von Medizinprodukten, evaluiert Meldungen über schwerwiegende Vorkommnisse mit diesen Produkten (Materiovigilance) und überwacht die Umsetzung korrigierender Massnahmen. Das Institut publiziert auch die Sicherheitsmassnahmen und Rückrufe, informiert die im Vollzug beteiligten kantonalen Stellen und Fachverbände und ist auch mit ausländischen Partnerbehörden im Austausch.
Der Strafrechtsdienst von Swissmedic ahndet Widerhandlungen gegen das Heilmittelrecht.

Swissmedic, Bund, Kantone – wer ist wofür zuständig?

Swissmedic beurteilt Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität eines Arzneimittels und spricht die Zulassung aus, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) regelt die Aufnahme in die Spezialitätenliste und handelt die Preise aus. Die Arbeit in der Aufsicht teilt sich Swissmedic mit den kantonalen Behörden: So ist Swissmedic für die Erteilung von Bewilligungen für die Herstellung von Arzneimitteln verantwortlich. Die Kantone überwachen das medizinische Fachpersonal und den Detailhandel.
Bei Verstössen gegen das Heilmittelrecht und allfälligen strafrechtlichen Konsequenzen findet eine enge Zusammenarbeit zwischen Swissmedic und den kantonalen Staatsanwaltschaften statt.
Massnahmen zur Versorgung des Landes mit wichtigen Medikamenten obliegen den Kantonen respektive, wenn die Wirtschaft das nicht mehr selber erfüllen kann, der Wirtschaftlichen Landesversorgung.

Welche Rolle spielt Swissmedic beim Off-Label-Use von Arzneimitteln?

Keine. Der Off-Label-Use liegt gänzlich in der Verantwortung des behandelnden Arztes.

Und welche Rolle hat Swissmedic bei den Kostengutsprachen?

Auch hier: keine. Kostengutsprachen sind Sache der behandelnden Ärztin und der Krankenkasse. Swissmedic hat darauf keinerlei Einfluss.

Warum lässt Swissmedic wichtige Arzneimittel nicht rascher zu?

Der Spagat zwischen Geschwindigkeit und Sorgfalt in der Zulassung neuer Impfstoffe und Therapeutika ist anspruchsvoll. Internationale Benchmarkings zeigen, dass Swissmedic 2021 erstmals schneller war als die European Medicines Agency (EMA) – ohne Abstriche bei Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität. Dazu beigetragen haben unter anderem die Rolling Submission (schrittweise Einreichung und Prüfung der Daten) und die Zunahme internationaler Zulassungsverfahren (zum Beispiel im Orbis-Projekt und im Access Consortium).
Vergrössert hat sich hingegen in den letzten Jahren der sogenannte Submission Gap – die Zeit, die zwischen der Einreichung eines Zulassungsgesuchs bei der Food and Drug Administration (FDA) oder EMA und der Einreichung bei Swissmedic verstreicht. Swissmedic setzt alles in ihren Möglichkeiten liegende daran, diesem Gap mit effizienten Prozessen und Beratungsgesprächen entgegenzuwirken.

Klinische Versuche

Swissmedic bewilligt und überwacht klinische Versuche mit Arzneimitteln im Hinblick auf die Sicherheits- und Qualitätsaspekte des Prüfpräparates. Während die Ethikkommissionen vor allem für die ethischen Aspekte verantwortlich sind, beurteilt das Schweizerische Heilmittelinstitut Änderungen von laufenden Versuchen, Sicherheits- sowie weitere Meldungen und Berichte. Auch für Medizinprodukte unterstehen klinische Versuche der Bewilligung und Überwachung von Swissmedic und der Ethikkommissionen. Während Swissmedic unter anderem prüft, ob das Produkt die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt und ob die Risiken im Versuch adäquat berücksichtigt werden, prüfen die Ethikkommissionen die Vereinbarkeit des Forschungsprojekts mit den gültigen Richtlinien.

Warum tut Swissmedic nicht mehr für Innovation und den Forschungsplatz Schweiz?

Swissmedic hat das Problem erkannt und geht dieses Thema aktiv an. Innovative Heilmittel mit hohem medizinischem Bedarf sollen möglichst schnell verfügbar sein. Klare Rahmenbedingungen, intensiver Austausch und Scientific Advice sind hilfreich für effiziente Bewilligungs- und Zulassungsprozesse – dies hat sich auch in der Pandemie bestätigt. Deshalb hat Swissmedic das «Innovationsbüro» gegründet. Das Institut wird unter anderem in Innovationshubs in Zürich und Genf präsent sein und mit dem Angebot eines «Regulatory Speed Datings» und erleichtertem Austausch die Hürden abbauen, die junge Start-ups und Forschende gegenüber «der Regulatorin in Bern» empfinden könnten. Sie sollen so erleichtert Zugang zu wissenschaftlichen, technischen und regulatorischen Anforderungen erhalten, was ihnen über die Talsohle hinweghelfen und Innovationen schneller auf den Markt bringen soll.

Wie kann ich als Praktikerin Informationen von Swissmedic erhalten?

Schon lange institutionalisiert sind regelmässige Informationsschreiben («Direct Healthcare Professional Communication» DHPC), insbesondere bei Sicherheitssignalen. Diese Meldungen können per RSS-Feed abonniert werden. Swissmedic informiert laufend über aktuelle Themen wie Arzneimittelrisiken, Chargenrückrufe oder Bewilligungen zum Import von Arzneimitteln in ausländischer Aufmachung. Weitere Massnahmen sind in Planung.

Und kann ich als Arzt Nebenwirkungen melden?

Swissmedic hat ein grosses Interesse an jeder einzelnen ärztlichen Meldung von Nebenwirkungen. Daher hat das Institut anfangs 2021 mit der Anbindung des Meldetools ElViS an HIN den Zugang für die meldepflichtigen Ärztinnen und Ärzte stark vereinfacht (siehe Art. 63 der Arzneimittelverordnung und Art. 59 Abs. 3 des Heilmittelgesetzes). Das hat zahlreiche Neuregistrierungen gebracht.
Um die Kommunikation aber noch zu optimieren, plant Swissmedic ein Treffen mit der Vereinigung der Kantonsärzte und Kantonsärztinnen der Schweiz (VKS/AMCS).

Wie finanziert sich Swissmedic?

Gut 85% der Erträge stammen aus Gebühren für Dienstleistungen (Zulassungen, Bewilligungen etc.), welche die Branche in Anspruch nimmt, sowie einer Aufsichtsabgabe auf dem Umsatz von Arzneimitteln zu Fabrikabgabepreisen. Sie ist insbesondere zur Finanzierung der Marktüberwachung von Heilmitteln vorgesehen. Knapp 15% der Swissmedic-Erträge bestehen aus Abgeltungen des Bundes, die für Aufgaben im Bereich der Rechtsetzung und des Strafrechts sowie für Überwachungstätigkeiten im Bereich der Medizinprodukte eingesetzt werden.

95 von 100 Ärztinnen und Ärzten kennen das Publikumsmagazin Visible nicht.

Informationen finden sich online unter www.swissmedic.ch/swissmedic/de/home/ueber-uns/publikationen/visible.html. Dort kann man auch das Magazin für das Wartezimmer abonnieren.