Müssen die Antikörpertherapien immer noch so teuer sein?

Briefe an die Redaktion
Ausgabe
2023/08
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21520
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(08):23

Publiziert am 22.02.2023

Müssen die Antikörpertherapien immer noch so teuer sein?

Die Behandlungsmethode mit Checkpoint-Inhibitoren wurde in den 1990er Jahren massgeblich von den Krebsforschenden James Allison und Tasuku Honjo entwickelt. Checkpoint-Inhibitoren sind seit 2011 im Einsatz. Die Studie mit Ipilimumab (2016; doi:10.1056/NEJMoa1611299) zeigte damals, dass bei Patienten mit fortgeschrittenem malignen Melanom die mittlere Überlebenszeit nach fünf Jahren von sechs auf zehn Monate verlängert werden konnte, was zur Zulassung in den USA und in Europa führte. Wir lesen bei den Antikörpertherapien von spektakulären Wirkungen, und der mediane Überlebensvorteil ist signifikant höher (11%) als unter Placebo. Aber: signifikant ist manchmal nicht so lange! Die Prozentangaben sind für Laien nicht verständlich.
Bei Immuntherapien gibt es meistens weniger Nebenwirkungen als bei traditionellen Krebsbehandlungen. Wenn allerdings Nebenwirkungen auftreten, können sie lebensgefährlich werden durch überschiessende Entzündungen und Autoaggression gegen verschiedene Organe.
Die Antikörpertherapien sind für betroffene Patienten und ihre Angehörigen eine grosse Hoffnung. Was für sie ein Segen sein kann, ist für das Gesundheitssystem eine Herausforderung. Die Therapie kann gut 100 000 bis 250 000 Franken, oder mehr, im Jahr kosten.
Meine Fragen: Warum müssen diese Therapien so teuer bleiben, nachdem sie immerhin zwölf Jahre auf dem Markt sind? Studien und Forschungen müssen die andern Arzneimittelhersteller auch finanzieren. Diese riesigen Kosten vergiften durch die entstehenden finanziellen Interessen unser ganzes Gesundheitswesen! Ist es richtig, dass oft die Krankenkassen entscheiden, ob eine Immuntherapie durchgeführt werden kann oder nicht?
Oft werden die Antikörpertherapien auch palliativ verordnet, um in hoffnungslosen Krebssituationen doch noch etwas «machen» zu können. Sobald die Einschätzung «palliativ» ins Spiel kommt, wäre es aber essenziell, dass ein Roundtable-Gespräch stattfindet, mit Patienten, Onkologen, Angehörigen und vielleicht auch der betreuenden Hausärztin. Es ist sehr wichtig, dass man gemeinsam über die doch relativ kurze Überlebenszeit, über die möglichen Nebenwirkungen, und offen über den Preis, spricht.
Dr. med. Danielle Lemann, Langnau