Richtig triagieren

Editorial
Ausgabe
2023/09
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21585
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(09):3

Publiziert am 01.03.2023

Immer mehr Menschen in der Schweiz erreichen das Pensionsalter. Auch wer noch jünger ist, setzt sich tendenziell bewusster mit der eigenen Gesundheit auseinander als in früheren Generationen, fühlt sich aber weniger kompetent beim Einschätzen von Krankheitssymptomen. Das bekommen die Haus- und Kinderarztpraxen zu spüren. Die Analysen der ärzteeigenen Datensammlung zeigen: Nahm die Anzahl Patientinnen und Patienten pro Praxis in den zehn Jahren zuvor durchschnittlich um 2% pro Jahr zu, waren es 2022 knapp 9%.
Magdalena Mühlemann
Leiterin Content Wissenschaft, Fort- und Weiterbildung
magdalena.muehlemann[at]emh.ch
Was tun? Niemanden mehr annehmen? Weniger Zeit aufwenden pro Person? Abends länger arbeiten und selbst gesundheitliche Risiken eingehen? Für Pädiaterin Heidi Zinggeler Fuhrer, Vizepräsidentin von mfe, ist das ein Dilemma. Im Interview mit Ines Böhm ab Seite 12 betont sie, wie essenziell für sie die Telefontriage durch ihre MPA ist. Was auch wichtig ist zu wissen: Die Kosten pro betreute Person steigen ja keineswegs. In der Pädiatrie lagen sie im September 2022 gar unter dem Niveau von 2017. Das FMH-Tarifmonitoring Haus- und Kinderarztpraxen von Kerstin Schutz, Heidi Zinggeler Fuhrer und Rolf Temperli findet sich ab Seite 28.
Könnte Telemedizin helfen? Jein, findet Hausärztin Corinne Chmiel von mediX Zürich im Artikel von Martina Huber ab Seite 18.
Einerseits: «Telemedizin kann Bagatellen aus der Hausarztpraxis fernhalten oder unnötige Notfalleintritte ausserhalb der regulären Öffnungszeiten verhindern.» Andererseits brauchen natürlich auch diese Konsultationen Zeit. Und Chmiel hat schon dramatische Fehltriagen erlebt. Sie fordert deshalb bei den Telemedizin-Anbietern gut ausgebildetes Personal mit Zugang zu den Krankengeschichten.
Um Triage geht es auch bei Schilddrüsenknoten. Mit einer Prävalenz von 30 bis fast 70% sind diese sehr häufig, zum Glück aber meist benigne und asymptomatisch. Besonders gefährdet sind nicht mehr ganz junge Frauen mit Jodmangel. Sie berichten von Räusperzwang, Globusgefühl, Dyspnoe, Schluckschwierigkeiten und Schmerzen bis zu Heiserkeit oder inspiratorischem Stridor. Aber auch eine endokrine Orbitopathie oder die Haut- und Nagelbeschaffenheit können Hinweise auf eine Funktionsstörung der Schilddrüse geben. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit anhand eines klaren Algorithmus ist essenziell für einen guten Behandlungserfolg. Alles über benigne Schilddrüsenknoten im Übersichtsartikel von Nadja Angela Stenza, et al. gibt es ab Seite 40.