Wird Oralmedizin oft vergessen?

Briefe an die Redaktion
Ausgabe
2023/11
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21611
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(11):21

Publiziert am 15.03.2023

Wird Oralmedizin oft vergessen?

Über diese Buchbesprechung habe ich mich gefreut. Vor allem deshalb, weil es immer wieder Erkenntnisse über Zusammenhänge oraler Erkrankungen mit dem allgemeinen Gesundheitszustand und Krankheitsbildern gibt. Im Allgemeinen ist bekannt, dass parodontale Erkrankungen das Risiko für kardiovaskuläre Beschwerden erhöhen und einen Risikofaktor darstellen. Die orale Medizin ist nicht nur ein dominantes Aufgabengebiet für den Zahnarzt, sondern auch zunehmend für den Hausarzt oder Spezialisten. Die Oralmedizin sollte deshalb vor allem auch in der allgemein-internistischen Medizin mehr Beachtung finden und einen höheren Stellenwert anstreben. Verstärkte Kooperationen mit den Zahnmedizinern in vernetzten Strukturen eröffnen grosse Chancen, dass sich die Oralmedizin zugunsten der Patienten entwickeln kann. Dies bedingt jedoch, dass sich diese Disziplin erkennbar in beiden Richtungen entwickelt, denn nur so wird sich die Oralmedizin durchsetzen.
Obwohl die Zusammenhänge zwischen Mund- und Allgemeingesundheit beiden Medizingruppen bekannt sind, gibt es selten interdisziplinäre Kontakte oder Konzepte. Folgende Aspekte sollen die Problematik verdeutlichen: Alte beziehungsweise geriatrische Patienten stellen Zahnärzte vor Herausforderungen praktischer Art, etwa in Bezug auf Verständigung, Schwerhörigkeit, Denk- und Merkfähigkeit, Bewegung Gangunsicherheit, Sehschwäche und Durchführung der Behandlung bei muskuloskelettalen Erkrankungen, Schmerzen und Tremor. Zudem müssen Grunderkrankungen und Pharmakotherapien in den Behandlungskonzepten berücksichtigt werden. Für Patienten in Pflegeheimen oder Hospizen gilt dies umso mehr. Daher ist häufig auch eine Rücksprache mit betreuenden Haus- und Fachärzten sowie Pflegenden und Angehörigen notwendig.
Gemeinsame und regional durchgeführte Fortbildungen oder interdisziplinäre Workshops und/oder Qualitätszirkel könnten einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der oralen Medizin beisteuern, ergänzt durch Fachartikel in medizinischen und zahnmedizinischen Medien.
Rudolf Wartmann, Beratung im Gesundheitswesen, Wettingen