Mehr Hausärztinnen und -ärzte braucht das Land

Editorial
Ausgabe
2023/12
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21667
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(12):3

Publiziert am 22.03.2023

«Die Hausärztinnen und Hausärzte sind das Zentrum der Koordination. Die Grundversorgung muss weiter gestärkt werden»: Das sagt Prof. Dr. med. Milo Puhan im Interview mit Adrian Ritter ab Seite 12. Puhan war Präsident der Leitungsgruppe des Nationalen Forschungsprogramm 74 «Gesundheitsversorgung», das Anfang dieses Jahres abgeschlossen wurde. Im Rahmen von 34 Forschungsprojekten haben Forschende seit 2018 Lösungsansätze erprobt. Im Gespräch erklärt er, wie die koordinierte Versorgung gestärkt werden kann. Als ein Beispiel für ein gelungenes Forschungsprojekt nennt er die Einrichtung interprofessioneller Qualitätszirkel, um die Medikation von Bewohnerinnen und Bewohnern von Alters- und Pflegeheimen zu reduzieren. Darüber berichtet Gilles Labarthe im Artikel «Emma und ihre neun Medikamente pro Tag» ab Seite 78.
Die Grundversorgung stärker einbinden: Dafür plädieren auch Dr. med. Magdalena Hecz et al. in ihrem Artikel «Less is more bei medikamentösen Tumortherapien» ab Seite 44. Die Autorinnen und Autoren diskutieren die «choosing wisely»-Empfehlungen der «American Society of Clinical Oncology» und zeigen, dass auch in der medizinischen Onkologie manchmal weniger mehr ist. «Mit diesem Wissen können sich auch Grundversorgende wieder vermehrt in onkologische Entscheidungsprozesse einbringen», heisst es im Artikel.
Doch obwohl die Grundversorgenden ganz offensichtlich eine enorm wichtige Rolle im Gesundheitswesen spielen, stehen sie vor besonders grossen Herausforderungen. Die FMH-Ärztestatistik, in die Sie im Beitrag «Geringe Hausarztdichte und grosse Auslandabhängigkeit» ab Seite 24 Einblick erhalten, zeigt: Die Hausarztdichte ist in der Schweiz schon seit Jahren geringer als empfohlen. Die Autorinnen Stefanie Hostettler und Esther Kraft schreiben darüber hinaus: «Bei den Bedarfsschätzungen ist immer zu berücksichtigen, dass das Arbeitspensum wie auch die durchschnittlich geleisteten Stunden pro Woche seit Jahren kontinuierlich abnehmen.» Denn die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz steigt zwar, aber der Wunsch nach Teilzeitarbeit und einer besseren Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben nimmt ebenfalls zu.
Eva Mell
Stellvertretende Chefredaktorin der Schweizerischen Ärztezeitung
eva.mell[at]emh.ch