Online-Fortbildung Motivational Interviewing

Aktuell
Ausgabe
2023/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21682
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(13):26-28

Affiliations
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Abteilung Public Health FMH

Publiziert am 29.03.2023

Wirksame Gesprächsführung Oft wird eine Arztpraxis wegen neu auftretender somatischer Beschwerden aufgesucht. Während einer Konsultation kann das Praxisteam zum Beispiel Verhaltensweisen wie hyperkalorische Ernährung, Alkohol- oder Tabakkonsum anamnestisch feststellen und zur Verhaltensänderung motivieren. Um präventive Aspekte umzusetzen, sind patientenzentrierte Kommunikations- und Beratungsmethoden entscheidend.
Studien zeigen, dass eine gute Gesprächsführung, wie das Motivational Interviewing, helfen kann, in der Grundversorgung erfolgreich präventiv aktiv zu sein [1]. Motivational Interviewing (MI) verknüpft klientenzentriertes Zuhören mit spezifischen Interventionen.
Die PEPra Online-Fortbildung hilft bei einer gelingenden Arzt-Patienten-Kommunikation.
Das Ziel ist die Klärung und Stärkung der Veränderungsbereitschaft von Personen mit risikohaften Verhaltensweisen. Ursprünglich von Miller und Rollnik [2] Ende der 1980er-Jahre für die Suchtbehandlung entwickelt, wird MI längst auch in anderen Bereichen der Gesundheitsförderung eingesetzt.
Die Wirksamkeit von MI wurde in zahlreichen Studien [3] untersucht und die Evidenz zeigt, dass es ein effektives Instrument zur Förderung von Verhaltensänderungen ist. Eine Metaanalyse wies 2018 [3] insbesondere in den Bereichen Alkoholmissbrauch, Rauchen, Drogenkonsum und Übergewicht beziehungsweise fehlende Bewegung eine hohe Wirksamkeit von MI nach. Andere Studien weisen zudem darauf hin, dass die Schulung der Kommunikationsfähigkeiten von Ärztinnen und Ärzten zu einer signifikanten Verbesserung der Therapietreue von Patientinnen und Patienten führt [4].

Gesprächstechniken lernen und üben

Die FMH bietet im Rahmen von PEPra (Prävention mit Evidenz in der Praxis) unterschiedliche Unterrichtsformen zum Erlernen und Üben von Motivational Interviewing an. Alle Unterrichtselemente sind SIWF- und SVA-akkreditiert.

Ihr Zugang zur PEPra Online-Fortbildung Motivational Interviewing:

Theoretische Grundlagen im E-Learning
Online-Anwendungsübung im 1:1-Setting mit standardisierten Patient:innen im SoCoCo™
Als Basis für jedes Modul geeignet
SIWF und SVA akkreditiert
Kosten: 80 CHF
Zeitunabhängig: sofort zugänglich und jederzeit wiederabrufbar
Einerseits wird eine klassische Präsenz-Fortbildung angeboten, die aus einem E-Learning und einem Praxis-Seminar vor Ort besteht. Die Daten für die Praxis-Seminare sind im PEPra Fortbildungskalender (www.pepra.ch/fortbildungskalender) aufgeführt.
Die Vermittlung von Theorie über das E-Learning erlaubt es, im eigenen Tempo und in passenden Zeitfenstern zu arbeiten. Zudem kann sich das Praxis-Seminar mit maximal 15 Teilnehmenden so ganz auf das Üben an konkreten Beispielen konzentrieren. Diese Form des Blended Learning, der Kombination aus Online- und Präsenzphasen, ist effizienter als reine Präsenzveranstaltungen oder ein ausschliessliches E-Learning-Angebot [5].
Nebst der klassischen Präsenz-Fortbildung, bietet die Online-Fortbildung einen zeit- und ortsunabhängigen sowie kürzeren Zugang zu MI an.
Die FMH bietet im Rahmen von PEPra unterschiedliche Unterrichtsformen zum Erlernen von Motivational Interviewing an.

E-Learning

Bereits 2006 konnte eine Studie nachweisen, dass E-Learning in vielen Bereichen der medizinischen Bildung mindestens genauso effektiv ist, wie Wissensvermittlung durch eine Vorlesung [6]. Das PEPra E-Learning kann je nach Vorwissen als Auffrischung oder als erster Einstieg in die Gesprächstechnik genutzt werden. Ebenso wird es als Basis für alle thematischen PEPra-Module empfohlen.
Ziel ist, die Teilnehmenden durch die Reflexion des eigenen Kommunikationsverhaltens zu befähigen, sich in schwierigen Gesprächssituationen sicherer zu fühlen. Gerade das Ansprechen heikler Themen bedarf einer Gesprächsatmosphäre, in der sich die Patientinnen und Patienten eingeladen fühlen, ihre Sichtweise darzulegen [7]. «Wenn Fachpersonen selber unsicher sind, wie sie problematisches Verhalten thematisieren und Verhaltensänderungen unterstützen können, wird es schwierig, in Ruhe und wohlwollend über diese Themen zu sprechen» führt Prof. Langewitz, Autor des E-Learning aus.
Das E-Learning ist so aufgebaut, dass zunächst die Erfahrungen mit Gesprächsführung, die eigene Grundhaltung gegenüber Betroffenen mit problematischem Verhalten sowie die Grenzen der eigenen Möglichkeiten im Fokus stehen. Die Teilnehmenden können beim Arbeiten mit Fallvignetten ihre Antwortpräferenzen daraufhin überprüfen, ob sie dem Motivational Interviewing entsprechen oder eher eine andere Haltung spiegeln. In weiteren Etappen werden Werkzeuge vermittelt, die sich an den klassischen Schritten von Miller und Rollnik [2] orientieren. Abgeschlossen wird das rund zweistündige Modul mit einem kurzen Test, der sich auf klassische Konsultationssituationen bezieht.
Das E-Learning kann als Einzelelement absolviert werden, die Herausforderung von MI liegt jedoch in der Umsetzung und Anwendung im Praxisalltag. Deswegen wird eine Kombination des E-Learning mit einer darauffolgenden Anwendungsübung empfohlen. In der PEPra-Online-Fortbildung findet diese ebenfalls digital im Programm SoCoCo statt, das direkt aus dem E-Learning zugänglich ist.

Anwendungsübung «SoCoCo»

Verschiedene Berichte zeigen auf, dass die Mischung aus Vermittlung der Grundlagen und Rückmeldungen in der Praxis einerseits die Selbstwirksamkeit in Bezug auf Gesprächsführung und andererseits auch die Patientenzufriedenheit erhöhen [8]. Eine Rückmeldung «on the Job» ist im ambulanten Setting der Grundversorgung schwierig zu realisieren, weswegen auf den Einsatz von standarisierten Patientinnen und Patienten (SP) zurückgegriffen wird. Insbesondere im Bereich des Kommunikationstrainings ist die Möglichkeit eines konkreten, strukturierten und zeitnahen Feedback, wie es von einem SP gegeben werden kann, für den Lernerfolg relevant [9]. Das Programm SoCoCo (Social and Communication Competence) wurde von der Universität Basel entwickelt und ermöglicht Teilnehmenden, sich zu einer ihnen passenden Zeit mit einer oder einem SP online zu treffen.
Dabei können die Teilnehmenden online einen Termin mit einem SP buchen. Dieser repräsentiert eine bestimmte Fallvignette, bei der MI-Fähigkeiten sinnvoll einzusetzen sind. Zur Auswahl stehen Herr Maercker – er raucht und hat ein Alkoholproblem, Frau Derbold mit allergischem Asthma und Herr Müller, der trotz Herzinsuffizienz wenig Therapietreue zeigt. Weitere Fallvignetten werden laufend ergänzt. Die Teilnehmenden erhalten relevante Hintergrundinformationen zu diesen Fallvignetten mit dem Einladungsmail zu ihrer Begegnung mit den SP. Zum vereinbarten Termin führen sie mit dem SP eine maximal 15-minütige Konsultation durch, in der sie die im E-Learning (oder in anderen Ausbildungsformen) erlernten MI-Elemente umsetzen. Direkt im Anschluss erhalten sie von den speziell geschulten SP ein strukturiertes Feedback. Die SP kennen die einzelnen Techniken des MI und markieren während des Gesprächs «teachable moments», also Abschnitte im Video, in denen MI-Elemente eingesetzt wurden. Diese Momente werden mit den entsprechenden Abschnitten des Videos unterlegt, können direkt abgespielt werden und bieten die Möglichkeit, Alternativen in der Kommunikation sofort auszuprobieren. Dabei sehen die SP ein grosses Bild vom Lernenden und rechts davon die Liste der zu bewertenden Items.
Erste Rückmeldungen zur Online-Anwendungsübung in SoCoCo sind sehr vielversprechend. Nebst dem Vorteil der kurzen Dauer wird insbesondere die Intimität des 1:1-Setting hervorgehoben [9].
Für alle Unterrichtsformen zu Motivational Interviewing auf PEPra gilt: Sie sind innovativ und evidenzbasiert. Die Online-Fortbildung ist zudem flexibel einsetzbar und dadurch mit dem Praxisalltag gut vereinbar.
1 G. Kremer und M. Schulz, Motivierende Gesprächsführung in der Psychiatrie. Psychiatrie Verlag, Imprint BALANCE buch + medien verlag, 2020.
2 W. R. Miller und S. Rollnick, Motivierende Gesprächsführung: Motivational Interviewing: 3. Auflage des Standardwerks in Deutsch. Lambertus-Verlag, 2015.
3 H. Frost u. a., „Effectiveness of Motivational Interviewing on adult behaviour change in health and social care settings: A systematic review of reviews“, PloS One, Bd. 13, Nr. 10, S. e0204890, 2018, doi: 10.1371/journal.pone.0204890.
4 K. B. Haskard Zolnierek und M. R. DiMatteo, „Physician Communication and Patient Adherence to Treatment: A Meta-analysis“, Med. Care, Bd. 47, Nr. 8, S. 826–834, Aug. 2009, doi: 10.1097/MLR.0b013e31819a5acc.
5 A. Eiben, R. Mazzola, und M. Hasseler, „Digitalisierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung im Bereich Gesundheit und Pflege: Herausforderungen und Chancen unter besonderer Berücksichtigung des Blended Learning Formates“, Z. Hochsch. Weiterbildung ZHWB, S. 31–37, Juli 2018, doi: 10.4119/zhwb-240.
6 J. G. Ruiz, M. J. Mintzer, und R. M. Leipzig, „The impact of E-learning in medical education“, Acad. Med. J. Assoc. Am. Med. Coll., Bd. 81, Nr. 3, S. 207–212, März 2006, doi: 10.1097/00001888-200603000-00002.
7 W. A. Langewitz, „Patientenzentrierte Kommunikation“, 2023 2306, Bd. 23, Nr. 06, S. 888–892, Feb. 2023.
8 A. Scheel-Sailer u. a., „Effect of an interprofessional small-group communication skills training incorporating critical incident approaches in an acute care and rehabilitation clinic specialized for spinal cord injury and disorder“, Front. Rehabil. Sci., Bd. 3, S. 883138, 2022, doi: 10.3389/fresc.2022.883138.
9 W. Langewitz u. a., „Doctor-patient communication during the Corona crisis - web-based interactions and structured feedback from standardized patients at the University of Basel and the LMU Munich“, GMS J. Med. Educ., Bd. 38, Nr. 4, S. Doc81, 2021, doi: 10.3205/zma001477.
10 J.-B. Daeppen u. a., „Training medical students to conduct motivational interviewing: A randomized controlled trial“, Patient Educ. Couns., Bd. 87, Nr. 3, S. 313–318, Juni 2012, doi: 10.1016/j.pec.2011.12.005.