Gegen das Vergessen

Editorial
Ausgabe
2023/13
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21689
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(13):3

Publiziert am 29.03.2023

Demenzerkrankungen sind Alterserkrankungen, schreiben Nils Peters, et al. im ersten ihrer zwei Übersichtsartikel zu Demenz aus neurologischer Perspektive ab Seite 42. Im Jahr 2050 wird gegen ein Drittel der Schweizer Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Die Demenzprävalenz verdoppelt sich im Vergleich zu heute und steigt an auf über 300 ​000 Betroffene. Die häufigste Ätiologie ist die neurodegenerative Alzheimer-Erkrankung. Aber auch neurovaskuläre und weitere Erkrankungen können zu alltagsrelevanten kognitiven Einschränkungen und somit zum Syndrom Demenz führen. Zunehmend werden Biomarker hinzugezogen, um die diagnostische Genauigkeit zu erhöhen.
Magdalena Mühlemann
Leiterin Content Wissenschaft, Fort- und Weiterbildung
magdalena.muehlemann[at]emh.ch
Auf die rasch progrediente Demenz ist das Schlaglicht Neurologie ab Seite 40 gerichtet. Da vergehen oftmals nur Wochen und Monate von den ersten Symptomen bis zum Stadium der Demenz. In der Regel ist eine Prionenerkrankung die Ursache, am häufigsten die sporadische Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Aber auch eine Alzheimer-Erkrankung kann sich sehr rasch fortschreitend zeigen. Andere Ursachen sind etwa vaskuläre Demenzen, bestimmte Infektionskrankheiten oder eine Autoimmunenzephalitis. Ansgar Felbecker, et al. empfehlen, alle diagnostischen Mittel auszuschöpfen, denn die genaue Klärung der Ätiologie erleichtert die optimale Betreuung der Betroffenen.
Noch einen Schritt weiter geht Giovanni Frisoni. Eine internationale Taskforce unter seiner Leitung hat ein praxistaugliches Modell zur Demenzprävention erarbeitet. In Gedächtniszentren der zweiten Generation sollen Gesunde in Zukunft ihr Demenzrisiko bereits vor den ersten Symptomen abklären lassen, um es dann gezielt zu senken. Über eine geeignete Ernährung, körperliche Aktivität, die Kontrolle von kardiovaskulären Risikofaktoren sowie mittels kognitiver Trainings lässt sich ein Alzheimer-Risiko deutlich reduzieren. Lesen Sie das Interview von Julie Zaugg ab Seite 70.
So wie Giovanni Frisoni spezielle Techniken nutzt, um einer Person zu vermitteln, dass sie ein höheres Demenzrisiko hat als der Durchschnitt, so wissen auch Grundversorgende, dass patientenzentrierte Kommunikations- und Beratungsmethoden entscheidend sind, um präventive Aspekte umzusetzen. «Motivational Interviewing» verknüpft klientenzentriertes Zuhören mit spezifischen Interventionen. Das Ziel ist die Klärung und Stärkung der Veränderungsbereitschaft von Personen mit risikoreichen Verhaltensweisen. Die FMH bietet verschiedene Unterrichtsformen zum Erlernen und Üben von «Motivational Interviewing» an. Weitere Details finden Sie ab Seite 26.