2022 – ein turbulentes Jahr für das SIWF

SIWF
Ausgabe
2023/16
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21738
Schweiz Ärzteztg. 2023;(16):24-27

Affiliations
a PD Dr. med., Präsidentin SIWF; b Rechtsanwalt, Geschäftsführer SIWF

Publiziert am 19.04.2023

SIWF-Geschäftsbericht 2022 geht als turbulentes Jahr in die Geschichte des SIWF ein. Die Umstellung der Weiterbildung auf kompetenzbasierte Bildung hat das SIWF massgeblich beschäftigt. Umwälzungen finden bei der Anerkennung der privatrechtlichen Schwerpunkte und Fähigkeitsausweise aus dem Ausland wie bei der Verselbstständigung der privatrechtlichen Schwerpunkte statt. Und in allen Bereichen purzelten die Rekorde.
Die Zeiten sind aussergewöhnlich – für die Welt wie für das SIWF. 2022 geht in jeder Hinsicht als turbulentes Jahr in die Geschichte des SIWF ein: Die Reform der ärztlichen Weiterbildung nahm im Jahr 2022 rasant Fahrt auf und bereits mehr als die Hälfte aller Fachgesellschaften entwickelten zusammen mit den SIWF-Expertinnen und -Experten Entrustable Professional Activities (EPAs). Auch die «Teach the teachers»-Kurse stiessen auf grosses Interesse und wurden laufend ausgebaut. Wiederum stattgefunden hatte 2022 das MedEd-Symposium, das im Zeichen von Fehlerkultur, Patienten-Feedback und EPAs stand.
Die Bereichsleiterinnen und Bereichsleiter (v.l.n.r.): Petra Bucher, Allgemeines Sekretariat; Alexandra Baptista, Diplome; Lukas Wyss, Medizininformatik; Renate Jungo, Weiterbildungsstätten; Barbara Linder, Internationales. Es fehlt: Anne-Sylvie Thiébaud Nori, Recht.
© Tobias Schmid / SIWF

Umwälzungen

Nicht nur die Umstellung der Weiterbildung auf kompetenzbasierte Bildung hat das SIWF massgeblich in Anspruch genommen, sondern auch die Titelordnung hat die SIWF-Organe wesentlich beschäftigt. Vorstand und Plenum haben nach monatelangen und intensiven Diskussionen der Revision der Weiterbildungsordnung (WBO) und damit der Verselbstständigung der Schwerpunkte zugestimmt. Neu unterscheidet die WBO nicht mehr zwischen mono- und interdisziplinären Schwerpunkten, sodass für die ärztlichen Qualifikationen nicht mehr vier, sondern nurmehr drei Gefässe zur Verfügung stehen: Facharzttitel, Schwerpunkte und Fähigkeitsausweise.
Abbildung 1: Diese zehn Themen haben das SIWF 2022 primär beschäftigt.
© SIWF
Die Verselbstständigung der privatrechtlichen Schwerpunkte vereinfacht einerseits die Titelsystematik und das eLogbuch, andererseits sind aber die Fachgesellschaften mit neuen Administrationsaufgaben konfrontiert. Wie bereits heute bei den interdisziplinären Schwerpunkten fallen auch die monodisziplinären Schwerpunkte in die administrative Zuständigkeit der Fach- beziehungsweise Schwerpunktgesellschaften. Hierfür müssen die Programme entsprechend angepasst und die Sekretariate der verantwortlichen Gesellschaften ausgebaut werden. Die Schwerpunkte sind damit formal nicht mehr ein Teil beziehungsweise Anhang des Facharzttitelprogramms, sondern sie sind eigenständige Programme. Mit dieser Vereinfachung und Flexibilisierung der Titelsystematik wird insbesondere auch eine Entlastung des eLogbuchs angestrebt, das sich auf die 45 eidgenössischen Facharzttitel beschränken soll, um die Komplexität herabzusetzen und die Usability zu erhöhen. Der Umbau aller Schwerpunktprogramme wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Bereits verabschiedet wurde das neue Programm «Spezialisierte Traumatologie», das gemeinsam von den Chirurgen und Orthopäden getragen und administriert wird.
Jetzt bedroht ein neuerer Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts das Weiterbildungssystem der WBO: Gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Union sollen nicht nur ausländische Facharzttitel, sondern auch ausländische Subspezialitäten von der Medizinalberufekommission (MEBEKO) anerkannt und damit den Schwerpunkten des SIWF gleichgestellt werden. Lassen sich die hohen Standards der Schwerpunkte in der Schweiz noch beibehalten? Das Bundesgericht als oberste Instanz wird darüber befinden, ob der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Kraft treten und die Freizügigkeit in Europa höher gewichtet wird als die Qualität der Weiterbildung.
Anne-Sylvie Thiébaud Nori, Leiterin des neu geschaffenen Bereichs «Recht».
© Tobias Schmid / SIWF

Visitationen

Visitationen bilden das Hauptinstrument für die Gewährleistung und Verbesserung der Weiterbildungsqualität in den Weiterbildungsstätten. Der auf grosses Interesse gestossene Workshop im Juni 2022 richtete sich einerseits an jüngere Visitatorinnen und Visitatoren, um die konkreten Ziele und die praktische Durchführung der Visitationen sowie die Berichterstattung besprechen zu können, andererseits ergab sich die Gelegenheit, Erfahrungen mit routinierten Visitatorinnen und Visitatoren auszutauschen und Fragen zu erörtern.
Die Geschäftsleitung (v.l.n.r.): Monika Brodmann Maeder, Präsidentin; Giatgen A. Spinas, Weiterbildungsprogramme; Jean Pierre Keller, Weiterbildungsstätten; Christoph Hänggeli, Geschäftsführer. Es fehlt: Raphael Stolz, Fortbildung.
© Tobias Schmid / SIWF
In mehreren sehr engagiert geführten Gruppengesprächen zeigte sich, dass ein solcher Gedankenaustausch einem grossen Bedürfnis entspricht und ein derartiger Anlass sehr geschätzt wird und periodisch wiederholt werden sollte.

Rekorde in allen Bereichen

In allen Bereichen purzelten die Rekorde: Noch nie hat der Bereich Weiterbildungsstätten so viele Visitationen durchgeführt (215). Noch nie haben so viele fortbildungspflichtige Ärztinnen und Ärzte ein gültiges Fortbildungsdiplom auf der Fortbildungsplattform des SIWF erworben (45%). Noch nie sind bei der Einsprachekommission so viele Einsprachen eingegangen (119). Ein absoluter Rekord in der Geschichte des SIWF stellt die Zahl der erteilten Facharzttitel dar: 1928. Damit wurde die bisherige Rekordmarke aus dem Jahr 2015 um fast 200 Titel übertroffen. Und auch der Umsatz des SIWF sprengte sämtliche Rekorde (11 Millionen Franken).
Als administrative Drehscheibe des SIWF hat die Geschäftsstelle des SIWF unter der Leitung von Christoph Hänggeli all diese Mehrleistungen mit einem nur unwesentlich höheren Personalaufwand erbracht (< 5%). Die sechs Bereiche – Allgemeines Sekretariat, Diplome, Weiterbildungsstätten, Medizininformatik, Recht und Internationales – dienen Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise Institutionen und Behörden als zentrale Anlaufstelle in Bezug auf die ärztliche Weiter- und Fortbildung und kümmern sich um die reibungslose Abwicklung aller laufenden Geschäfte.
Das «Allgemeine Sekretariat» administriert die zentralen legislativen Organe des SIWF. Geschäftsleitung und Vorstand revidierten an elf Sitzungen insgesamt 17 Weiterbildungsprogramme (Facharzttitel und Schwerpunkte) sowie 2 Fähigkeitsprogramme und 5 Programme von interdisziplinären Schwerpunkten. Das Merkblatt «Was ist unter strukturierter Weiterbildung zu verstehen?» wurde überarbeitet, und der Vorstand hat die Schaffung des neuen Fähigkeitsausweises «Strahlenschutz in der interventionellen Schmerztherapie (SSIPM)» beschlossen.
Zuständig für die Erteilung der über 80 verschiedenen Facharzttitel und Diplome ist der Bereich «Diplome». Die Mitarbeitenden überprüften unter anderem rund 3000 Titelgesuche und Standortbestimmungen von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung, erstellten dazu Stellungnahmen zuhanden der Titelkommission und verfassten im Anschluss rechtsverbindliche Entscheide zuhanden der Kandidatinnen und Kandidaten. Mit einem Total von 1928 wurde eine rekordhohe Anzahl an Facharzttiteln erteilt.
Abbildung 2: Im Jahr 2002 hat das SIWF 1928 Facharzttitel erteilt – ein Rekord.
© SIWF
Um die Anerkennung der Weiterbildungsstätten (WBS) kümmern sich die Mitarbeitenden des Bereichs «Weiterbildungsstätten». Sie anerkannten im Berichtsjahr 360 neue Weiterbildungsstätten, re-evaluierten beziehungsweise bestätigten 405 Weiterbildungsstätten und strichen 79 Weiterbildungsstätten von der Liste der anerkannten Institutionen.
Der Bereich «Medizininformatik» entwickelt und betreut die Applikationen des SIWF, darunter das eLogbuch und die Fortbildungsplattform. Die technische Überarbeitung der Fortbildungsplattform stand im Zentrum der Arbeiten, damit diese wie bisher als hervorragendes Instrument für den Fortbildungsnachweis genutzt werden kann.
Der Bereich «Recht» ist der jüngste Neuzugang im SIWF-Organigramm, nachdem die Nachfrage nach juristischen Auskünften stetig gewachsen ist und weiter wächst. Im Dienste der anderen Bereiche und der SIWF-Organe, aber auch der Kandidatinnen und Kandidaten in Weiterbildung oder der Fachgesellschaften wird sich der Bereich «Recht» im Laufe der Jahre weiterentwickeln. Der Bereich wird geleitet von Anne-Sylvie Thiébaud Nori.
Der Bereich «Internationales» unterstützt insbesondere den Bereich «Diplome» bezüglich der Beurteilung von Nachweisen über im Ausland absolvierte Weiterbildung. Die Mitarbeitenden beantworteten des Weiteren durchschnittlich 800 Mailanfragen von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland. Sie unterstützten diese unter anderem bei der Anerkennung von Diplomen, informierten sie über das Schweizer Weiterbildungssystem oder stellten solchen mit ausländischem Arztdiplom Bescheinigungen über in der Schweiz absolvierte Weiterbildungsperioden aus.
Lesen Sie mehr dazu im soeben veröffentlichten SIWF-Geschäftsbericht: www.report2022.siwf.ch.