Bern, 05. Mai 2023

Propylenglykol – Anwendungseinschränkung für Becetamol Tropfen

Wichtige Sicherheitsinformationen
Ausgabe
2023/22
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21826
Schweiz Ärzteztg. 2023;104(22):23

Publiziert am 31.05.2023

Swissmedic informiert, dass aufgrund der mit hoher Propylenglykolkonzentration einhergehenden Gesundheitsrisiken das Präparat Becetamol Tropfen nicht länger bei Kindern unter 5 Jahren angewendet werden darf.

Zusammenfassung

Die Propylenglykolkonzentration bei Anwendung von Becetamol Tropfen in der empfohlenen Dosierung übersteigt bei Neugeborenen und Kindern unter 5 Jahren die definierten Schwellenwerte.
Becetamol Tropfen dürfen bei Neugeborenen und Kindern unter 5 Jahren nicht angewendet werden.
Im Rahmen der letzten Revision des Heilmittelrechts per Januar 2019 wurden für Hilfsstoffe neue Deklarationspflichten, namentlich die qualitative Volldeklaration sowie, für bestimmte Hilfsstoffe, neue Schwellenwerte eingeführt (Anhang 3a der Arzneimittel-Zulassungsverordnung, AMZV). Die neuen Vorgaben müssen von den Zulassungsinhaberinnen im Rahmen der Verlängerung der Zulassung innert 5 Jahren, also bis spätestens Ende 2023 umgesetzt resp. angepasste Texte der Arzneimittelinformationen zur Genehmigung bei Swissmedic eingereicht werden.
Propylenglykol gilt, wegen seiner potentiellen Toxizität, als Hilfsstoff von besonderem Interesse und muss bei Überschreitung definierter Schwellenwerte bei Neugeborenen und Kleinkindern neu qualitativ und quantitativ deklariert werden. Ausserdem muss in den Arzneimittelinformationen auf die Toxizität des Hilfsstoffes hingewiesen werden.
Die potenzielle Toxizität von Propylenglykol wird für Kinder, insbesondere für Neugeborene, höher bewertet, da aufgrund der geringeren Aktivität der Alkohol- und Aldehyddehydrogenase bei Kindern unter 5 Jahren die wiederholte Verabreichung oder die Verabreichung in Kombination mit einem anderen Substrat der Alkoholdehydrogenase, wie Ethanol, zu einer Akkumulation von Propylenglykol führen kann. Es können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten.
Becetamol Tropfen (ZL-Nr. 51390) sind seit 1991 zugelassen. Die Propylenglykolkonzentration bei der Anwendung dieser Tropfen in der empfohlenen Tagesdosierung übersteigt die als unbedenklich akzeptierten Schwellenwerte um ein Vielfaches, namentlich bei Neugeborenen und Kleinkindern.
Die Zulassungsinhaberin hat daher auf die weitere Zulassung von Becetamol Tropfen verzichtet (EXP letzte Charge 11/2023, Verzicht auf Zulassung per 4. Januar 2024). Das Arzneimittel ist im Grosshandel seit Februar 2023 nicht mehr erhältlich.
Trotz der Anwendung von Becetamol seit 1991 hat Swissmedic weder in der nationalen noch in der globalen Vigilance-Datenbank der WHO entsprechende Sicherheitssignale detektiert. Abklärungen bei ToxInfo Suisse ergaben ebenfalls keine Sicherheitssignale.
Aufgrund der Überschreitung des Schwellenwertes für Propylenglykol empfiehlt Swissmedic als Vorsichtsmassnahme dennoch, Becetamol Tropfen bei Neugeborenen und Kindern unter 5 Jahren nicht mehr anzuwenden.
Die aktualisierte Arzneimittelinformation (Fach- und Patienteninformation) wird unter www.swissmedicinfo.ch publiziert.
Derzeit sind 379 systemische Humanarzneimittel mit Propylenglykol als Hilfsstoff zugelassen, davon 23 mit Dosierungsempfehlungen für Neugeborene und Kinder unter 5 Jahren. Die Arbeiten zur Umsetzung der Volldeklaration sowie die Evaluation des Risikopotentials dieser Arzneimittel sind noch nicht abgeschlossen. Sollte bei weiteren Arzneimitteln Handlungsbedarf erkannt werden, wird Swissmedic die notwendigen Massnahmen zur Wahrung der Arzneimittelsicherheit durchsetzen und entsprechend informieren.

Meldung unerwünschter Arzneimittelwirkung

Für Meldungen über unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) empfiehlt Swissmedic, das dafür entwickelte Meldeportal zu verwenden. Mit dem sogenannten Electronic Vigilance System (ElViS) können UAW gemeldet werden. Alle erforderlichen Informationen sind zu finden unter www.swissmedic.ch.
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