Kopf der Woche

Einsatz für weniger Opioide

News
Ausgabe
2023/19
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2023.21831
Schweiz Ärzteztg. 2023;(19):11

Publiziert am 10.05.2023

KSB Die Verschreibung von starken Opioiden hat in der Schweiz in den vergangenen zehn Jahren überproportional zugenommen. Das haben Prof. Dr. med. et phil. Maria Wertli, Chefärztin Innere Medizin am Kantonsspital Baden (KSB), und ihr Team in einer neuen Studie festgestellt. Bereits in zwei Vorläufer-Studien konnten sie zeigen, dass es in der Schweiz zwischen 2008 und 2018 zu einem deutlichen Anstieg bei der Verschreibung von starken Opioiden und Metamizol gekommen ist. Nun wollten sie wissen, warum.
Prof. Dr. med. et phil. Maria Wertli
Maria Wertli interessiert sich seit ihrer Rückkehr von einem Forschungsaufenthalt in New York im Jahr 2012 für den Einsatz von Opioiden. «Damals war in den USA die ‘Oxycodon-Epidemie’ ein grosses Thema in den Medien.» Zurück in der Schweiz hörte sie nichts mehr davon. Deshalb fing sie an, selbst zu Opioiden zu forschen.
«In der aktuellen Studie konzentrierten wir uns auf muskuloskettale Verletzungen, bei denen Guidelines den Gebrauch von starken Opioiden nur in ausgewählten Fällen empfehlen.» Grundlage der Analyse bildeten fast zwei Millionen bei der Suva gemeldete Arbeitsunfälle. Das Resultat: Die Verschreibungen stiegen stark an. Und das vor allem in der Deutschschweiz. «Während in der Romandie zum Beispiel Paracetamol häufig mit schwachen Opioiden eingesetzt und Metamizol nicht verwendet wird, werden in der Deutschschweiz Metamizol und starke Opioide deutlich häufiger verschrieben», erklärt Maria Wertli.
Ein möglicher Grund dafür könnten Kampagnen von Pharmaunternehmen sein. Diese hätten zur Schmerzkontrolle jahrelang einen Wechsel von nicht opioidhaltigen Medikamenten auf starke Opioide propagiert. Dabei fände es Maria Wertli sinnvoller, nicht pharmakologische Angebote wie etwa multimodale Schmerztherapien zu fördern. Doch noch würden Versicherungen lieber die Kosten für Medikamente als für eine Physiotherapie übernehmen.
Deshalb setzt sich die Fachärztin für Innere Medizin für die Sensibilisierung der Ärzteschaft ein. Sie hält Vorträge, informiert an Qualitätszirkeln und achtet an ihren beiden Arbeitsorten, dem KSB und dem Inselspital Bern, auf eine umsichtige Verschreibungspraxis.