Vergiftungen in der Schweiz 2017

Briefe / Mitteilungen
Ausgabe
2018/37
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2018.17105
Schweiz Ärzteztg. 2018;99(37):1224

Publiziert am 12.09.2018

Tox Info Suisse

Vergiftungen in der Schweiz 2017

Tox Info Suisse, die schweizerische Notfall­auskunftsstelle für Vergiftungen unter Tel. 145, veröffentlicht ihren Jahresbericht 2017. Darin publiziert sind die bereinigte Vergiftungsstatistik und Angaben zum Schweregrad der Intoxikationen. 2017 wurden 40 310 Beratungen durchgeführt, über 37 200 Beratungen zu Giftkontakten und 3100 prophylaktischer Natur. Über 18 000 Giftkontakte betrafen Kinder, meist im Vorschulalter. 70% aller Vergiftungen geschehen mit Medikamenten, Haushaltprodukten oder Pflanzen.
Vier der sieben Todesfälle gehen auf das Konto der Medikamentenvergiftungen, zwei waren durch Chemikalien und einer durch Drogen bedingt. Von den schweren Fällen sind 66% durch Medikamente und 15% durch Genussmittel und Drogen verursacht.
56,0% der Expositionen betrafen Kinder, mehrheitlich im Vorschulalter (81,6% aller Expositionen bei unter 16-Jährigen traten bei Kindern <5 Jahren auf). Bei der Geschlechtsverteilung war bei den Kindern ein leichtes Überwiegen der Knaben (50,8% vs. 47,9% Mädchen) und bei den Erwachsenen der Frauen (57,9% vs. 41,5% Männer) zu sehen. 89% der knapp 27 000 unbeabsichtigten (akzidentellen) Vergiftungen ereigneten sich im häuslichen Milieu, bei den gut 4800 beabsichtigten Intoxikationen trat die grösste Anzahl (66%) im Rahmen von Suizidversuchen auf.
Der grösste Anteil an schweren Intoxikationen (234 Erwachsene, 12 Kinder oder Jugendliche) fand sich bei Vergiftungen mit Drogen und mit Medikamenten (Tabelle).

Aktuelles Thema: Chemikaliensicherheit

Die Sicherheit im Umgang mit Chemikalien beruht zum einen auf der Prävention, zum anderen auf der angemessenen Behandlung, wenn es denn trotz Prävention zu Vergiftungsereignissen kommt.
Zur Prävention gehört vor allem die behördliche Regulierung der Chemikalien, die den Gebrauch gefährlicher Stoffe und Produkte einschränkt, und Fachleute und Laien über die Gefahren solcher Produkte aufklärt. Kinder sind besonders häufig von Vergiftungen mit Chemikalien betroffen (in der Beratung von Tox Info Suisse im Jahr 2017 fanden sich 5847 Fälle mit Haushaltchemikalien bei Kindern unter 16 Jahren). Daher lancierte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2018 das Kinderbuch «Richtig giftig», welches von Lorenz Pauli und Claudia de Weck realisiert wurde und im Atlantis-Verlag erschienen ist. In einer spannenden Geschichte werden Kinder für die Gefahren sensibilisiert, die von Chemikalien ausgehen können.
Neben der Aufklärung zu Vergiftungsgefahren berät Tox Info Suisse Laien und Fachpersonen bei Vergiftungen. Wichtige Informationen, die dabei abgegeben werden, betreffen die Abschätzung der Gefährlichkeit und die korrekten Massnahmen. Nicht immer ist ein Arztbesuch oder das Aufsuchen einer Notfallstation notwendig, manchmal aber lebensrettend. Daher ist bei jeder Vergiftung der Griff zum Telefon und der Anruf bei der Nummer 145 der richtige Schritt. Für Tox Info Suisse entscheidend bei der Beratung sind die Identifikation des Giftes und die Kenntnis der Produktezusammensetzung. Letztere erfragt Tox Info Suisse beim Produkteregister des BAG (RPC). Daher ist es wichtig, dass die Liefe­ranten chemischer Produkte den Eintrag im Produkteregister korrekt vornehmen und aktuell halten. Zwei neue Videoclips, entstanden aus einer Zusammenarbeit der Kantonalen Laboratorien, der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), des BAG, scienceindustries und Tox Info Suisse, zeigt auf, weshalb der Eintrag im Produkteregister so wichtig ist.
Die Beratungen zu Vergiftungsunfällen mit Chemikalien (Haushaltchemikalien, technische und gewerbliche Chemikalien, Chemikalien in Landwirtschaft und Gartenbau) nahmen in den letzten zwölf Jahren um 39% von 8372 auf 11620 pro Jahr zu. Dies wird nur von den Vergiftungen mit Medikamenten übertroffen (+64%). Bei den Haushaltchemikalien sind vor allem die ätzenden Putzmittel (Backofen-, Grill-, Chemineeglas- und Abflussreiniger) ein Problem, gerade für Kinder, weil schon geringe Mengen schwere Schäden verursachen können.
Weitere Informationen und Auskunft: 
Dr. med. Hugo Kupferschmidt, Direktor 
Tox Info Suisse 
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