Auf den Punkt

«Eine Strommangellage stellt ein Risiko für das Gesundheitswesen dar»

News
Ausgabe
2022/38
DOI:
https://doi.org/10.4414/saez.2022.21076
Schweiz Ärzteztg. 2022;103(38):8-9

Publiziert am 20.09.2022

VersorgungsengpässeDer Strom wird in diesem Herbst und Winter voraussichtlich knapp. Um die Versorgung im schlimmsten Fall aufrecht zu erhalten, müsste der Strom zeitweise abgeschaltet werden. Dies betrifft auch Spitäler und Arztpraxen. Stefan Trachsel, Geschäftsführer des Koordinierten Sanitätsdiensts des Bundes erklärt, womit Ärztinnen und Ärzte rechnen müssen.
Während Spitäler eigene Notstromgeneratoren haben, sind Arztpraxen von der normalen Stromversorgung abhängig.
© Aleksey Satyrenko / Dreamstime
Stefan Trachsel, für den Herbst besteht das Risiko einer Strommangellage. Viele grosse Firmen bereiten sich schon darauf vor. Wie sehen diese Vorbereitungen in den Schweizer Spitälern aus?
Eine Strommangellage oder ein mehrere Tage dauernder Stromausfall würden für das Gesundheitswesen tatsächlich ein Risiko darstellen. Die Spitäler sind sich ihrer Abhängigkeit vom Netzstrom vollkommen bewusst. Daher stehen ihnen Notstromgeneratoren zur Verfügung, mit denen auch Stromunterbrüche von mehreren Tagen überbrückt werden können. Die Funktionsfähigkeit und natürlich auch die sofortige Einsatzbereitschaft dieser Notstromgeneratoren werden im Moment mit erhöhter Aufmerksamkeit kontrolliert.
Zudem wird eine Erhöhung der Versorgungsautonomie betreffend der Lagerkapazitäten von Arzneimitteln und medizinischem Material geprüft und vorbereitet.
Wie funktioniert die Versorgung über Notstromgeneratoren?
Bei der Notstromversorgung sind Treibstoffe für die Aggregate natürlich essenziell, weshalb auch hier entsprechende Reserven angelegt werden.
Daneben wurden und werden Anstrengungen unternommen, um intelligente Stromnetze, sogenannte «Smart-Grids» für Spitäler nutzbar zu machen. Und wie für die Allgemeinbevölkerung gelten auch in Spitälern Verhaltensanweisungen, die dazu dienen, Strom zu sparen.
Haben die Spitäler die technischen Voraussetzungen dafür, einige Stunden oder gar Tage ohne Strom aus dem Netz zu funktionieren, falls es zu periodischen Netzabschaltungen kommen sollte?
Die technischen Voraussetzungen dafür sind auf jeden Fall gegeben. Es ist jedoch naheliegend, dass ein Spital während einer länger andauernden Versorgung mit Notstrom nicht alle Aufgaben wie gewohnt erfüllen kann. Zum Beispiel erfolgen nur solche Eingriffe, die nicht aufgeschoben werden können.
Wo sehen Sie Probleme, auch wenn der essenzielle Betrieb weiterhin über eine Notstromversorgung unterstützt werden kann?
Trotz guter Notstromversorgung könnten wohl nur die allerwichtigsten Prozesse aufrechterhalten werden. Dies kann unter Umständen mittelfristig zu Lücken in der Erbringung spitalmedizinischer Leistungen führen.
Muss die Ärzteschaft mit Einschränkungen für einen geregelten Betrieb rechnen?
Das ist sehr komplex und lässt sich so vereinfacht nicht beantworten. Es ist jedoch naheliegend, dass sämtliche Leistungserbringer von Einschränkungen betroffen sein könnten.
Können Arztpraxen in einer Strommangellage bevorzugt behandelt werden, sodass ein geregelter Betrieb weiterlaufen kann?
Aus technischer Sicht gestaltet sich eine bevorzugte Behandlung äusserst anspruchsvoll. Grund dafür ist die Netzwerktopologie. Diese macht es schwierig, einzelne Häuser oder sogar Wohnungen bevorzugt zu behandeln. Allerdings sind Arztpraxen in der Regel nicht 24 Stunden in Betrieb. Da müssten die Arztpraxen und auch die Patienten flexibel reagieren und ihren Betrieb an die Gegebenheiten und Stromabschaltungspläne anpassen.
Gibt es Empfehlungen, wie sich Arztpraxen auf eine solche Situation einstellen können?
Ja, der Betrieb sollte aufrechterhalten werden und wie gewohnt funktionieren. Durch Informationen von Bundes- und Kantonsbehörden werden allfällig geplante Abschaltungen rechtzeitig kommuniziert, sodass die Bevölkerung darauf reagieren kann. Mit überraschenden und ungeplanten Abschaltungen ist eher nicht zu rechnen.
Stefan Trachsel
Geschäftsführer Koordinierter Sanitätsdienst des Bundes (KSD)